Strauss II: Aschenbrödel

Albumbeschreibung

Johann Strauss (Sohn) wünschte sich für ein von ihm geplantes großes Ballett, das Gustav Mahler an der Hofoper zu Wien aufzuführen versprach, ein möglichst realistisches Szenarium. Ausgewählt wurde schließlich aus nicht weniger als 718 Vorschlägen der bewährte und oftmals gestaltete Aschenbrödel-­Stoff, den man ins zeitgenössische Milieu von Warenhäusern und Schneiderwerkstätten verlegte. Über der Komposition, die Strauss sogleich begann und deren Uraufführung für November 1899 bereits geplant wurde, verstarb er freilich, und Mahler, der das Ballett-­Genre wenig schätzte, zog sein Aufführungsversprechen zurück. Die vorhandenen Entwürfe vervollständigte Josef Bayer, seinerseits ein erfolgreicher Operetten­ und Ballettkomponist, ohne dass bislang bekannt war, in welchem Zustand Strauss seine Entwürfe überhaupt hinterlassen hatte. Michael Rot rekonstruierte nach den vorhandenen Quellen die ursprüngliche Strauss’sche Fassung und richtete sie spielbar ein. Mit der vorliegenden Einspielung liegt diese Rot’sche Einrichtung erstmals auf Tonträgern vor: sehr hörenswert! Das ist wirklich der Gewinn einer Ballettmusik, wie man sie sich von Strauss gewünscht haben mag, aber sich kaum wirklich vorstellen konnte! Freilich wird sie hier auch gleich außerordentlich geschmackvoll von Ernst Theis, dem wohl besten Kenner des unterhaltenden Musik­-Genres, aufgeführt. Das ist vor allem gestische Musik, und als solche interpretiert sie Theis mit dem souverän­-selbstverständlich aufspielen­den ORF Radio­-Symphonieorchester aus Wien, sodass sich die Szenerie geradezu imaginieren lässt. Er setzt auf Pointierung, Schärfung des Klanges, ohne dass die Musik an Kontinuität, an rhythmischem Impetus und Stringenz verliert. Auf diese Weise nimmt er der Musik zugleich auch das allzu Sentimental­„Wienerische“, aber eine Musik aus Wien bleibt die Partitur allemal.
© Schubert, Giselher / www.fonoforum.de