Poetic Power

Albumbeschreibung

Als Metapher schwebte dem Bassisten Claude Tchamitchian für sein neues Trio eine lange Wanderung vor. Mit der ganzen Vielfalt an Klängen, die drei Wanderer auf ihrem Weg begleiten: Wind, Wasser, Vogelrufen, Blätterrauschen etc. Tom Rainey lässt am Schlagzeug zum Auftakt ein Hagelgewitter niederprasseln, plastisch eingefangen von den alten Röhrenmikrofonen des Tonmeisters Gérard de Haro. Ein raffiniertes Bassriff animiert Christophe Monniot sodann, sein Sopranino querfeldein mäandern zu lassen. In La Buissonne in Pernes-les-Fontaines/F entstehen seit etwa 15 Jahren „live in the studio“ alle Tchamitchian-Alben für das eigene Plattenlabel émouvance. Der Bandleader am wuchtig gespielten Kontrabass hat mit eigenen Ensembles viel Erfahrung, vom Quintett bis zum Tentett „Le Grand Lousadzak“; zudem tourt er ständig als Solokünstler und ist seit fast 20 Jahren im Andy Emler MegaOctet aktiv. Für das erste Album seines neuen Trios hat er Stücke mit bewusst reduziertem Notenanteil und desto mehr Raum für die kollektive triangulare Improvisation geschaffen. Claudes Eltern waren beide Pianisten, sein armenischer Vater war sogar ein Schüler Alfred Cortots. Doch der 1960 in Paris geborene Sohn Claude verzichtet hier aufs Klavier. So ergibt sich ähnlich wie beim Ornette Coleman Trio (Hörtipp: „At The Golden Circle“) durch den Wegfall des Harmonieinstruments eine besondere Transparenz. Zarte Bass-Flageo- letts hauchen durch „Shadows Breath“, stets atmet und inspiriert dieser Chamber-Jazz, alle drei sind sehr fokussiert auf die Aktion. Monniots lockrufartige Balkan-Anspielungen und sein Spiel mit der Elektronik sorgen für dramatische Momente inmitten dieses poetischen Flanierens.
© Lippegaus, Karl / www.fonoforum.de