Broad Ways

Albumbeschreibung

Fünf Jahre hatten wir nun auf Aufgangs neues Album warten müssen. Nach dem 2016 erschienenen Turbulences ließen sich Rami Khalifé und Aymeric Westrich etwas Zeit, denn sie wollten ihre eigenen Wege gehen und sich ihren Soloprojekten widmen. In der Zwischenzeit ist die Welt eine andere geworden und die beiden Hälften des französisch-libanesischen Tandems auch. Da sie für Bühnen und Presse außer Reichweite waren, hatten sie bei diesem neuen Tagesrhythmus Gelegenheit, still und leise, mit einem Stein nach dem anderen den Weg für Broad Ways zu ebnen, ein himmlisches viertes Opus, mit dem die beiden ein weiteres Mal beweisen, warum ihre Musik so umwerfend ist: sie lassen sich nirgends einordnen.

Das Album trägt eine eindeutig politische Message mit sich und spiegelt die oft paradoxen Umbrüche unserer Zeit wider. In diesem Sinne sind die beiden Titel „R U Happy“ und „Je vous aime“ wie zwei antagonistische Varianten einer psychischen Verfassung gedacht, ein Thema, das ja seit Beginn der Corona-Pandemie ins Zentrum der öffentlichen Debatten gerückt ist. Im ersten Titel geht es um Einkapselung, Unbehagen, Wahnsinn und Einsamkeit, wogegen der zweite Titel den Wert von Freundschaft und Unschuld in den Mittelpunkt stellt. Auf elegante Weise erweist die Gruppe hingegen mit dem Titel „Beirut“ Ramis Geburtsland – dem Libanon – alle Ehre. Es hört sich einerseits wie ein Schmerzensschrei und andererseits wie eine Techno-Club-Party an, da noch die tragische Explosion von August 2020 in ihren Köpfen herumgeistert. Es gibt auch Tracks, mit denen sie fast wie Kinder auf Entdeckungstour gehen, um das Land und seine Köstlichkeiten zu feiern, was mit „Hummus“ und „Fallafel“ eindeutiger nicht sein könnte. Zu guter Letzt gehören zu dieser Runde noch zwei sehr schöne, langsame Klavierballaden: „Paper Planes“ und „Akuatica“, wo die alten Fans der Gruppe Harmonien wiedererkennen werden, vor allem aus „Rachael’s Run“, das auf der Vorgängerplatte Istiklaliya vertreten war.

Mit der Kombination aus Elektro und trauerndem Klavier wird das Album zu einem herrlichen Konzentrat aus den verschiedenen Stilrichtungen, die die beiden im Laufe ihres Zusammenseins ausgekundschaftet haben: es gibt hier die barocken oder atonalen Experimente von Aufgang (2009), das von Rock- und Jazz-Akzenten durchsetzte Istiklaliya (2013), aber auch arabisch klingenden Pop und Keyboards wie in Turbulences (2016). Broad Ways ist nun das vierte Juwel, mit dem das Duo seine ohnehin schon einmalige Diskografie weiter ausschmückt. © Pierre Lamy/Qobuz