Mercedes Sosa
"Wer sich für ein Leben als Musiker oder Sänger entscheidet, mit all seinen Implikationen, entscheidet sich für ein Leben als Künstler. Man ist Hoffnungsträger oder Protestler, Feind oder persona non grata - je nach Perspektive."
So spricht Mercedes Sosa in einem Interview mit der Berliner Tageszeitung. Die Frau, die als "Stimme Lateinamerikas" nicht nur in die Musikgeschichte eingeht, erlebt alle diese verschiedenen Blickwinkel am eigenen Leib.
Geboren am 9. Juli 1935 in San Miguel De Tucamán entdeckt Haydée Mercedes Sosa schon früh den Reiz der Folklore ihrer argentinischen Heimat. Sie interessiert sich für Volkstänze und traditionelles Liedgut, das sie bald selbst zu interpretieren beginnt.
Mit 15 gewinnt sie unter dem Pseudonym Gladys Osorio den Talentwettbewerb eines Lokalradiosenders. Der Hauptpreis, ein zweimonatiger Künstlervertrag, erweist sich als Sprungbrett für eine internationale Karriere.
Enthält ihr Debütalbum von 1962, "La Voz De La Zafra", noch rein argentinische Stücke, erweitert Mercedes Sosa ihr Repertoire später um Material aus ganz Südamerika. Ihren Durchbruch markiert 1965 ein Auftritt auf dem Festival Nacional De Folklore De Cosquín. 1967 tritt sie bereits in allen Teilen der Welt auf.
Zusammen mit ihrem Ehemann Manuel Oscar Matus und anderen Kollegen gilt Mercedes Sosa als eine Mitbegründerin der Nueva Cancion. Die Vertreter der Fraktion der "neuen Liedermacher" sehen sich nicht nur als Wahrer der Tradition, sondern auch als politische Botschafter.
Obwohl Mercedes Sosa weithin als Singer/Songwriterin angesehen wird, berühmt wird sie mit der Interpretation und Adaptation von Werken Anderer. Sie verpackt ihre politischen Überzeugungen subtil in ihre poetischen Lieder. Sie wenden sich gegen Krieg, Unterdrückung und die Diktatur.
Ihre offene Sympathie für linksgerichtete Bewegungen macht es für Mercedes Sosa zunehmend schwer. Im Gegensatz zu zahlreichen Gesinnungsgenossinnen und -genossen bleibt sie jedoch auch nach dem Putsch von 1976 im Land, obwohl sie unter starkem Druck seitens der Militärdiktatur zu leiden hat.
Ende der 70er Jahre wird Mercedes Sosa bei einem Konzert noch auf der Bühne verhaftet. Einen Großteil des Publikums ereilt das gleiche Schicksal. Erst jetzt entschließt sich die Sängerin für den Weg ins Exil. Über die Zwischenstation Paris landet sie in Madrid.
Auch hier bleibt Mercedes Sosa aktiv. Sie organisiert unter anderem Konzerte diverser Kollegen. Die Rückkehr in ihre Heimat feiert sie 1982 nach dem Ende der Diktatur mit einem Konzert in Buenos Aires, das noch Jahrzehnte später als starkes Symbol für die politische Erneuerung Argentiniens gewertet wird.
Mercedes Sosa bleibt die Stimme der Oppositionellen und der unzähligen verschwundenen Dissidenten. Sie arbeitet mit lateinamerikanischen Künstlern ebenso zusammen wie mit Musikern aus den USA und Europa, darunter Folk-Ikone Joan Baez und Liedermacher Konstantin Wecker. "They Dance Alone", Stings Hymne an die Mütter der Verschwundenen, verpasst sie ein neues Gewand.
Auch eine schwere Krankheit bringt die mächtige Altstimme nicht zum Verstummen. In den 90ern feiert Mercedes Sosa ein triumphales Comeback und erfährt nun endlich auch von offizieller Seite Würdigung: 1996 wird die Frau, die ihre Fans "La Negra" nennen und die von den Indigenas als "pacha mama", als "Erdmutter" gefeiert wird, zur "Persönlichkeit von nationaler Bedeutung" erhoben.
Zeitlebens bleibt die Musikerin Mercedes Sosa eine Aktivistin, tritt für Frauen- und Menschenrechte ein und ist ab 2008 als Botschafterin für Lateinamerika und die Karibik im Auftrag von UNICEF unterwegs.
Im September 2009 wird sie mit Leberproblemen in ein Krankenhaus in Boenos Aires eingeliefert. Dort stirbt sie wenige Tage später am 4. Oktober an Herz-Lungen-Komplikationen. Mercedes Sosa wurde 74 Jahre alt.
Ungewollt gerät damit das Album "Cantora" zu ihrem Abschiedswerk. Zur deutschen Albumveröffentlichung am 30. Oktober 2009, blickt "Cantora" mit 100.000 verkauften Einheiten bereits auf einen Platinstatus in Argentinien zurück. Mit am Erfolg beteiligt: die zahlreichen Duett-Gäste, unter ihnen Shakira, Daniela Mercury, Caetano Veloso, Leon Gieco und Joan Manuel Serrat.
© Laut
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