Benny Sings
"Auf der Bühne zu stehen, mit einem Mikrofon in der Hand, und dann der Applaus ... das ist das beste Mittel gegen Depressionen." Es scheint zu wirken; der rotblond-gelockte Holländer macht alles andere als einen trübsinnigen Eindruck. Im Gegenteil: Tim van Berkestijn ist ein Sonntagskind.
Geboren im Jahr 1977 wächst er im niederländischen Arbeiterstädtchen Dordrecht auf. In einer, wie er selbst findet, "perfekten" Teenagerzeit sind drei Dinge unverzichtbar: Parties, Musik und Drogenexperimente. Wie so oft beweist die Musik den längsten Atem: Bereits zu Schulzeiten gründet Benny seine erste Band, "Loveboat". Es mangelt keineswegs an Selbstbewusstsein, ganz offenbar aber fehlt adäquates Publikum: "Wir wussten alles, nur der Rest der Stadt hat's nicht kapiert", konstatiert Benny Jahre später im Interview. Spekulationen über die Popularität von Loveboat sind also gestattet.
Bennys Fehler kann es nicht gewesen sein: Er absolviert ein Studium der Sonologie am Royal Conservatory in Den Haag. Sonologie? Benny erklärt: "In etwa, als würde man Panikattacken vertonen – in fantastischer Soundqualität." Ah, ja. Dessen ungeachtet lässt sich Benny zusätzlich weitaus melodischer inspirieren: Neben vielen anderen beeindrucken ihn Chet Baker, D'Angelo, Paul McCartney und Stevie Wonder. Seit 1999 spielt er Bass in der Hip Hop-Formation "Abstract Dialect", komponiert und produziert für die Soul-Band "Heavenly Social" und ist Mitglied des holländisch-sprachigen Rap-Kollektivs "De Toffen".
Daneben schreibt Benny seine eigenen Stücke. Zunächst sind es Hip Hop-Beats, zu denen er irgendwann zu singen anhebt: "Benny Sings", so der naheliegende Name seines Solo-Projekts. Auch "Solo" ist hierbei wörtlich zu verstehen: Die meisten Instrumente spielt Benny höchstselbst ein, lediglich für einige Backing-Vocals sucht er sich Unterstützung im Familien- und Freundeskreis. Aufgenommen wird zu Hause im Schlafzimmer; Bennys Stimme bleibt das expressivste Element in seiner Musik.
Im Jahr 2003 erscheint (zumindest in seiner niederländischen Heimat) Benny Sings' Debütalbum "Champagne People". Bart Suèr, einer der angesehensten holländischen Jazzmusiker und Produzent von Dox Records, legt letzte Hand an. Er bezeichnet als größte Gefahr, es bei der Produktion von Benny Sings zu übertreiben: "Wir arbeiteten sehr hart daran, so wenig wie möglich zu tun." Das Ergebnis spricht für diese Strategie: Popmelodien, Jazzakkorde und ein warmer, souliger Klang animieren die Presse zu Vergleichen mit Prince, Stevie Wonder und den großartigen, allenthalben unterschätzen Steely Dan.
Während des Studiums und bis zur Veröffentlichung von "Champagne People" findet Musik für Benny hauptsächlich im kleinen Rahmen, in seinem Kopf statt. Danach geraten die Dinge in Bewegung: Zahlreiche Club-Gig- und Festival-Anfragen erfordern ein Umdenken. Es ist ebenfalls Bart Suèr, der hilft, "Champagne People" mittels eines Arrangements für eine Live-Band bühnenkompatibel zu machen: Schlagzeug, Bass, Keyboards und Background-Sänger kommen an den Start, ebenso eine amtliche Bläsersektion. Auch Bennys Arbeitsweise ändert sich: Tüftelte er bisher im stillen Kämmerlein an seinen Songs, so schreibt er sie jetzt auf dem Weg zum jeweils nächsten Auftritt, um dort das brandneue Material mit der Band umgehend zu präsentieren. Zahlreiche Konzerte, darunter Auftritte bei großen Open Air-Veranstaltungen, folgen.
Anfang 2004 wird Benny Sings mit dem "Dutch Essent Award for Young Music Talent" ausgezeichnet. Im Frühjahr erscheint "Champagne People" in Belgien, es folgt eine grenzüberschreitend erhältliche Vinylausgabe, veröffentlicht bei Kindred Spirits. Benny komponiert "Beggars For Sun" für C-Mon (zu finden auf "Cereal") und remixt für Grand Centrals Only Child-Projekt.
Benny Sings' zweites Album ("I Love You") wird live im Amsterdamer "Bimhuis" eingespielt. Die Produktion obliegt ebenfalls Bart Suèr. "I Love You" bietet keine besonderen Soundeffekte oder komplizierten Bassriffs, die von der eigentlichen Melodie ablenken könnten, keine Rebellion, keine Hintergedanken: nur Pop. Ein Kritiker der Spex attestiert Benny bemerkenswerte Fähigkeiten als Songschreiber und Produzent von Retro-Soul-Platten. Kurioserweise ist Benny Sings' zweiter Streich, "I Love You", zuerst, nämlich bereits im Februar 2005, auf dem deutschen Markt erhältlich; "Champagne People" folgt (nach einem Auftritt beim S.O.M.A.-Festival und Support-Act-Tätigkeit für Fettes Brot) im August.
In den Folgejahren entstehen mit "EUH", "Benny ... At Home", "Art" und "Studio" etliche melodieselige Alben, mit denen Tim a.k.a. Benny seine Verkaufszahlen stets steigert. Doch ein wirklicher Durchbruch außerhalb seiner Heimat zeichnet sich nicht ab, obwohl eine "Best Of" die Aufmerksamkeit steigern soll und sich die Vertriebsnetzwerke Rough Trade und Groove Attack seiner annehmen.
In Zeiten von Mixtapes versucht sich Benny an einem 18-teiligen, aber nur 25-minütigen DJ-Mixtape namens "Beat Tape". Es enthält Fragmente von Songs und Songideen. Einer der Titel, "Nakameguro" schafft es aufs nachfolgende Album, "City Pop", das 2019 erscheint. Der Holländer deklariert darauf seine Liebe zum Synthie-Pop, auch Nippon-Pop genannt, der japanischen Musikszene Ende der 70er und in den 80er Jahren.
Bei aller Nostalgie ist "City Pop" eine zeitgemäße Platte, die dem Trend zum Retro-Soul entspricht: Der japanische Synthie-Pop enthält viele Querverweise zu Soul, Funk und Disco - eine neue Spielwiese für Benny Sings. Zwei Jahre später legt er die stilistisch ähnlich geschmeidige Platte "Music" nach.
© Laut
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