Ende der 60er Jahre trat Creedence Clearwater Revival in die Rockgeschichte ein und schöpfte seine Inspiration aus dem Blues, Rock'n'Roll und Soul des vorigen Jahrzehnts. Unprätentiös und abseits der Mode komponierten diese Pioniere des Roots-Rock eine beeindruckende Anzahl von Songs, die zu Klassikern wurden.

Best-of-Kompilationen von Creedence Clearwater Revival erscheinen oft als Doppelalben, denn diese Band hat so viele Hits und unvergessliche Songs geschaffen, dass es unmöglich ist, sie alle auf eine einzige Platte zu bekommen. Ein paar Zahlen: In den knapp fünf Jahren ihres Bestehens zwischen 1968 und 1972 veröffentlichten Creedence Clearwater Revival sieben Alben, platzierten ein Dutzend Songs in den internationalen Charts und schafften es, mehr Platten zu verkaufen als die Beatles. Der Bandleader John Fogerty hatte davon geträumt, ebenso bekannt und angesehen zu sein wie die Fab Four, deren Nachfolge Creedence in der Rockchronologie antrat. Und davon, zu den Gründungsmythen der amerikanischen Rockmusik, dem Blues und Rock'n'Roll der 50er Jahre, zurückzukehren. 

Als perfekte Anti-Rockstars wurden die Mitglieder von Creedence Clearwater Revival nie zu Posterboys oder Generations-Ikonen, aber ihre Roots- und Funky-Songs überdauerten die Jahrzehnte und gingen in das kollektive Gedächtnis ein. Born on the Bayou, Green River, Susie Q, Lodi, Bad Moon Rising, Feelin' Blue, Fortunate Son, The Midnight Special: Diese Songs – und viele andere, je nachdem, wie abhängig der Hörer schon ist – sind süchtig machende Pop-Rituale und Beschwörungen, die uns in Südstaaten-Fantasien entführen, in die Bayous von Louisiana, in die Sun Studios in Memphis aber auch in die schwarzen Viertel von Chicago, mit ein paar Beatles-Alben im Gepäck. 

Diese Musik ist ein Hirngespinst. Creedence, die ultimative Südstaaten-Synkretismus-Band, waren, als sie ihre ersten Songs aufnahmen, noch nie in den Süden gereist. Aber sie hatten viel davon geträumt und lange eine imaginäre Expedition geplant. Als 1968 ihr erstes Album herauskam, machten die Bandmitglieder schon seit zehn Jahren in einem Vorort von San Francisco zusammen Musik. Sie spielten zunächst unter dem Namen Blue Velvets und später unter dem der Golliwogs. Auf den Aufnahmen der Golliwogs hört man eine ganz anständige Garagenband, die so klingt wie tausend andere von den Beatles inspirierten Bands dieser Zeit. Wie kam es, dass einige Monate später aus den unscheinbaren Golliwogs die unvergleichlichen Creedence Clearwater Revival wurden, die ein wegweisendes Debütalbum schrieben, das der Band ihre ersten Hits einbrachte? Zunächst einmal, indem sie ihren Namen änderten. Creedence, nach dem Vornamen eines Freundes von John Fogerty. Das Wort "credence" bedeutet in gehobenem Englisch auch "Glauben" oder "Vertrauen". Creedence ist ein klangvolles, dichtes, dichterisches Wort. Clearwater stammt aus der Bierwerbung, bedeutet aber auch einfach "klares Wasser" und erinnert an eine saubere Quelle. Revival steht für die Wiedergeburt der Band nach den Golliwogs, mit einer religiösen Konnotation, die auf die Rituale der Baptisten verweist. Creedence Clearwater Revival, "Wiedergeburt aus dem klaren Wasser des Glaubens", bedeutet nichts Genaues (im Gegensatz zu Rolling Stones oder Velvet Underground), aber es öffnet viele Türen, vor allem in die Vergangenheit. Die Urversion von Creedence stammt – wir erinnern uns – aus den späten 50er Jahren. In dieses goldene Zeitalter wollte John Fogerty seine Band mit der neuen (Zauber-)Formel zurückführen: zum Original-Rock'n'Roll von Sun Records und dem Elektro-Blues von Chess

Das erste Album beginnt mit einer programmatischen Coverversion: I Put a Spell on You des skurrilen Screamin' Jay Hawkins, einer der ersten Rockgestalten, die Voodoo beschworen und vor allem darüber fantasierten, denn er stammte nicht aus New Orleans, sondern aus Cleveland, Ohio, im Norden des Landes. Während das Original von Screamin' Jay Hawkins aus dem Jahr 1956 eher komisch wirkt, ist Creedence' Coverversion beunruhigend, düster mit langen Acid-Gitarrenpassagen (die erste Strophe ist ein fast zweiminütiges Gitarrensolo), aus denen John Fogertys gequälte Stimme auftaucht: eine hellhäutige, langhaarige Rückkehr zum Blues. Dieser großartige Einstieg in die Diskografie der Band führt zum Höhepunkt des Albums, der auch der erste Hit von Creedence werden sollte, Suzie Q. Es ist wieder eine Coverversion, und zwar die eines bluesigen Rock'n'Roll-Klassikers aus den 50er Jahren, Susie Q von Dale Hawkins. Die Stones hatten ihn vier Jahre zuvor ebenfalls fantastisch gecovert. Aber Creedence führen ihn woanders hin, weiter, wie unter Hypnose, in einen psychedelischen Sumpf, wo die Gitarren blind voranschreiten und von einem obsessiven, fast krautrockartigen Rhythmus zurückgehalten werden, damit sie nicht explodieren. 1968 war das Emblem einer Epoche (der zweiten Hälfte der 60er Jahre), in der überall offensichtliche oder unterschwellige musikalische Revolutionen ausbrachen, von den unantastbaren Beatles, Hendrix, Velvet Underground, Dr. John, den Stooges oder Captain Beefheart – eine (fast) zufällige Auswahl, denn die Liste ist lang. In den acht Minuten von Suzie Q kann man das gesamte Panorama der Musik jener Jahre vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs und der Hippie-Revolution wahrnehmen. 

Creedence hätten aus dieser Inspiration im psychedelischen Zeitgeist Kapital schlagen können. Doch Fogertys sepiafarbener Schwarzweiß-Vision folgend, sollte die Band einen anderen Weg einschlagen: tief in den Bayou, zurück aufs Land, zu Tradition und Einfachheit (zumindest scheinbar), zu den Wurzeln. Wenn ihre Hippie-Zeitgenossen in San Francisco die Gegenkultur verkörpern, dann stehen Creedence für eine Gegen-Gegenkultur. Eine Rückkehr zu einer Kultur, die sich sogar ein wenig der Landwirtschaft annähert. Für diese Band, die zehn Jahre zuvor ihre ersten Samen gepflanzt und hart gearbeitet hat, war die Zeit der Ernte gekommen. Und sie war ein wahres Wunder.

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