Haydn: String Quartets, Op. 76 Nos. 4-6

Albumbeschreibung

Haydn, die Vierte. Und immer noch hungrig, wach, neugierig, unverbraucht. Das Chiaroscuro Quartet hat nach den sechs Quartetten op. 20 und den ersten drei Werken aus op. 76 nun die abschließenden drei Quartette dieser Sammlung vorgelegt. Die auch klanglich herausragende Aufnahme (produziert im Reitstadel von Neumarkt) besticht nicht nur durch das homogene Zusammenspiel der vier Streicher um Geigerin Alina Ibragimova, sie verbindet schon im Kopfsatz des sogenannten „Sonnenaufgang“-Quartetts alle denkbaren Stimmungen und Gegensätze.
Die vielen anschwellenden Laute, vibratoarm gespielt, wirken wie ständig neue Anläufe, wie offene Fragen, auf die die Forte-Passagen und die raschen Läufe Antworten zu geben versuchen. Man hört staunend elfenbeinerne, tastende Töne. Geheimnisvoll auch der zweite Satz, vergrübelt bis zum letzten Ton, bevor das lichte Menuett anhebt, das bewusst nicht in Scherzo-Nähe gerückt wird. Kein Wunder, dass Haydn im Finale (zunächst) kein Presto vorsieht, sondern mit einem eher verhaltenen Allegro beginnt.
Das Chiaroscuro Quartet stellt dieses Werk als einen Kosmos von Rätseln dar, teils andeutend, teils die vorhandenen Klarheiten umso befreiter aussprechend. Hier wird Haydns grandiose Kunst lebendig gemacht, nicht verharmlost. Die vier Musiker stellen seine Musik ästhetisch in eine Übergangsperiode, die nicht mehr allein der Klassik zuzuordnen ist, sondern sich weiter vorwagt, besonders in der „Fantasia“, dem Adagio aus dem letzten der hier eingespielten Quartette. Fahl, bewusst unsentimental und damit röntgenblickhaft scharf tritt jedes Detail hervor, ein Satz, der nur eine Groteske oder Humor als Antwort verdient. So geschieht es im Presto-Menuett. Hinhören! Dieses Album macht Freude.

© Vratz, Christoph / www.fonoforum.de