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SXTN

Rap-Deutschland ist auch in den 2010ern noch sehr leicht zu schocken. Als die beiden MCs Nura und Juju zum Jahresende 2015 ihr Debütvideo "Deine Mutter" veröffentlichen, spalten sich die Meinungen: Dürfen Frauen so reden? Was Haftbefehl, King Kool Savas und andere männliche Rapper seit vielen Jahren tun, wird von mancher Seite aus weiblichen Mündern immer noch nicht gerne gehört. Klar, dass das Berliner Rapduo SXTN im Track kein Blatt vor den Mund nimmt. In derber Manier fordern sie andere MCs, Hater und Anstandsdamen zum Battle. "Ich ficke deine Mutter ohne Schwanz" und "Fick dich, du Hurensohn, fick dich, du Hurentochter, fick dich du Spast", lautet die explizit-einfache Botschaft. Dazu hantieren sie im Clip mit Kettensägen, rauchen Blunts an der Kette und lichten Frauen beim Twerken ab. Die Ansage ist unmissverständlich: SXTN demonstrieren Selbstbewusstsein und lassen sich nicht reinreden. Die Trapbeats kommen hart und fordernd, die Lyrics sind vulgär und derb. Die Provokation gelingt zweifellos. Dabei kommen SXTN für die allermeisten wie aus dem Nichts. Ja, die gebürtige Marokkanerin Juju hat schon mit 14 hobbygerappt. Ja, Nura hat nach dem Familienumzug aus Saudi-Arabien, erst nach Wuppertal, später nach Berlin, als Teil von The Toten Crackhuren Im Kofferraum sowie beim Berliner Kneipenchor bereits Bühnenerfahrung gesammelt. Doch erst 2014 beschließen die langjährigen Freundinnen, gemeinsame Sache in Rap zu machen. "Ich war nicht mehr zufrieden bei den Huren", erklärt Nura. "Juju und ich haben immer so aus Spaß zusammen Mucke gemacht. Dann kam Claus um die Ecke, die eine Hälfte unseres Managements, und so nahm alles seinen Lauf." Noch vor der Veröffentlichung von Debüt-EP und Debütalbum verkünden SXTN 2016 Festivalauftritte mit Haftbefehl, indes Juju mit Said im Track "Berliner Schnauze" zu sehen ist. Four Artists übernimmt das Booking der Neuköllnerinnen, BMG bietet sich als Verleger an. Dass die Menschen hinter dem Act mehr als provokante Ansagen beherrschen, zeigt sich wiederum sowohl in den nachfolgenden Tracks "Fotzen Im Club" und "Kein Geld" als auch im Interview auf Radio Fritz. "Unsere Freunde wissen, wie wir wirklich sind. Wenn irgendein Fahrradfahrer auf dem Bürgersteig fährt, klar sagen wir dann auch schon mal 'Ey, du Hurensohn!'", erklärt das Duo da. Was deutlich weniger brachial klingt als die Schimpfwortparade aus "Deine Mutter". Frau müsse eben häufig noch eine Schippe mehr drauflegen, um ernst genommen zu werden, analysieren SXTN. "Welche weiblichen MCs gibt es in Deutschland schon außer Schwesta Ewa oder Kitty Kat?" Auffällig bleibt jedenfalls, dass auch die Medien eiligst nach Zuschreibungen suchen. So bezeichnet etwa der Social-Media-Kanal joiz SXTN als "weibliche Antwort auf Aggro Berlin", statt die Möglichkeit überhaupt in Betracht zu ziehen, dass Nura und Juju vielleicht gar keine Antwort, sondern die Frage selbst sind. Zum Beispiel die Frage, ob es sexuelle Selbstermächtigung darstellt, wenn die beiden mit einem guten Dutzend halbnackter Frauen im Video eine WG-Party auseinandernehmen, oder doch nur wieder die Reproduktion männlich bestimmter Sexfantasien. Insofern scheint ein solcher Act, so gezielt die Battlerap-Ansage auf Provokation gemünzt sein mag, auch 2016 noch bitter notwendig. Für die Emanzipation der Rapszene, für den Diskurs über Mittel und Zweck. Unterdessen preist der Pressetext SXTN in Ermangelung aktueller Konkurrenz als "TicTacToe des Jahres 2015". Juju und Nura wiederum huldigen Frauenarzt, Savas, Bushido, MC Bomber und Herbert Grönemeyer.
© Laut

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