Eine EDM-Version von „Jingle Bells”, ein bluesiges „Lonesome Christmas” oder „White Christmas” auf einem Weihnachtsalbum („Happy Xmas"), war das schon lange Ihr Traum? Eric Clapton hat ihn wahr gemacht. Wenn sogar Bob Dylan mit der Tradition gebrochen hat („Christmas in The Heart”), warum nicht „Gott” selbst? Es ist bei weitem nicht das erste Mal, dass der bald 74-jährige englische Musiker sich vom mehr oder weniger traditionellen Blues entfernt…

Mit etwas Geduld finden wir ein paar Lieder, die wir am Kamin hören können, während wir auf den rot gekleideten Mann mit den vielen Spielsachen warten. Am 17. Dezember 1998, während der Clinton-Ära, war Eric Clapton im Weißen Haus und sang dort Christmas Tears. Ein Jahr später entdeckte man mit Erstaunen eine neue Version des Christmas Blues von Canned Heat mit Clapton an der Gitarre, wie auch von Merry Christmas Baby mit seiner ehemaligen Backgroundsängerin (und Partnerin) Sheryl Crow, sowie Santa Claus Is Coming to Town, die im selben Konzert aufgenommen wurden. Es war damals für einen guten Zweck, denn die Gewinne aus dem Album Very Special Christmas – Live from Washington DC wurden den Special Olympics (die Olympischen Spiele für Menschen mit geistiger Behinderung) gespendet.

Weihnachten 1964 beschloss Clapton, auf keinen Fall mit den Beatles zu rivalisieren. Die Yardbirds spielten als eine der vielen Eröffnungsbands beim Konzert Another Beatles Christmas Show und Clapton war über die hysterischen Fans und den Zirkus des Showbusiness entsetzt, bei dem die Musik kaum noch im Vordergrund stand. Die vier Jungs aus Liverpool, vor allem George, gewannen dennoch seinen Respekt und seine Freundschaft, da er spürte, dass sie es schafften, egal, was passierte, als Musiker eine solide Ethik zu bewahren.

Am 13. März 1965, während der Vorbereitungen zu seinem 20. Geburtstag, kündigte Clapton seinen Abschied von den Yardbirds an. Er begründete seine Entscheidung damit, dass er die Richtung ablehne, die die Gruppe mit For Your Love eingeschlagen hatte. Er wollte so nah wie möglich am traditionellen Blues bleiben und zog es deshalb vor, sich dem sehr puristischen John Mayall und seinen Bluesbreakers anzuschließen. Später sollte sein Rivale und Freund Jeff Beck, der seinen Platz bei den Yardbirds eingenommen hatte, spötteln: "Wir waren bereits in den USA auf Tournee, während er noch davon träumte, und wir verkauften Platten, während er mit Mayall vor acht Leuten in einem Club spielte… Ich dachte damals: Mann, wenigstens stehst du zu deiner Überzeugung! Und dann, ohne jede Vorwarnung, versetzte er uns allen mit Cream einen Faustschlag ins Gesicht!"

Der 50. Jahrestag des Abschiedkonzerts von Cream (die als erste Superband der Geschichte gilt) am 26. November 1968 in der Royal Albert Hall in London ist auch die Gelegenheit, daran zu erinnern, dass Clapton mit dem Trio weit davon entfernt war, sich nur auf den traditionellen Blues zu konzentrieren. Auch wenn es zunächst nicht ihre Absicht war, hat die Gruppe Cream den Weg für Hardrock, Fusion (eine Zeitlang Jazz-Rock genannt) und Progressive Rock bereitet und sich auch als eine der ersten mit dem aufkommenden Psychedelic Rock beschäftigt… Es war auch die Zeit, in der Clapton zu „Gott“ wurde. Nach dem viral gewordenen Graffiti an einer Hauswand in der Arvon Road (im Londoner Vorort Islington). Seitdem hat der angebliche Autor dieser Liebesbotschaft an den Gitarristen geschworen, dass er eigentlich „good“ schreiben wollte, aber schlecht in Rechtschreibung sei. Rechtschreibefehler hin oder her, dieser übertrieben schmeichelhafte Status hat Claptons Leben vergiftet, wie er mehr als einmal erklären wird: „Diesen Mythos „Clapton ist Gott“ habe ich immer als sehr belastend gefunden. Ich habe mich nie daran gewöhnt. Jahrelang tat ich so, als würde ich das überhaupt nicht ernst nehmen. Aber tief in meinem Innern hat es eine Menge Schaden angerichtet. Aus diesem Grund habe ich in den 70er Jahren versucht, mich zu verstecken und so wenig wie möglich dazu zu tun. Ich wollte den Mythos zerstören und ich glaube, ich habe es geschafft. Die Leute waren von meinen Auftritten auf der Bühne und meinen Platten sehr enttäuscht und hatten keine Lust mehr, mich für Gott zu halten.“

Ab den 70er Jahren waren es vor allem die Medien, die sich über die gefallene Gottheit ausweinten, sobald sie vom rechten Weg abwich und weit entfernt vom Land des Blues große Erfolge feierte: "Anfangs war diese Sache mit Gott Ausdruck tiefer Aufrichtigkeit. Sie war ein Zeichen der Zuneigung. Aber als der Begriff schwarz auf weiß in der Presse zu lesen war, erhielt er bald einen zynischen Beigeschmack. Warum ein solcher Groll? Wahrscheinlich, weil ich für einige Journalisten tatsächlich Gott war und es jetzt nicht mehr bin."

Nach und nach, vor allem von Seiten der Plattenfirmen, bei denen er unter Vertrag stand, interessierte man sich immer weniger für sein Gitarrenspiel und mehr für sein Gesangstalent. Und es war nicht der Blues, sondern seine neue Liebe zum Reggae, die ihm zu seinen ersten großen Erfolgen beim Radio verhalf, mit der Wiederaufnahme von Knockin' on Heaven's Door von Bob Dylan und vor allem von I Shot The Sheriff von Bob Marley, der ersten Nr. 1 seiner Karriere in den USA und in verschiedenen anderen Ländern im Jahr 1974.

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