Müller-Zürich: Chamber Music for Strings

Albumbeschreibung

Diese Musik ist eine Insel. Sie könnte von der „fairest isle“ stammen, so unberührt haben die wilden Zeitläufte und ästhetischen Umbrüche des 20. Jahrhunderts sie gelassen. Tatsächlich hat sie aber ein Schweizer komponiert: Paul Müller-Zürich (1898-1993) unterrichtete ab 1927 gut vier Jahrzehnte lang Theorie, Komposition und Dirigieren am Zürcher Konservatorium. Seine Musik mag aufgrund ihres nachromantischen Grundgestus und ihrer nur behutsam erweiterten Tonalität zu ihrer Entstehungszeit reaktionär gewirkt haben – ein Vorwurf, der sich freilich in Zeiten jenseits der Avantgarde verflüchtigt.
Das Schweizer casalQuartett stellt die Stücke von 1919, 1921 und 1950 hier in Ersteinspielungen vor: als handwerklich versiert gearbeitete, von Brahms, aber auch vom Klangfarbsinn der französischen Spätromantiker und Impressionisten beeinflusste Werke, die etwas Nobles und oft Detailversessenes haben. Müller-Zürichs Musik kann witzig sein (wie im zweiten Satz des Quartetts, wo sich kleine Gesten wie Widerhaken ins lang Ausgesungene bohren), er kann derbe Volkstänze herbeizitieren (wie hier im vierten Satz). Das Gravitationszentrum der Musik indes bleibt eine leise Melancholie – was auch damit zu tun hat, dass die Werke des studierten Bratschers Müller-Zürich durchweg aus der klanglichen Mitte heraus aufgebaut sind.
Wie sensibel das casalQuartett sich an die Klangwelt seines Landsmanns heranzutasten vermag, hört man besonders gut im Eingangssatz des Trios, einem singenden Schreiten über Pizzicato-Tönen. Und am Ende des Quartett-Adagios: Hier könnte die im Pianissimo vergehende Musik ins Sentimentale abgleiten – tut sie aber nicht; stattdessen erklingt die Utopie einer ungestörten Schönheit.

© Benda-Hoffmann, Susanne / www.fonoforum.de