Duffy
1984 geboren im Norden von Wales, in der ländlichen Region Nefyn, wächst Aimee Anne Duffy völlig abgeschieden von den musikalischen Neuheiten und Grausamkeiten der neunziger Jahre auf und sieht sich stattdessen Video-Mitschnitte ihres Vaters der 60er-Jahre Musikshow "Ready, Steady, Go!" an – bis die Kassette in ihre Einzelteile zerfällt. Die Beatles, die Stones, die Walker Brothers werden zu ihrer musikalische Gegenwart – "sexy und aufregend", wie sie sagt. Rod Stewart zählt ebenfalls zu ihren frühen Musikgefährten – allerdings nur in einer kurzen Episode: Sie erwischt Mutter und Stiefvater beim romantischen Küchentänzchen zu des Herrn Musik.
In diesem archaischen Mikrokosmos lernt sie nicht, so erzählt der spätere Produzent ihres Debüts "Rockferry", Bernard Butler (Suede), was hip oder nicht ist, sondern stets nur, was ihr persönlich gefällt. Mit sechs will sie Sängerin werden und schreibt mit zehn ihre ersten Songs.
Erst in der Schule lernt sie schließlich Englisch – eine Sprache, mit der sie immer noch nicht wirklich warm geworden ist. Getrieben von der Sanges-Sehnsucht meldet sie sich zur walisischen Casting-Sendung "Wawffactor" an. Ein Schritt, der ihr heute noch peinlich ist. "Ich war noch so jung und dumm", sagt sie in einem Interview (jetzt.de). Obwohl sie Runde um Runde absolviert, findet sie das Pop-Szenario "beängstigend. Das Ganze dauerte sechs Monate. Und danach hab ich mir die Frage gestellt, was ich wirklich will. Kurz darauf traf ich Jeanette."
Bei Jeanette handelt es sich um Jeanette Lee von Rough Trade, seit 2004 Duffys Mentorin und Managerin. Sie hilft ihr, wieder zu der Musik zu finden, die ursprünglich die ihre war: Gesang zwischen Hauchen und Jammern, große Melodien vor leichtem jazzigen Hintergrund, alles im großen Rahmen des musikalischen Geistes der 60er Jahre. Zusammen arbeiten sie mehrere Jahre an "Rockferry".
Auch bereits erwähnter Butler greift dem Jungtalent unter die Schreibfeder. Dazu reist Duffy aber erst einmal an. "Sie musste zwei Busse nehmen, dann zwei Züge, und die Reise hat einen ganzen Tag beansprucht." Auf dem Rückweg spielt sie das Ergebnis zwei älteren Damen vor. Bald sollen jedoch nicht nur ahnungslose Mitreisende mit "Rockferry" behelligt werden, sondern die gesamte Musikszene. Im November 2007 wird der Titelsong als limitierte Single ausgekoppelt und die britische Hype-Maschine springt an. Jo Whiley von BBC Radio macht den Song zur Single der Woche.
"Mercy", erste offizielle Auskopplung, wird bereits nach kurzer Zeit von One Republic gecovert und rückt Duffy postwendend in die Nähe großer Namen, die da wären: Aretha Franklin(Stimmfarbe), Dusty Springfield (Melodie und Instrumentierung), Amy Winehouse(60er-Reminiszenz). Wie alle ernstzunehmenden Sprösslinge des Business' gibt Duffy darauf nichts. Weil sie nie cool war, muss sie nicht trendy sein. Womöglich wird sich das auszahlen. "Ziemlich zäh" (jetzt.de) sei sie schon immer gewesen, sagt sie von sich selbst – auch eine gute ländliche Tugend.
Auch ihr zweites Album "Endlessly", das 2010 erscheint, avanciert zum Chart-Erfolg und macht sie zu einer der wohlhabendsten Britischen Künstlerinnen. 2011 kündigt Duffy an, eine zweijährige Auszeit zu nehmen, ehe sie sich an die Arbeiten zu ihrem dritten Album macht. Streitigkeiten mit ihrer Ex-Managerin folgen, außerdem sagt sie 2011 und 2012 zwei geplante Auftritte in Monaco und Dubai ohne Begründung ab. Erst 2013 steht sie bei einer Tribute-Veranstaltung für Edith Piaf wieder auf der Bühne. 2015 spielt sie im Thriller "Legend" die Rolle der Sängerin Timi Yuro. Für den Soundtrack steuert sie drei Songs bei.
Im Februar 2020 geht Duffy schließlich mit einer furchtbaren Nachricht an die Öffentlichkeit. Sie schildert in einem Instagram-Post, dass sie betäubt, vergewaltigt und über mehrere Tage gefangen gehalten wurde.
© Laut
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