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Schön, wenn einem gleich der Albumtitel die Fragen in den Mund legt. "Das Muss Eine Demokratie Aushalten Können"? Ja, was denn? Dass Künstler in ihrem Schaffen (auch) Position beziehen, sollte doch eigentlich Normalzustand sein. Der schlichte Umstand, dass es nicht nur der Rede wert, sondern überhaupt das einzige Thema zu sein scheint, kaum dass jemand aus seiner Verortung im politischen Spektrum kein Geheimnis macht, zeigt allerdings schon, wie selten das geworden ist.
Waving The Guns war das zum Glück schon immer herzlich egal. Die Rostocker verschwenden keinen müden Gedanken daran, ob sie mit klarer Kante eventuell Teile ihres Publikums verprellen könnten. Im Gegenteil. Da sie ohnehin Hits liefern, "für alle, die auf Hits keinen Wert legen", erscheint sogar wahrscheinlicher, dass sie unmissverständliche Ansagen mit voller Absicht nutzen, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
"Ich habe nicht viel vor", stapelt Milli Dance tief, "außer MCs zurecht zu stutzen, auf Rechts zu spucken und den Genitiv korrekt zu nutzen." So wenig ist das gar nicht. Zumal es die Absichten der Crew ziemlich treffend auf den Punkt prügelt. Es geht darum, "den Atzen High-Five und den Dullis eine mit(zu)geben". Quasi im Vorübergehen lässt sich dann auch noch bequem "die Gesellschaft rechter Bürgerlicher ächten".
Klar, niemand kann komplexe politische oder gesellschaftliche Zusammenhänge im Rahmen der dreieinhalb bis fünf Minuten, die ein durchschnittlicher Track bietet, auch nur ansatzweise erschöpfend und differenziert genug verhandeln. Trotzdem hinterlassen Waving The Guns den Eindruck, sich nicht auf platt-linke "Steine auf die Schweine"-Phrasen allein zu beschränken. Tatsächlich zeigen etwa das dystopische "Ich Werde Mich Verteidigen" oder ganz besonders das extrem nahegehende "Outro", dass man sich in unsicheren Zeiten auch der eigenen Gewissheiten keineswegs sicher sein darf.
Milli Dance, nach Admiral Adonis' Ausstieg der letzte verbliebene Rapper der Crew, ringt insbesondere im Abschlusstrack heftig mit sich selbst und lässt in seiner Abschiedsrede tief blicken. Den richtigen Weg, mit berechtigten Ängsten umzugehen, hat halt auch die Linke nicht gepachtet. Es bleibt ein täglicher notwendiger Kampf, der Furcht vielleicht doch auch noch etwas anderes als Resignation oder Hass entgegen zu halten.
Entsprechend rücksichtslos setzen sich Waving The Guns über Dogmen und Sprachregelungen des eigenen Lagers hinweg. "Vier Weiße diskutieren, ob man 'Neger' sagen darf", prangern sie etwa in "Die Da Reden Pt. 1" an. Die vorprogrammierte Aufregung darüber, die aus guten Gründen missliebige Vokabel damit (wie auch schon im "Intro") ja selbst verwendet zu haben, nehmen sie in Kauf.
Damit schmieren sie auch den eigenen Leuten aufs Brot, dass es nicht nur darum geht, was jemand sagt, sondern auch, mit welcher Absicht. Klingt wie eine Binsenweisheit, die noch frische Erinnerung an den Umgang mit Prezidentschen Provokationen zeigt aber: ist offenbar erschütternd unüblich geworden.
Inhaltlich klingt das alles, als ergingen sich Waving The Guns in moralisierendem Theoretisieren. Der Kunstgriff und zugleich die größte Heimtücke dieses Albums liegt aber darin, dass es sich ganz und gar nicht so anfühlt. Die musikalische Ausgestaltung, die, wie gehabt, auch diesmal Dub Dylan und Doktor Damage verantworten, gerät geradezu unangemessen fluffig.
Akustisches Gleitmittel rührt das Doppel-D-Duo da an, um ganz und gar nicht Widerhaken-freie Texte vollkommen widerstandslos in die Köpfe der Hörer zu bugsieren. Das Antäuschen mit melodisch warmen Bässen beginnt im "Intro" und zieht sich durch. Wie "Perlen Vor Die Säue" kullern Klaviernoten oder dezent Dub-lastige Reggaebässe. "Remember" begint superfunky, legt im Verlauf aber einen kompletten Schwenk hin, genau wie "Hier Unten Is OK", das ab der Mitte deutlich dunkler und auch aggressiver wird. In "Es Hätte So Ein Schöner Abend Werden Können" flackern dann die Synthies.
Unaufgeregt, mit Scratches und Vocal-Cuts garniert ein bisschen, wenn auch nicht penetrant oldschoolig, leise angeschickert, dabei aber immer noch melodisch wirken die Beats - und damit wie ein zwar bewusster, aber keineswegs verkrampfter Gegenentwurf zur angesagten Playlisten beherrschenden Monokultur.
Admiral Adonis, wie gesagt, hat die Truppe zwar verlassen. Ganz ohne Schützenhilfe steht Milli Dance deswegen noch lange nicht da: AzudemSK assistiert in "Oscar Pistorius" und klingt dabei wie ein Bruder von Morlockk Dilemma. Sketch One teilt mit Milli "Das Privileg" der korrekten Nutzung des Genitivs. Alle zusammen bieten "Wesentliches, tight gerappt."
"Was hast du denn erwartet?" Eine berechtigte Frage werfen Waving The Guns damit auf und beantworten sie auch gleich selbst: "Wir könn' halt nicht mehr als das. 4D-Instrumentals, Text drüber. Passt."
© Laut
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Audiolith Publishing, MusicPublisher - Waving The Guns, MainArtist - Dean Norm, Composer, Lyricist
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Waving The Guns, MainArtist - AzudemSK, Composer, FeaturedArtist - Audiolith Publishing, Copyright Control, MusicPublisher - Dean Norm, Composer, Lyricist
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Audiolith Publishing, MusicPublisher - Waving The Guns, MainArtist - Dean Norm, Composer, Lyricist
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Audiolith Publishing, MusicPublisher - Waving The Guns, MainArtist - SKETCHONE, FeaturedArtist - Dean Norm, Composer, Lyricist
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Audiolith Publishing, MusicPublisher - Waving The Guns, MainArtist - Dean Norm, Composer, Lyricist
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Audiolith Publishing, MusicPublisher - Waving The Guns, MainArtist - Dean Norm, Composer, Lyricist
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Albumbeschreibung
Schön, wenn einem gleich der Albumtitel die Fragen in den Mund legt. "Das Muss Eine Demokratie Aushalten Können"? Ja, was denn? Dass Künstler in ihrem Schaffen (auch) Position beziehen, sollte doch eigentlich Normalzustand sein. Der schlichte Umstand, dass es nicht nur der Rede wert, sondern überhaupt das einzige Thema zu sein scheint, kaum dass jemand aus seiner Verortung im politischen Spektrum kein Geheimnis macht, zeigt allerdings schon, wie selten das geworden ist.
Waving The Guns war das zum Glück schon immer herzlich egal. Die Rostocker verschwenden keinen müden Gedanken daran, ob sie mit klarer Kante eventuell Teile ihres Publikums verprellen könnten. Im Gegenteil. Da sie ohnehin Hits liefern, "für alle, die auf Hits keinen Wert legen", erscheint sogar wahrscheinlicher, dass sie unmissverständliche Ansagen mit voller Absicht nutzen, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
"Ich habe nicht viel vor", stapelt Milli Dance tief, "außer MCs zurecht zu stutzen, auf Rechts zu spucken und den Genitiv korrekt zu nutzen." So wenig ist das gar nicht. Zumal es die Absichten der Crew ziemlich treffend auf den Punkt prügelt. Es geht darum, "den Atzen High-Five und den Dullis eine mit(zu)geben". Quasi im Vorübergehen lässt sich dann auch noch bequem "die Gesellschaft rechter Bürgerlicher ächten".
Klar, niemand kann komplexe politische oder gesellschaftliche Zusammenhänge im Rahmen der dreieinhalb bis fünf Minuten, die ein durchschnittlicher Track bietet, auch nur ansatzweise erschöpfend und differenziert genug verhandeln. Trotzdem hinterlassen Waving The Guns den Eindruck, sich nicht auf platt-linke "Steine auf die Schweine"-Phrasen allein zu beschränken. Tatsächlich zeigen etwa das dystopische "Ich Werde Mich Verteidigen" oder ganz besonders das extrem nahegehende "Outro", dass man sich in unsicheren Zeiten auch der eigenen Gewissheiten keineswegs sicher sein darf.
Milli Dance, nach Admiral Adonis' Ausstieg der letzte verbliebene Rapper der Crew, ringt insbesondere im Abschlusstrack heftig mit sich selbst und lässt in seiner Abschiedsrede tief blicken. Den richtigen Weg, mit berechtigten Ängsten umzugehen, hat halt auch die Linke nicht gepachtet. Es bleibt ein täglicher notwendiger Kampf, der Furcht vielleicht doch auch noch etwas anderes als Resignation oder Hass entgegen zu halten.
Entsprechend rücksichtslos setzen sich Waving The Guns über Dogmen und Sprachregelungen des eigenen Lagers hinweg. "Vier Weiße diskutieren, ob man 'Neger' sagen darf", prangern sie etwa in "Die Da Reden Pt. 1" an. Die vorprogrammierte Aufregung darüber, die aus guten Gründen missliebige Vokabel damit (wie auch schon im "Intro") ja selbst verwendet zu haben, nehmen sie in Kauf.
Damit schmieren sie auch den eigenen Leuten aufs Brot, dass es nicht nur darum geht, was jemand sagt, sondern auch, mit welcher Absicht. Klingt wie eine Binsenweisheit, die noch frische Erinnerung an den Umgang mit Prezidentschen Provokationen zeigt aber: ist offenbar erschütternd unüblich geworden.
Inhaltlich klingt das alles, als ergingen sich Waving The Guns in moralisierendem Theoretisieren. Der Kunstgriff und zugleich die größte Heimtücke dieses Albums liegt aber darin, dass es sich ganz und gar nicht so anfühlt. Die musikalische Ausgestaltung, die, wie gehabt, auch diesmal Dub Dylan und Doktor Damage verantworten, gerät geradezu unangemessen fluffig.
Akustisches Gleitmittel rührt das Doppel-D-Duo da an, um ganz und gar nicht Widerhaken-freie Texte vollkommen widerstandslos in die Köpfe der Hörer zu bugsieren. Das Antäuschen mit melodisch warmen Bässen beginnt im "Intro" und zieht sich durch. Wie "Perlen Vor Die Säue" kullern Klaviernoten oder dezent Dub-lastige Reggaebässe. "Remember" begint superfunky, legt im Verlauf aber einen kompletten Schwenk hin, genau wie "Hier Unten Is OK", das ab der Mitte deutlich dunkler und auch aggressiver wird. In "Es Hätte So Ein Schöner Abend Werden Können" flackern dann die Synthies.
Unaufgeregt, mit Scratches und Vocal-Cuts garniert ein bisschen, wenn auch nicht penetrant oldschoolig, leise angeschickert, dabei aber immer noch melodisch wirken die Beats - und damit wie ein zwar bewusster, aber keineswegs verkrampfter Gegenentwurf zur angesagten Playlisten beherrschenden Monokultur.
Admiral Adonis, wie gesagt, hat die Truppe zwar verlassen. Ganz ohne Schützenhilfe steht Milli Dance deswegen noch lange nicht da: AzudemSK assistiert in "Oscar Pistorius" und klingt dabei wie ein Bruder von Morlockk Dilemma. Sketch One teilt mit Milli "Das Privileg" der korrekten Nutzung des Genitivs. Alle zusammen bieten "Wesentliches, tight gerappt."
"Was hast du denn erwartet?" Eine berechtigte Frage werfen Waving The Guns damit auf und beantworten sie auch gleich selbst: "Wir könn' halt nicht mehr als das. 4D-Instrumentals, Text drüber. Passt."
© Laut
Informationen zu dem Album
- 1 Disc(s) - 15 Track(s)
- Gesamte Laufzeit: 00:49:41
- Künstler: Waving The Guns
- Komponist: Various Composers
- Label: Audiolith
- Genre: Hip-Hop/Rap
2019 Audiolith 2019 Audiolith
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