A Lily For The Spectre

Albumbeschreibung

Worin liegt das Geheimnis von Stephanie Dosens Stimme? Sie ist hoch, einfühlsam und warm, dennoch geht von ihr eine fröstelnde Kühle aus. Romantisch, aber nicht schmalzig, sehnsüchtig und gleichzeitig unendlich melancholisch. Als ob sie einen einzigen Wunsch habe, von dem sie weiß, dass er nie in Erfüllung gehen wird. Nach ihrem minimalistischen und selbst produzierten Debüt "Ghosts, Mice And Vagabonds" (2002) setzt die nur scheinbar verletzliche Frau aus Wisconsin nun auf Streicher, Echo und selbst gesungene Harmonien, wobei sie sich selbst mit einer Akustikgitarre begleitet. Das Ergebnis ist eine intensive Atmosphäre, die stellenweise an Fiona Apple oder Ani DiFranco erinnert, aber gleichzeitig süßer und düsterer wirkt. "When I was young I had a dark heart inside of me" singt Dosen zu Beginn von "Vinalhaven Harbor" – und man glaubt ihr sofort. Dass sie einen guten Sinn für Melodien hat, zeigt sie in den ersten zwei Stücken. Die Produktion übernahm Simon Raymonde, einst Bassist der Cocteau Twins, der sie auf MySpace entdeckte und bei seinem Label Bella Union aufnahm. Ihm ist es wohl zu verdanken, dass das Album auch einen gewissen Pop-Appeal besitzt. Die Melodieführung von "Only Getting Better" lässt Alanis Morissette in den Sinn kommen, "Death & The Maiden" könnte aus Fiona Apples erstem Album stammen, wären da nicht Streicher und eine E-Gitarre im Hintergrund. Die besten Momente sind jedoch jene, in denen Dosen auf ihre Stimme und einfach gezupfte Akustikgitarre vertraut, etwa in "Like A Dream" oder "By And By". Ergreifend fällt auch "Lakes Of Canada" aus, mit Klavierbegleitung und einer Männerstimme im Hintergrund. "Eine Lilie für ein Geist" lautet der Titel eines Albums, das in der Tat etwas Gespenstisches vermittelt. Aber nichts Bedrohliches. Dosens Jenseits ist kein Ort des Schreckens, sondern einer des Friedens mit sich selbst. Ihn zu erreichen ist wohl unmöglich, aber ihre wunderbare Stimme weist zumindest den Weg.
© Laut