Anna Calvi
Das nennt man wohl musikalische Früherziehung. Schon in ihrer Kindheit hört Anna Calvi auf das sanfte Drängen ihres italienischen Vaters die Musik der Rolling Stones, des 2010 verstorbenen Rock-Weirdos Captain Beefheart oder von Maria Callas. Sie spielt Geige, interessiert sich für französische Komponisten wie Ravel und Debussy und lernt schließlich mit 13 Jahren das Gitarrespielen mit Hendrix und Django Reinhardt als virtuosen Vorbildern.
Mit 17 Jahren entscheidet sie sich im letzten Moment gegen ein Kunststudium in London und studiert dort lieber Musik, obwohl sie insbesondere ihrer Stimme zunächst wenig zutraut. Mut flößt sich Calvi durch das Hören von ausdrucksstarker Flamenco- und Blues-Musik ein, durch unermüdliches Training bildet sie langsam eine dunkle, kräftige Singstimme aus.
Aufgrund der Kombination aus spröden Akkorden, dramatischen, morbiden Rockismen, poetischen Lyrics und ihrer Stimme vergleicht man Calvi nach ersten Konzerten schnell mit PJ Harvey. Zu Recht. Erste Veröffentlichung ist dagegen eine Coverversion von Wayne Shanklins "Jezebel", weltberühmt geworden durch die französische Chansonnière Edith Piaf.
"If ever a devil was born without a pair of horns it was you, Jezebel, it was you" - scheinbar genau der richtige Song für Calvi. "Ich liebe Edith Piaf. Wie viel Emotionen und Mut sie in ihren Gesang gesteckt hat, ist einmalig. So sollte auch meine Musik klingen, so offenherzig und leidenschaftlich wie möglich. Dafür schien mir Jezebel genau der richtige Song zu sein", so Calvi.
Noch ohne ein Album in petto stehen alsbald die Musiker bei ihr Schlange, um ihre Karriere tatkräftig zu unterstützen. Den Anfang macht Folk-Talent Johnny Flynn, der sie mit sich auf Tour nimmt. Nach einem Gig in Manchester wird Calvi von einem Ex-Mitglied von The Coral an das geschmackssichere Rock-Label Domino vermittelt. Später wird der große Sounddesigner Brian Eno, der Calvi für die größte musikalische Sensation seit Patti Smith hält, ihr Mentor.
Nick Cave verpflichtet die wesensverwandte Musikerin als Support für seine Tour mit Grinderman. Kein Wunder, dass Anna Calvi in der recht geschmackssicheren "Sound of 2011"-Liste der BBC auftaucht, die zuletzt Talente wie Adele und Ellie Goulding nach oben gespült hat. Denn ihr Debütalbum, das im Januar 2011 erscheint, strotzt nur so vor selbstbewussten Gitarrenläufen und Momenten dunkelster Pop-Romantik.
"The Devil Will Come", faucht Calvi in einem Song und schiebt ganz sanft Feedbacklärm hinterher. Spätestens hier hat es sich gelohnt, dass ihr der Vater wohl einst "Sympathy For The Devil" vorgespielt hat.
© Laut
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