Oddisee
Geboren in Washington, DC, erzogen von einem sudanesischem Vater und einer afroamerikanischen Mutter und aufgewachsen in Maryland: Der Rapper und Producer Oddisee alias Amir Mohamed el Khalifa vereint vielfältige Einflüsse. Das hört man auch in seinen Tracks, die allesamt anders klingen, als man es von der Hip Hop-Szene Amerikas kennt.
Das Besondere an seinem Stil sind vor allem die Soul-Einwürfe in seinen Beats und die anspruchsvollen Texte. "Ich rappe nicht übers Rappen. Ich komme aus DC. Wir sind sehr politisch, Politik liegt uns im Blut." Oddisee ist bekannt für gesellschaftskritische Texte. Anders als die Battle-Rapper der East-Coast Anfang des 21. Jahrhunderts, rappt er über ernst zu nehmende Themen.
Er schreibt einen Beat, dieser gibt ihm dann ein Thema. Genauso läuft das auch andersherum. "Der Beat gibt mir vor, worüber ich reimen soll. Wenn ich einen Beat höre, zu dem ich etwas schreiben möchte, geschieht das in meinem Kopf von ganz alleine."
Erste Kontakte zur Musik bekommt Oddisee über seine Eltern. Sein Vater prägt ihm die Sänger und Poeten der damaligen Zeit ein, seine Mutter hilft ihm, eine Beziehung zu Soul und Bluegrass aufzubauen. Über seine älteren Cousins hört er zum ersten mal von Hip Hop.
Als sein Vater ihm seine erste Hip Hop-LP schenkt, ist seine Interesse endgültig geweckt. Seine ersten Helden heißen damals Rakim und A Tribe Called Quest: "Diese Rapper sprachen nicht über Drogen und Mord, ich kann mich mit deren Texten besser identifizieren", sagt er 2007 in einem Interview. Jedoch fängt er nicht mit Sprechgesang, sondern mit dem Beatbasteln an.
Nach der High-School zieht el Khalifa von Maryland nach Washington um. Sein angefangenes Studium in Kunst und Design bricht er schnell ab, damit er sich voll und ganz der Musik widmen kann. 2002 gelingt ihm der erste Durchbruch als Producer mit dem Track "Music Lounge" auf Jazzy Jeffs Album "Magnificent". Kurz danach tritt er der Low Budget Crew bei, einer Gruppe lokaler Rapper, über die er Kontakt zu Halftooth Records herstellt und 2006 seine erste EP "Foot In The Door" veröffentlicht.
Zwei Jahre später zieht er einen Deal mit der Mello Music Group an Land. Dort bringt er eine Reihe von Platten heraus, auf denen er erstmals auch rappt. In dieser Zeit gründet er auch eine Rap-Crew namens Diamond District. Diese bringt einen komplett neuen Stil in den East-Coast Rap ein. Während der Rest der Küste sich des Mainstreams annimmt, wandeln Diamond District erfolgreich auf eigenen Pfaden.
Oddisees Beats schwimmen zu Beginn seiner Karriere noch stark im New Yorker Boom Bap-Fahrwasser, ändern sich aber mit der Produktion des zweiten Diamond District-Albums "March On Washington" hin zu mehr live eingespielten Instrumenten. Dabei versucht Oddisee, sich nicht auf einen Produktions-Stil einzuschießen, sondern nutzt Instrumente genauso wie Samples oder Computer-basierte Sounds.
"Wenn ich meine Kunst mit einer anderen vergleichen würde, wäre es Kochen: Du gehst durch unterschiedlichste Platten, mixt sie zusammen und es kommt immer etwas anderes dabei heraus. Es kann großartig, aber auch der größte Scheiß sein." Dabei hegt er stets den Anspruch, seine Musik vielschichtig zu gestalten. Sollte jemand nur auf Beats und Flow abfahren, sollte derjenige genauso mitgenommen werden, wie jemand, dem Reimtechnik und Inhalt wichtig sind. "Und das Wichtigste ist, dass man zu meinen Songs sowohl tanzen als auch denken kann!"
Im Sommer 2012 erscheint Oddisees erstes Studioalbum "People Hear What They See", das erstmals größere Resonanz bei der Presse hervorruft. Es katapultiert sich bei Bandcamp an die Spitze, iTunes UK küren es zum "Rap/HipHop Album Of The Year". Für das Album stellt er eine Band junger Musiker zusammen, die ihn bei Aufnahme und Live-Auftritten unterstützt.
Seine Antwort auf die Rettung der Musik-Industrie? "Sich mit weniger zufrieden geben." Er sieht sich und sein Label mit der Realität konfrontiert und schraubt seine Erwartungen herunter. Eine Lebenseinstellung, mit der er gut fährt.
Auf die Frage was für ihn wirklich von Bedeutung ist, antwortet er überzeugt: "Zeit! Für mich ist es unglaublich wichtig, mir meine Zeit selbst einzuteilen. Weniger zu arbeiten bedeutet, mehr Zeit für sich selbst zu haben. Und wenn das heißt, auf ein Auto zu verzichten, dann radle ich eben."
Um der Musik-Industrie näher zu sein und um sich weiter inspirieren zu lassen, zieht er nach New York City und lebt dort in einer Wohngemeinschaft. Im Interview erklärt er: "Nachdem ich von Washington, DC nach New York zog, war ich fast das halbe Jahr im Ausland auf Tour. Der Umstand hat dann zu der Entscheidung geführt, sich eine Wohnung zu teilen. So kann ich für kleines Geld meine Sachen lagern, während ich unterwegs bin, ohne die Kosten eines ganzen Apartments tragen zu müssen."
Sein Label Mello Music Group legt, genau wie er selbst, Wert auf die Nähe zum Fan und stellt trotz kleinem Budget einen sehr hohen Anspruch an die Musik. Genau diese Philosophie trägt auch Oddisee in sich und verkörpert sie: sich künstlerisch entfalten, ohne großen Leistungs- und Erfolgsdruck von außen.
© Laut
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