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Yassin|Le temps d'un hiver

Le temps d'un hiver

Yassin

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"Wenn ich das hier verkacke, lässt‘s mich nie wieder los". Ganz der alte Yassin. Fick den Mainstream, fick die Resonanz, alles nur für die, die den Shit fühlen, und wenn nicht, ist es uns auch egal ... ne, Moment. Wer spricht dort? Die Releases von Audio88 und Yassin waren bis dato Ansichten aus dem halbleeren Bierglas, zynische Abrechnungen mit der Welt, Hip Hop und Deutschland. Klar, eigentlich sind das alles immer Lieder "Über Liebe" gewesen, wie es in einem ihrer besten Songs heißt. Auf die Art und Weise, wie die beiden zynisch sein kann ja nur, wer den Zynismus braucht, weil einem die Welt eben nicht egal ist, man die objektive Beschissenheit der Dinge aber irgendwie ertragen muss. Die ätzende Qualität ihrer Parts, gespeist aus echter Sorge um den Hip Hop, den sie lieben, und das Land, in dem sie leben, hat ihre Musik zu dem gemacht, was sie ist. Nur, ganz so beschissen stehen die Dinge für die beiden, zumindest persönlich, gar nicht mehr. Als Kneipenpropheten jahrelang im tiefen Untergrund unterwegs gewesen, brachte ihnen "Normaler Samt" allgemein anerkennendes Kopfnicken und "Halleluja" einhellige Begeisterung ein. Die Tour zu Letzterem geriet zum Triumphzug. Wer sie zu der Zeit live erlebt hat, den haben sie unweigerlich restlos begeistert. Da standen zwei auf der Bühne, bei denen man das Gefühl hatte, dass sie alles erreicht haben, was es überhaupt zu erreichen gibt: Vor 800 Leuten mit dem besten Freund zusammen Musik machen und dafür gefeiert werden. Von der Musik leben können. Es ist wichtig, die Vorgeschichte zu diesem Album zu erwähnen, denn ohne die versteht man es nicht voll und ganz. "Fünf Jahre Endorphine machten mich zum Hippie", bekräftigt Yassin ganz am Ende von "Ypsilon". Es hat sich bis dahin aber auch ein Eindruck verfestigt, den man schon jahrelang hatte, nämlich der, dass er dann doch etwas anders tickt als sein Bruder im Geiste Audio88. Was eigentlich noch untertrieben ist, denn Audios letztes Solorelease war "Sternzeichen Hass", und "Ypsilon" ist – ein Popalbum. Wo Deutschraps Thomas Bernhard den springenden Punkt ihres bisherigen Schaffens solo noch einmal mehr zugespitzt (oder auch: verengt) hat, verlässt Yassin diesen gen Themen und Sounds, die den seines erhabenen Geschmacks sicheren Audio88 & Yassin-Hörers im ersten Moment doch sehr vor den Kopf stoßen, wie man in den Youtube-Kommentaren zu "Haare Grau" und "Abendland" nachlesen kann. Einzig "1985", womöglich ausgekoppelt, damit die Fanbase nicht schon im Vorfeld komplett am Rad dreht, erinnert mit seinem spektakulär unspektakulären Oldschool-Beat noch entfernt an Bisheriges. Doch auch dieser Track ist, wie fast alle auf dem Album, mit einem Break ausgestattet, den man so nicht kommen gesehen hat, wo dann auch das Eingangs erwähnte Zitat fällt. In diesem wird deutlich, dass Yassin weiß, was er hier riskiert. Der Rest des Albums klingt nämlich so, wie es sich der Fan vermutlich spontan nicht gewünscht hätte: Elektronisch, melodisch, mitunter trappig, ohne jede Scheu vor Gesang, gar vorm Backpacker-Gottseibeiuns, dem Autotune höchstselbst. In einem gewissen Sinne ist "Ypsilon" sehr wohl ein klassisches Album "Für die Fans", denn es gibt ihnen zwar überhaupt nichts von dem, was sie wollen, das dafür aber ganz bewusst. Doch auch unabhängig vom bisherigen Schaffen traut sich "Ypsilon" Dinge, die sich andere Künstler aus dem Bereich Rap auf Deutsch nicht unbedingt trauen. Das wabernde, zugleich herrlich knackig-klar produzierte "Intro" leitet über in "Haare Grau", das beim ersten Mal hören überrascht, beim zweiten auf angenehme weise, bis man nach dem dritten Mal begeistert ist. Dass sich Farhot auf solche maximal druckvollen, trappigen Beats versteht, wie fast kein zweiter in Deutschland, wusste man schon vorher, doch so warm und hell hat man ihn vorher noch nicht gehört. Yassin rappt darauf puristischen Trapflow, trifft dessen textliche Ästhetik auf den Punkt ("... und fand alles um mich rum/ mein Blut/ meine Jungs"), und leistet dann in der Bridge doch noch mehr, als die meisten, die sich hierzulande daran versuchen. "Ich hoff Opa wäre stolz auf mich/ vielleicht weil er mein Vorbild ist". Das kann man natürlich lyrisch platt nennen, oder einfach nur 'Hose runter'-mäßig ehrlich und direkt, was wiederum zwei Qualitäten sind, die auch der missgünstigste Altfan diesem Album nicht absprechen kann. Tatsächlich führt das eröffnende Doppel auf die falsche Fährte, denn auf "Ypsilon" wird nicht sonderlich viel geflext, dafür eine ganze Menge gefühlt. Weniger macht Yassin hier also einen auf deutscher Young Thug, als viel mehr einen auf Max Giesinger in gut. Anders ausgedrückt, erinnern wir uns kurz, wie Yo Mama seinerzeit schrieb "Ach, handelte es sich bei "Halleluja" nur um "normale Musik"! Rap-Deutschland wäre ein paradiesischer Ort." Übertragen auf "Ypsilon" heißt das: Wäre der Schema-F Deutschpop-Beziehungssong nicht so, wie er ist, sondern wie "Meteoriten" oder "Panzerglas", wir könnten wieder Radio hören, ohne uns als menschliche Wesen mit ebensolchen Gefühlen dermaßen bodenlos verarscht vorzukommen, wie es bei den Giesingers, Forsters oder Bendzkos der Fall ist. Hießen die Hymnen hierzulande nicht "Auf Uns", sondern "Deutschland" oder "Abendland", so wäre sicherlich nicht alles gut, denn "was nützen die schönsten Metaphern/ wenn's die Dümmsten nicht raffen", aber mittelfristig hätte die Aufhebung des Denkverbots in den deutschen Charts sicherlich irgend einen Effekt. Und wenn es nur der wäre, das man über die Hintergrundbeschallung an der Supermarktkasse nicht mehr so viele grundsätzliche Zweifel an der Menschheit bekommt. Das liest sich gewagt, drängt sich beim Hören aber geradezu auf. Die genannten Songs sind zugänglich im besten Sinne, denn man will sie erneut hören. Einfach weil sie schön klingen. Dafür wird man mit Details belohnt, die sich beim ersten Mal nicht erschließen. Man höre etwa auf das abseitige Hard-Tek-Sample zu Beginn von "Samthandschuhe", das sich erst beim zweiten Hören als solches erschließt. Vergleichbar mit der Art und Weise, wie Yassin bei "Panzerglas" rhythmisch verschoben in den Beat einsteigt, was nicht sofort, doch dann umso mehr Sinn ergibt. Zudem wird Yassin nicht explizit Philip Schwär als Executive Producer engagiert haben, weil der gerade zufällig in der Stadt war, sondern weil er schon für Acts wie Cäthe, Get Well Soon oder Maxim tätig war, Leute also, die sich um Pop mit Herz und Verstand bemühen. Selbsterklärend zugänglich sind zudem auch die Texte: "Panzerglas" beschreibt das Hoffen auf die Liebe, "Meteoriten" das Scheitern dieser an einem selbst. "Abendland" ist eigentlich einer von den besseren Konstantin Wecker-Songs. "Samthandschuhe" wiederum behandelt ebenso ein Thema, das alle angeht: den Streit unter guten Freunden. Dabei verdient sich der Track eine herzliche, feste Umarmung für besondere Verdienste um das Aufbrechen von falschen Männlichkeitsbildern, die so viele daran hindern, einfach Mensch zu sein ("Zieh die Samthandschuhe an/ mein Freund/ wir klär‘n das jetzt wie Männer/bis einer heult"). Das ist auch wiederum künstlerisch ziemlich radikal, bedenkt man, dass wir uns immer noch im Dunstkreis von Deutschrap befinden. "Nie So feat. Mädness" wiederum, vielleicht der schönste Track des Albums, gelingt der Spagat, zeitlos zu sein und gleichzeitig wie Faust aufs Auge den Zeitgeist zu treffen. Auch dies eine besondere Qualität von gutem Pop, wie er hierzulande so selten ist. Mit den Eltern gehadert hat jeder schon mal, hin- und hergerissen zwischen Dankbarkeit und Enttäuschung, Schuldgefühlen und Trotz. Gleichzeitig trifft der Song speziell die Gefühlslage von so vielen, die gerade zwischen 20 und 35 sind: "Ich will ankommen wie du/ doch nie so/ alles was du auch hast/ aber nie so/ und ich erreich' meine Ziele/ will wie du eine Familie/ aber nie so/ nie so/ nie so." Dazu noch ein wunderschöner, filigran geschichteter Beat, der jedoch nicht vergisst, dass er aus dem Hip Hop kommt, und deswegen mit dickem Bass aufwartet. Denn bei allem Wohlklang kommen diese Wurzeln immer wieder durch, am stärksten auf "Junks" und "Eine Kugel feat. Audio88 & Casper". Ersterer ist die Abrechnung mit dem eigenen Konsum. Hier rappt Yassin ganz klassisch und spielt seine Stärken als Texter aus, reflektiert, ehrlich, punktgenau, gleichzeitig in den besten Momenten lyrisch elegant ("die Jahre gingen an die Substanz"). Letzterer würde wohl am ehesten noch auf ein Audio88 & Yassin-Album passen, nicht nur, weil Audio sowieso schon dabei ist, sondern auch, weil das Thema 'depressiver Narzissmus in der sogenannten Generation Y' den Gastgeber dazu einlädt, kurz wieder ganz der Alte zu sein. Offen bleibt, ob es sich um einen genialen Meta-Kunstgriff handelt, den Propheten und Botschafter der Generation "Traurig auf Instagram" im Kontrast dazu Dinge wie (das denke ich mir jetzt nicht aus) "Trotz all der Follower bin ich allein" rappen zu lassen, oder ob Casper das Thema des Tracks einfach nicht so richtig verstanden hat. Wäre aber beides schön. Hie und da merkt man "Ypsilon" dann doch an, dass es ein Experiment ist. Die Beat- und Stimmungswechsel auf "Samthandschuhe" sind schon arg gewollt und konstruiert, auch muss man erst einmal darüber hinweg kommen, wenn Yassin zu sanft-belanglosen Klavierakkorden anfängt, über Freundschaft zu rappen. Geschmackssache sind auch pathetische Streicher ("Ypsilon"), nicht mehr ganz taufrische Trackideen ("sie waren saufen, ich hab' Fruity installiert", "1985"), mancher Reim der Marke "hier" auf "dir" sowie das ganze Spießergelaber von wegen Frau, Königreich und Bauernhof ("Panzerglas"). Und, naja, der Casper-Part halt. Gerade als Experiment ist "Ypsilon" aber vor allem zweierlei: Mutig sowie gelungen. Es ist die Geschichte einer Emanzipation, auf der Metaebene von den eigenen Fans, und ganz konkret von sich selbst, erzählt vom Glauben an die Sache und den Zweifeln daran. In seiner Ablehnung von Erwartungen und falscher Gefühligkeit ist es gewohnt Anti, jedoch in seinem Mut zum großen Gefühl auch außerordentlich konstruktiv. Es ist vielschichtig, es überrascht, ist unperfekt und wackelt an manchen Stellen, wagt den großen Schritt nach vorne, vergisst dabei nie ganz wo es herkommt, doch vor allem berührt es in jedem Track: "Ypsilon" ist schön.
© Laut

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Le temps d'un hiver

Yassin

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1
Anah
00:01:50

Yazid Goulzima, Composer - Yahmanny, Producer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

2
Hami
00:03:37

Ayrton, Producer - Ayrton Aferiat, Composer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

3
Taildé Explicit
00:03:55

Ayrton, Producer - Ayrton Aferiat, Composer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

4
Ma Rihanna Explicit
00:03:04

Ayrton, Producer - Ayrton Aferiat, Composer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

5
Maison
00:02:59

Ayrton, Producer - Ayrton Aferiat, Composer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

6
Moncler
00:03:24

Enzo Petit, Composer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassin, MainArtist - ZN Prod, Producer

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

7
Hermano Explicit
00:03:40

Ambitious, Producer - Jule Thorel-Guillan, Composer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

8
Babygirl
00:02:52

Felix Royer, Composer - Roodie, Producer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

9
PCS
00:03:21

Bluebird Music, Producer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassine El Aouni, Composer - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

10
G.L.O.C.K
00:03:37

Felix Royer, Composer - Roodie, Producer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

11
Violet
00:03:03

Bluebird Music, Producer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassine El Aouni, Composer - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

12
GTO 4 Explicit
00:03:01

Ayrton, Producer - Ayrton Aferiat, Composer - Yassin Zeghdi Coll, Lyricist - Yassin, MainArtist

2020 Bluebird Music 2020 Bluebird Music

Albumbeschreibung

"Wenn ich das hier verkacke, lässt‘s mich nie wieder los". Ganz der alte Yassin. Fick den Mainstream, fick die Resonanz, alles nur für die, die den Shit fühlen, und wenn nicht, ist es uns auch egal ... ne, Moment. Wer spricht dort? Die Releases von Audio88 und Yassin waren bis dato Ansichten aus dem halbleeren Bierglas, zynische Abrechnungen mit der Welt, Hip Hop und Deutschland. Klar, eigentlich sind das alles immer Lieder "Über Liebe" gewesen, wie es in einem ihrer besten Songs heißt. Auf die Art und Weise, wie die beiden zynisch sein kann ja nur, wer den Zynismus braucht, weil einem die Welt eben nicht egal ist, man die objektive Beschissenheit der Dinge aber irgendwie ertragen muss. Die ätzende Qualität ihrer Parts, gespeist aus echter Sorge um den Hip Hop, den sie lieben, und das Land, in dem sie leben, hat ihre Musik zu dem gemacht, was sie ist. Nur, ganz so beschissen stehen die Dinge für die beiden, zumindest persönlich, gar nicht mehr. Als Kneipenpropheten jahrelang im tiefen Untergrund unterwegs gewesen, brachte ihnen "Normaler Samt" allgemein anerkennendes Kopfnicken und "Halleluja" einhellige Begeisterung ein. Die Tour zu Letzterem geriet zum Triumphzug. Wer sie zu der Zeit live erlebt hat, den haben sie unweigerlich restlos begeistert. Da standen zwei auf der Bühne, bei denen man das Gefühl hatte, dass sie alles erreicht haben, was es überhaupt zu erreichen gibt: Vor 800 Leuten mit dem besten Freund zusammen Musik machen und dafür gefeiert werden. Von der Musik leben können. Es ist wichtig, die Vorgeschichte zu diesem Album zu erwähnen, denn ohne die versteht man es nicht voll und ganz. "Fünf Jahre Endorphine machten mich zum Hippie", bekräftigt Yassin ganz am Ende von "Ypsilon". Es hat sich bis dahin aber auch ein Eindruck verfestigt, den man schon jahrelang hatte, nämlich der, dass er dann doch etwas anders tickt als sein Bruder im Geiste Audio88. Was eigentlich noch untertrieben ist, denn Audios letztes Solorelease war "Sternzeichen Hass", und "Ypsilon" ist – ein Popalbum. Wo Deutschraps Thomas Bernhard den springenden Punkt ihres bisherigen Schaffens solo noch einmal mehr zugespitzt (oder auch: verengt) hat, verlässt Yassin diesen gen Themen und Sounds, die den seines erhabenen Geschmacks sicheren Audio88 & Yassin-Hörers im ersten Moment doch sehr vor den Kopf stoßen, wie man in den Youtube-Kommentaren zu "Haare Grau" und "Abendland" nachlesen kann. Einzig "1985", womöglich ausgekoppelt, damit die Fanbase nicht schon im Vorfeld komplett am Rad dreht, erinnert mit seinem spektakulär unspektakulären Oldschool-Beat noch entfernt an Bisheriges. Doch auch dieser Track ist, wie fast alle auf dem Album, mit einem Break ausgestattet, den man so nicht kommen gesehen hat, wo dann auch das Eingangs erwähnte Zitat fällt. In diesem wird deutlich, dass Yassin weiß, was er hier riskiert. Der Rest des Albums klingt nämlich so, wie es sich der Fan vermutlich spontan nicht gewünscht hätte: Elektronisch, melodisch, mitunter trappig, ohne jede Scheu vor Gesang, gar vorm Backpacker-Gottseibeiuns, dem Autotune höchstselbst. In einem gewissen Sinne ist "Ypsilon" sehr wohl ein klassisches Album "Für die Fans", denn es gibt ihnen zwar überhaupt nichts von dem, was sie wollen, das dafür aber ganz bewusst. Doch auch unabhängig vom bisherigen Schaffen traut sich "Ypsilon" Dinge, die sich andere Künstler aus dem Bereich Rap auf Deutsch nicht unbedingt trauen. Das wabernde, zugleich herrlich knackig-klar produzierte "Intro" leitet über in "Haare Grau", das beim ersten Mal hören überrascht, beim zweiten auf angenehme weise, bis man nach dem dritten Mal begeistert ist. Dass sich Farhot auf solche maximal druckvollen, trappigen Beats versteht, wie fast kein zweiter in Deutschland, wusste man schon vorher, doch so warm und hell hat man ihn vorher noch nicht gehört. Yassin rappt darauf puristischen Trapflow, trifft dessen textliche Ästhetik auf den Punkt ("... und fand alles um mich rum/ mein Blut/ meine Jungs"), und leistet dann in der Bridge doch noch mehr, als die meisten, die sich hierzulande daran versuchen. "Ich hoff Opa wäre stolz auf mich/ vielleicht weil er mein Vorbild ist". Das kann man natürlich lyrisch platt nennen, oder einfach nur 'Hose runter'-mäßig ehrlich und direkt, was wiederum zwei Qualitäten sind, die auch der missgünstigste Altfan diesem Album nicht absprechen kann. Tatsächlich führt das eröffnende Doppel auf die falsche Fährte, denn auf "Ypsilon" wird nicht sonderlich viel geflext, dafür eine ganze Menge gefühlt. Weniger macht Yassin hier also einen auf deutscher Young Thug, als viel mehr einen auf Max Giesinger in gut. Anders ausgedrückt, erinnern wir uns kurz, wie Yo Mama seinerzeit schrieb "Ach, handelte es sich bei "Halleluja" nur um "normale Musik"! Rap-Deutschland wäre ein paradiesischer Ort." Übertragen auf "Ypsilon" heißt das: Wäre der Schema-F Deutschpop-Beziehungssong nicht so, wie er ist, sondern wie "Meteoriten" oder "Panzerglas", wir könnten wieder Radio hören, ohne uns als menschliche Wesen mit ebensolchen Gefühlen dermaßen bodenlos verarscht vorzukommen, wie es bei den Giesingers, Forsters oder Bendzkos der Fall ist. Hießen die Hymnen hierzulande nicht "Auf Uns", sondern "Deutschland" oder "Abendland", so wäre sicherlich nicht alles gut, denn "was nützen die schönsten Metaphern/ wenn's die Dümmsten nicht raffen", aber mittelfristig hätte die Aufhebung des Denkverbots in den deutschen Charts sicherlich irgend einen Effekt. Und wenn es nur der wäre, das man über die Hintergrundbeschallung an der Supermarktkasse nicht mehr so viele grundsätzliche Zweifel an der Menschheit bekommt. Das liest sich gewagt, drängt sich beim Hören aber geradezu auf. Die genannten Songs sind zugänglich im besten Sinne, denn man will sie erneut hören. Einfach weil sie schön klingen. Dafür wird man mit Details belohnt, die sich beim ersten Mal nicht erschließen. Man höre etwa auf das abseitige Hard-Tek-Sample zu Beginn von "Samthandschuhe", das sich erst beim zweiten Hören als solches erschließt. Vergleichbar mit der Art und Weise, wie Yassin bei "Panzerglas" rhythmisch verschoben in den Beat einsteigt, was nicht sofort, doch dann umso mehr Sinn ergibt. Zudem wird Yassin nicht explizit Philip Schwär als Executive Producer engagiert haben, weil der gerade zufällig in der Stadt war, sondern weil er schon für Acts wie Cäthe, Get Well Soon oder Maxim tätig war, Leute also, die sich um Pop mit Herz und Verstand bemühen. Selbsterklärend zugänglich sind zudem auch die Texte: "Panzerglas" beschreibt das Hoffen auf die Liebe, "Meteoriten" das Scheitern dieser an einem selbst. "Abendland" ist eigentlich einer von den besseren Konstantin Wecker-Songs. "Samthandschuhe" wiederum behandelt ebenso ein Thema, das alle angeht: den Streit unter guten Freunden. Dabei verdient sich der Track eine herzliche, feste Umarmung für besondere Verdienste um das Aufbrechen von falschen Männlichkeitsbildern, die so viele daran hindern, einfach Mensch zu sein ("Zieh die Samthandschuhe an/ mein Freund/ wir klär‘n das jetzt wie Männer/bis einer heult"). Das ist auch wiederum künstlerisch ziemlich radikal, bedenkt man, dass wir uns immer noch im Dunstkreis von Deutschrap befinden. "Nie So feat. Mädness" wiederum, vielleicht der schönste Track des Albums, gelingt der Spagat, zeitlos zu sein und gleichzeitig wie Faust aufs Auge den Zeitgeist zu treffen. Auch dies eine besondere Qualität von gutem Pop, wie er hierzulande so selten ist. Mit den Eltern gehadert hat jeder schon mal, hin- und hergerissen zwischen Dankbarkeit und Enttäuschung, Schuldgefühlen und Trotz. Gleichzeitig trifft der Song speziell die Gefühlslage von so vielen, die gerade zwischen 20 und 35 sind: "Ich will ankommen wie du/ doch nie so/ alles was du auch hast/ aber nie so/ und ich erreich' meine Ziele/ will wie du eine Familie/ aber nie so/ nie so/ nie so." Dazu noch ein wunderschöner, filigran geschichteter Beat, der jedoch nicht vergisst, dass er aus dem Hip Hop kommt, und deswegen mit dickem Bass aufwartet. Denn bei allem Wohlklang kommen diese Wurzeln immer wieder durch, am stärksten auf "Junks" und "Eine Kugel feat. Audio88 & Casper". Ersterer ist die Abrechnung mit dem eigenen Konsum. Hier rappt Yassin ganz klassisch und spielt seine Stärken als Texter aus, reflektiert, ehrlich, punktgenau, gleichzeitig in den besten Momenten lyrisch elegant ("die Jahre gingen an die Substanz"). Letzterer würde wohl am ehesten noch auf ein Audio88 & Yassin-Album passen, nicht nur, weil Audio sowieso schon dabei ist, sondern auch, weil das Thema 'depressiver Narzissmus in der sogenannten Generation Y' den Gastgeber dazu einlädt, kurz wieder ganz der Alte zu sein. Offen bleibt, ob es sich um einen genialen Meta-Kunstgriff handelt, den Propheten und Botschafter der Generation "Traurig auf Instagram" im Kontrast dazu Dinge wie (das denke ich mir jetzt nicht aus) "Trotz all der Follower bin ich allein" rappen zu lassen, oder ob Casper das Thema des Tracks einfach nicht so richtig verstanden hat. Wäre aber beides schön. Hie und da merkt man "Ypsilon" dann doch an, dass es ein Experiment ist. Die Beat- und Stimmungswechsel auf "Samthandschuhe" sind schon arg gewollt und konstruiert, auch muss man erst einmal darüber hinweg kommen, wenn Yassin zu sanft-belanglosen Klavierakkorden anfängt, über Freundschaft zu rappen. Geschmackssache sind auch pathetische Streicher ("Ypsilon"), nicht mehr ganz taufrische Trackideen ("sie waren saufen, ich hab' Fruity installiert", "1985"), mancher Reim der Marke "hier" auf "dir" sowie das ganze Spießergelaber von wegen Frau, Königreich und Bauernhof ("Panzerglas"). Und, naja, der Casper-Part halt. Gerade als Experiment ist "Ypsilon" aber vor allem zweierlei: Mutig sowie gelungen. Es ist die Geschichte einer Emanzipation, auf der Metaebene von den eigenen Fans, und ganz konkret von sich selbst, erzählt vom Glauben an die Sache und den Zweifeln daran. In seiner Ablehnung von Erwartungen und falscher Gefühligkeit ist es gewohnt Anti, jedoch in seinem Mut zum großen Gefühl auch außerordentlich konstruktiv. Es ist vielschichtig, es überrascht, ist unperfekt und wackelt an manchen Stellen, wagt den großen Schritt nach vorne, vergisst dabei nie ganz wo es herkommt, doch vor allem berührt es in jedem Track: "Ypsilon" ist schön.
© Laut

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