Seit 2001 erinnern uns die Black Keys mit ihrem gradlinigen Sound, der auf jeglichen Schnickschnack und überflüssige Soli verzichtet, an den Ursprung des Blues. Zwei Musiker: wild, brutal, minimalistisch und unverblümt. Ein einmaliger Stil, den Dan Auerbach und Patrick Carney 20 Jahre lang weiterentwickelt haben, ohne jemals ihre Seele dem Teufel zu verkaufen, der am Mississippi-Delta ständig im Hinterhalt lauert. Zehn Songs zum Beweis.

I’ll Be Your Man (The Big Come Up – 2002)

Schon auf ihrem ersten Album, das im Mai 2002 erschien, konzentrierten sich die Black Keys mit sparsamen Mitteln auf das Wesentliche. Sie haben eine einfache und radikale Vorgehensweise gewählt (sie sind nur zu zweit: Dan Auerbach, Gesang und Gitarre, Patrick Carney, Schlagzeug und nutzen zwei Mikrofone, die an ein 8-Spur-Set im Keller angeschlossen sind), mit der sich das drei Jahre ältere Duo White Stripes an die Spitze katapultiert hatte, und die die Keys mit großem Respekt vor einer bestimmten Blues-Tradition handhaben. Nicht irgendeine Blues-Tradition. I'll Be Your Man (wie alle Titel auf The Big Come Up) folgt dem schmutzigen, cholerischen, gewalttätigen, sexuellen und rohen Blues, den Junior Kimbrough, R. L. Burnside und vor allem Meister Howlin' Wolf liebten. Der 22-jährige Auerbach grölt hier mit der gleichen Radikalität wie der legendäre Heulende Wolf. Ein Anti-Clapton-Blues, der den Lack, die Überfrachtung und alles andere sprengt, was das Genre zu schillernd machen könnte. Ein heruntergekommener Juke Joint, auf dessen Tür der Wirt mit roten Lettern geschrieben hat: "Keine Solos!". Vor allem finden wir bei diesen frühen Black Keys mehr Energie, Wahrheit und Rock als bei alle anderen sogenannten Blues-Bands. Und auch sextriefenden Soul, wie uns das anzügliche I'll Be Your Man einzuhämmern versucht.

Have Love Will Travel (Thickfreakness – 2003)

Ab ihrem zweiten Album betonten die Black Keys alles, was sie von den White Stripes unterscheidet. Der Underground-Blues aus zwielichtigen Spelunken und schäbigen Bordells. Das Erbe von Muddy Waters/Howlin' Wolf, aber von reichlich Garage Rock durchtränkt. Bei dem Wort Garage kommen Erinnerungen an Sonics auf, eine 60er-Jahre-Kultband aus Tacoma bei Seattle. Auerbach und Carney greifen hier eine ihrer berühmtesten Hymnen, Have Love Will Travel (eigentlich ein Song von Richard Berry, dem Autor von Louie Louie) in einer morastigen und sanften Coverversion auf. Auerbachs Gitarre ist an ein prähistorisches Fuzz-Pedal angeschlossen, das den Song noch schamanischer macht. Vor allem aber kultivieren die Black Keys hier mit Hilfe von Auerbachs ungefiltertem rauen Gesang ihren ganz eigenen Stil und Sound, urwüchsig wie aus dem 2000-Volt-Verstärker eines Mississippi Juke Joints. Das haben die Kids aus Akron im alten Industriestaat Ohio gut hinbekommen.

The Lengths (Rubber Factory – 2004)

Dan Auerbach schreit nicht, sein Gitarrensound ist nicht schneidend. Und Pat Carney bringt keine Mauern zum Beben. Ja, die Black Keys können auch aus ihrer Komfortzone herauskommen: In The Lengths zeigt das Duo aus Akron eine seltene Verletzlichkeit. Sein leicht rostiger und zutiefst poetischer Slide, die zerbrechliche Stimme, bekenntnishafte Lyrics – dieser ungewöhnliche Track bringt Rubber Factory zum Strahlen. Wie auch das Kinks-Cover Act Nice and Gentle – ein weiteres Highlight dieses dritten Albums – ist The Lengths mehr als nur ein Lückenfüller. Der Song zeigt die klanglichen Ambitionen der Keys, denen klar ist, dass sie sich nicht bis in alle Ewigkeit mit ihrem einfachen Status als Könige des Lo-Fi-Garage-Blues zufriedengeben können. Ein Meilenstein auf Rubber Factory, dem ersten Album, das als solches konzipiert wurde, mit einem Anfang, einer Mitte und einem Ende, und nicht nur als einfache Aneinanderreihung von Perlen... Dan Auerbachs klagender Ton in The Lengths ist weit entfernt von seiner üblichen Howlin' Wolf-Bissigkeit und von berührender Ehrlichkeit.

Keep Your Hands off Her (Chulahoma: The Songs of Junior Kimbrough – 2006)

Als wollten sie die Echtheit ihres Markenzeichens bezeugen, haben Auerbach und Carney dieses gesamte Mini-Album Chulahoma den Liedern eines ihrer Idole, des seligen Junior Kimbrough, einem Kollegen von R. L. Burnside, gewidmet. Seine letzten Alben sind bei Fat Possum erschienen, dem Label, bei dem auch die Keys ihr Debüt gemacht haben. Zuvor hatte das Duo Kimbrough auf dem Tribute-Album Sunday Nights - The Songs of Junior Kimbrough gefeiert. „Mit 18 ", erzählt Auerbach, "habe ich ständig Sad Days Lonely Nights angehört. Es ist ein erstaunliches Gitarrenalbum, von dem ich immer wieder Gänsehaut bekomme. Es war sehr schwer zu finden und ich war verrückt danach. Ich habe die Schule geschwänzt und den ganzen Tag in meinem Zimmer das Album gehört und dazu Gitarre gespielt. Später habe ich das Studium abgebrochen, aber weiter Musik gemacht." Das eröffnende Keep Your Hands off Her stellt Kimbroughs Konzeption vor. Danach verschmilzt dieses Intro aber mit den fünf folgenden Coversongs, die wie ein einziges Lied erscheinen. Wie ein langer Raga-Blues, der sich um den genialen Rhythmus von Carneys Schlagzeug windet. Eine einzigartige, hypnotisierende Trance ohne überflüssige Soli.

Same Old Thing (Attack & Release – 2008)

Mit der Wahl von Brian Burton, alias Danger Mouse, einem eher an die Rap-Welt gewöhnten Produzenten, für ihr Album Attack & Release, haben sich die Black Keys freiwillig ein wenig aus dem vertrauten Garage-Blues-Umfeld entfernt. Auf diesem ambitionierten Album, das im April 2008 erschien, erzählt Same Old Thing mit seiner leicht jazzigen und psychedelischen Flöte (gespielt von Ralph Carney, Pats Onkel) vom Fernweh des Duos aus Ohio. Ein Fernweh, das sich in Anklängen an Classic Rock, Soul und Psychedelic Rock Gehör verschafft. Das Gerüst dieses Songs ist ziemlich traditionell. Der Beat eher minimalistisch. Die Gitarre auch. Dan Auerbach steigert mit Beschwörungsformeln, die vom Lo-Fi-Led Zeppelin stammen könnten, nach und nach die Spannung. Indem er ständig "just the same old thing, just the same old thing" wiederholt, will er uns glauben machen, dass es sich hier um einen der unzähligen reinen Black Keys-Kreationen handelt, während seine Band den Juke Joint allmählich in ein stilvolleres Etablissement verwandelt. Aber zum Glück nicht in eine Lounge-Bar…

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