The Bloody Beetroots
Italien, Ort der musikalischen Verwüstung durch Al Bano & Romina Power-Pop, darf inzwischen auf mehr stolz sein als nur Design und einen umstrittenen Fußball-Weltmeister. Hier kultiviert man heute Rave. Genauer: Italo-Rave, direkt aus den Feinkost-Zuchtanlagen der Crookers oder der Bloody Beetroots.
Mit brachialem Synthesizereinsatz, an dem 2 Unlimited ihre Freude hätten, gewährleistet Zuchtmeister Sir Bob Cornelius Rifo (so das Alter Ego der blutigen Bete) die Qualität seiner Ware und wummert sich damit zwischen 2008 und 2009 zum internationalen Blogphänomen heran.
Wie es sich für einen Hype gehört, spielt das optische Erscheinungsbild dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Mit Spider-Man-Masken vermummt, brennt sich das (Live-)Duo in die Aufmerksamkeits-Membrane der Öffentlichkeit. Für alle DC Comic-Nerds: Es handelt sich um Venom, der Feind Spider-Mans bzw. dessen bösen Alter Egos. Zwar arbeitet der Italiener im Studio alleine. Für Auftritte greift er allerdings auf die Unterstützung von Kumpel Tommy Tea zurück.
Bis sich Sir Bob Cornelius schließlich als Bastard-Sohn der Misfits und Daft Punk begreift, beginnt alles doch eher beschaulich. Er wächst in der italienischen Hochburg für Alkohol, dem idyllischen Dörfchen Bassano del Grappa, auf und begeistert sich für klassische Musik.
Der Frieden findet jedoch mit der Infektion mit fremden Einflüssen schon bald sein Ende, als die raue Energie von Punkrock und Rockabilly den Kleinen auf magische Weise hypnotisiert. Die letzten Überreste seiner Unschuld verliert er dann an Werke von Comickünstlern wie Magnus, Benito Jacovitti oder Tanino Liberatore.
Letzterem gesteht er respektvoll, seine Reinheit mit acht Jahren in den Müll geschmissen zu haben. Eben daher darf sich Liberatore als alter Kindheitsheld der Covergestaltung vom Debütalbum "Romborama" annehmen.
Chopin und Beethoven zur Seite gelegt, dreht sich bei Rifo fortan alles darum, Noise zu produzieren, der Samples und Electronica mit Achtzigern, Punk und New Wave kombiniert. Neben Phra und Bot prägt der Output der Beetroots die Neudefinition von Rave aus Italien grundlegend mit und findet besonders in der Generation der Auf-die-Schnauze-Rave-Kids Anklang.
Gerade 2007 gestartet, saugt die Blogosphäre den italienischen Spidey auch schon dankbar auf. Rätselraten und Downloaden finden kein Ende. Neugier und Wahnsinn flauen dabei nicht ab, nehmen vielmehr zu.
Etienne de Crecy und Alex Gopher schenken dem Superhelden daraufhin seinen ersten offiziellen Remixauftrag, bevor Steve Aoki ihn wenig später für das eigene Label Dim Mak zur Unterschrift bittet.
Seither finden sich seine Tracks in Folgen von "C.S.I. Miami" oder Videospiel-Topsellern ("Fifa '09", "NBA '09", "Need For Speed") genauso wie in Clubs auf der ganzen Welt wieder. Auf Dim Mak avancieren die Veröffentlichungen "Rombo" (EP), "Cornelius" und "Warp" (feat. Steve Aoki) zu kleinen Szene-Legenden. "Warp" schleicht sich sogar in die iTunes-Top Ten.
Bis zum Debütalbum "Romborama" von 2009 kann der Stiefelländer auf seiner To Do-Liste schon eine biblische Flut an Veröffentlichungen, dabei ganze 45 Remixe, und mehrere Welttouren abhaken. Gemeinsam mit Aoki formt Rifo zudem die Hardcore-Punk-Band Rifoki, die von Giulio Favero von Teatro Degli Orrori produziert wird.
The Bloody Beetroots strecken, wie die Crookers, das Rave-Zepter hoch in die Luft, um der Welt unmissverständlich mitzuteilen: In den italienischen Clubs herrscht ein neuer Volksaufruhr. Es wird Revolte gemacht. Wir sind alle eingeladen.
© Laut
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