Sie prägten ganze Generationen — und mussten erst pausieren, um zu verstehen, was sie voneinander haben. Fury In The Slaughterhouse verkörpern das niedersächsische Musikmärchen wie keine andere Band. Anlässlich ihres neuen Album “Hope” durften wir mit Gitarrist Christof Stein-Schneider über die außergewöhnliche Karriere der sechs Hannoveraner sprechen.

In den 80er Jahren kann man (vereinfacht) die deutsche Musikindustrie in zwei Lager teilen: die Neue Deutsche Welle und Fury In The Slaughterhouse. 1987 in Hannover gegründet, erreichten die sechs Jungs aus dem Norden einen einzigartigen Stellenwert in der deutschen Musiklandschaft. Ein auffälliger Bandname, englischsprachige Songs und eine Karriere, die über die nationalen Landesgrenzen hinausgehen sollte. An der Front stehen zwei Brüder — Kai (Gesang) und Thorsten (Gitarre) Wingenfelder — und neben ihnen ein Gespann aus leidenschaftlichen Musikern, darunter Christof Stein-Schneider (Gitarre), Rainer Schumann (Schlagzeug), Gero Drnek (Keyboard) und Christian Decker (Bass, seit 1996). Alle mit einem Ziel: Musik machen und unsere Miete bezahlen. Und dieser Wunsch geht schneller in Erfüllung, als sie sich denken können.

Doch je höher man fliegt, desto tiefer kann man bekanntlich auch fallen. Bis 2008 veröffentlichen die “Furys” ganze 13 Alben, bis es zur Trennung kommt. Ein Aus für alle Zeiten? Zum Glück nicht! Mit ein bisschen Abstand, Erfahrung und Alter treffen Fury In The Slaughterhouse zuerst 2013 und schließlich 2017 wieder aufeinander und starten in ihr zweites Bandkapitel - erfolgreicher und motivierter denn je. Nach Now von 2021, ihr erstes Album nach 15 Jahren, folgt nun der Nachfolger HOPE. Eine perfekte Gelegenheit, die Bandgeschichte zusammen mit Gitarrist Christof Stein-Schneider Revue passieren zu lassen und was die Furys heute für eine Rolle spielen.


Anfang dieses Jahres ist die Dokumentation Won´t Forget These Days – 35 Jahre Fury In The Slaughterhouse zu eurem Bandjubiläum erschienen. Wie kam die Idee dazu?

Das war ursprünglich die Idee von Ingo Scholl, einem Freund und Journalisten. Als wir langsam angefangen haben, wollten wir dann auch wirklich die Dinge zum Ausdruck bringen, die uns wichtig sind, die uns dahin gebracht haben, wo wir sind und die uns vielleicht auch an vielen Punkten im Weg gestanden haben. Insofern haben wir auch wenig Blätter vor den Mund genommen.

Es ist ja auch eine Art persönliche Aufarbeitung und man hat bestimmt auch viele Momente vergessen…

Ja schon, auf jeden Fall. Mein Gehirn funktioniert auch so, dass es eigentlich alles zur Seite legt, was unwichtig ist. Was gestern war, ist egal und das Jetzt ist wichtig. Aber wenn es dann mal anfängt zu suchen und die erste Schublade aufgeht, dann werden manchmal Dinge zu Tage befördert, die will man eigentlich auch gar nicht wissen (lacht). Aber es ist spannend, wir haben in den Jahren eine Menge erlebt. Gute und weniger gute Dinge.

Gibt es dabei ein bestimmtes Ereignis, das euch besonders geprägt hat?

Ich weiß noch, als wir damals aus dem Flughafen in New York gestiegen sind und uns das Taxi abgeholt hat, da lief unser Song Every Generation. Und wir meinten dann zum Fahrer: “Du musst jetzt extra wegen uns diesen Song anmachen”, und er meinte nur: “Nein, das läuft hier im Radio”. Es gab schon beeindruckende Momente, aber das können auch Momente sein, die später nicht immer toll waren, sondern einen fahlen Geschmack im Mund hinterlassen? Es war ok, die USA einmal ausprobiert zu haben, aber ich muss da nicht mehr hin.

Wie seid ihr denn überhaupt auf diesen Bandnamen gekommen?

Rainer, unser Schlagzeuger, und ich hatten eine Band und wir sollten ein Konzert im Jugendraum Godshorn spielen. Wir, also die heutigen Furys, haben auch schon zusammen gespielt - heutzutage nenne ich das “MoSuV”, Musik ohne Sinn und Verstand. Man stellt sich hin und spielt einfach los. Das hat so einen Spaß gemacht, dass wir gesagt haben: “Komm, wir spielen als Vorband!” Und im Grunde waren wir als Vorband besser als unser eigentlicher Mainact. Wir brauchten unbedingt einen Namen für die Vorband, weil der Jugendraum das Konzert ankündigen wollte. Rainer hat Kai angerufen und gefragt: “Wie nennen wir denn den ganzen Quatsch?”, und Kai meinte einfach: “Ist mir doch egal, mach einfach Fury In The Slaughterhouse.” Klingt natürlich wie eine schlechte Thrash-Metal-Band und ist zwar ein bisschen Etikettenschwindel, aber hat funktioniert. Den Namen sind wir dann nicht mehr losgeworden.

Es war von Anfang klar, wenn du uns zusammen in einen Raum stellst, entsteht etwas Besonderes und das ist immer so geblieben. Auch nach der langen Pause, als wir uns für die Shows 2017 in der Expo-Plaza in Hannover wieder trafen: Es war sofort klar, das klingt nach Fury. Das liegt natürlich an Kais Stimme, aber vor allem auch an dieser Zusammenstellung von Menschen, denen das Wunder zugestoßen ist, dass sie so einen Sound haben.

War es für euch selbstverständlich, von Anfang an auf Englisch zu singen? Besonders in einer Zeit, wo die Neue Deutsche Welle steil nach oben ging.

Man hat uns immer von allen Seiten gesagt: “Vergesst es mit dem Englisch, ihr habt keine Chance.” Aber genau die haben wir genutzt! Wir haben uns überhaupt nicht die Frage gestellt, weil alles, was wir an Musik geliebt haben und uns beeinflusst hat, war größtenteils englischsprachig. Es gab Ton, Steine, Scherben oder Udo Lindenberg, aber der Rest war U2, die Stones, etc. Ich habe mittlerweile auch deutschsprachige Projekte gemacht, aber die Sprache verändert die Musik. Wenn du Deutsch singst, machst du andere Musik. Es gibt Leute, die versuchen, die deutsche Sprache auf englische Musik zu bügeln, aber das funktioniert nicht wirklich. Du kannst sehr gute Musik auf Deutsch machen, aber es ist eben anders. Und insofern war das damals für uns überhaupt keine Frage.

War das damals auch schon die Intention, über Deutschland hinaus Erfolg zu haben?

Ich glaube, so weit haben wir damals gar nicht gedacht. Unser Ziel war es, zusammen Musik zu machen und unsere Miete davon zu bezahlen. Alles, was dann passiert ist, hat sich so ergeben — USA und der ganze Quatsch. Aber ich glaube, es ist ganz gut, dass es sich so entwickelt hat, weil so sind wir doch irgendwie noch ganz normale Mitglieder der Gesellschaft und nicht irgendwelche verrückten Affen.

Fury In The Slaughterhouse
Fury In The Slaughterhouse © Moritz Frankenberg
Unser Ziel war es, zusammen Musik zu machen und unsere Miete davon zu bezahlen. Alles, was dann passiert ist, hat sich so ergeben.

Eure allerersten Texte entstanden 1987 mit beispielsweise One good reason to go. Ihr wart noch keine 20 Jahre alt und habt schon so gesungen und gespielt, als ob ihr ein ganzes Leben lang Erfahrung hattet. Woher kam diese musikalische Reife?

Keine Ahnung, da musst du wahrscheinlich meine Mutter fragen (lacht). Es war immer klar, dass wir keine Lieder im Stil von “Li-la-lu, der Mann im Mond schaut zu” machen wollten. Wir haben schon immer das Gefühl gehabt, dass wir was zu sagen haben und das wollten wir umsetzen. Ich glaube auch, dass eine ideale Demokratie davon lebt, dass jeder klar und deutlich seine Meinung sagen kann. Das haben wir schon immer gemacht, wir sind jetzt keine Politkapelle geworden, aber es gibt einige Songs und Texte, die Kai geschrieben hat, die relativ zeitlos sind. So ein Song wie Every Generation findet immer wieder Anschluss oder auch Time To Wonder. Wir schreiben nicht über tagesaktuelle Themen, sondern interessieren uns mehr für global übergeordnete Sachen.

Ihr hattet einen rasanten Karriereaufstieg Anfang der 90er Jahre, es ging sogar für kurze Zeit nach New York und in die USA. In eurer Doku wird erwähnt, dass jedoch nicht-amerikanische oder englische Bands sehr schwer dort Halt finden und nicht wirklich akzeptiert werden. Siehst du das auch so oder hättet ihr einfach länger dort bleiben müssen, um Fuß zu fassen?

Ich glaube, wir hätten mindestens ein Jahr weiter touren müssen, dann wären wir vielleicht dort angekommen. Ich weiß aber nicht, ob ich das überlebt hätte. Und dann geht es auch um Themen wie Kulturidealismus. Wenn wir uns heutzutage die Kultur weltweit anschauen, ist alles amerikanisch. Filme, Musik, soziale Medien — die ganz großen können davon leben, aber für den Rest der Welt bleibt wenig übrig. Auf der anderen Seite ist natürlich so ein Phänomen wie Rammstein, die mit ihrer Leni Riefenstahl-Ästhetik um die Ecke kamen, extrem erfolgreich. Auch in Japan oder anderen Ländern, aber das sind Ausnahmen. Deshalb stimmt es schon, dass man als Nicht-Amerikaner (die Engländer können vielleicht noch ein bisschen mitreden) es schwer hat, angenommen zu werden. Aber es muss auch nicht immer alles global sein, ich liebe die Unterschiede zwischen den Menschen und zwischen den Kulturen und ich finde, es ist ein Drama, dass dies immer mehr verloren geht.

Mit Anfang oder Mitte 20 denkt man aber wahrscheinlich noch nicht so…

Ich sag mal so, es gab natürlich auch Druck von der Plattenfirma und außerdem waren wir auch allmählich an einem Punkt, wo wir als Band nicht mehr funktioniert haben, weil wir einfach so viele Jahre durchgeballert haben. Und dann ist es eben auch so, wenn Träume wahr werden, fangen die Probleme erst an. In dem Moment, als wir angefangen haben, wussten wir genau, wo wir hin wollen: unsere Miete bezahlen und Musik machen. Und als wir dann das erreicht haben, stehst du plötzlich da und das Ziel ist weg und dann musst du dich neu orientieren. So fing es an, dass wir uns auseinanderdividiert haben, obwohl die Band dann noch weitere 14 Jahre gehalten hat, weil natürlich die Miete schließlich auch davon bezahlt wurde. Aber eigentlich war der Spirit, wie er am Anfang war, bereits nach Mono oder spätestens bei The Hearing and the Sense of Balance weg.

2008 erfolgte der große Cut, die Bandauflösung. War diese Pause für euch notwendig?

Im Nachhinein war es auf jeden Fall notwendig. Hätten wir diese Pause nicht gemacht, würde es uns heute nicht geben. Und ich empfinde uns gerade als die besten Furys, die es bis jetzt gab. Damals waren wir aber in einer Situation, in der wir uns nur noch gestritten haben, und ich bin eines Tages einfach aufgestanden und habe gesagt: “So Jungs, ich gehe.” Was mir hinterher aufgefallen ist, ich hatte seit längerer Zeit eine Gesichtsrose und die war dann nach einer Woche plötzlich weg. Das war für mich höchstes Eisen, das Ganze zu beenden. Und als dann 2017 die Shows bei der Expo-Plaza kamen und wir wieder in kürzester Zeit angefangen haben zu proben, war dieses Fury-Gefühl sofort wieder da. Und dann schaut man sich an und denkt sich: “Was war damals eigentlich?” und stellt fest, dass es sich auch ganz viel um Ego-Quatsch gehandelt hat. Diese Dinge vergisst man tatsächlich.

Fury In The Slaughterhouse
Fury In The Slaughterhouse © Olaf Heine

2017, zum Anlass eures 30-jährigen Bestehens, habt ihr bei den Klassentreffen-Konzerte in der Expo-Plaza in Hannover gespielt, das erste große Comeback nach eurer Trennung. Wie war es für euch, diese Entscheidung zu treffen, wieder zusammen auf der Bühne zu stehen?

Wir hatten das Klassentreffen-Konzert in Hannover bereits 2013 schon einmal gespielt, was Wolfgang Besemann, der damalige Chef von Hannover Concerts, zu verdanken ist. Und das wollte er 2017 zur 30-Jahrfeier wiederholen. Natürlich waren unsere Konten, muss man auch ehrlich sagen, mittlerweile relativ geplündert und insofern haben alle gesagt: “Joa, warum nicht”. Dann ging für den ersten Abend der Vorverkauf los und war innerhalb weniger Stunden ausverkauft, genauso wie für die beiden anderen Shows. Das hat uns gezeigt, wie sehr wir den Leuten am Herzen liegen und dass wir ein paar Songs geschrieben haben, die tatsächlich immer noch Bedeutung haben. Ich meine, was gibt es schöneres für Musiker, als dass du Songs geschrieben hast, die die Leute lieben. Wir haben uns angeschaut und wussten auch nicht mehr, was damals eigentlich los war.

Und dann kam Holger, unser Manager, um die Ecke und meinte: “Jungs, jetzt habt ihr schon für diese drei Shows geprobt, soll ich nicht noch ein paar Festivals für euch organisieren?” Und dann meinte wir: “Ja, warum eigentlich nicht?” Und dann fing das Ganze wieder an und besser als je zuvor! Wir haben echt eine Menge gelernt, jeder hat in der Zeit auch mal seinen eigenen Kopf durchgesetzt und seinen eigenen Kram gemacht. Aber seitdem bin ich mir auch nie mehr sicher in Dingen. Insofern: Das Leben geht die eigenen Wege, da kann man sich Sachen vornehmen, wie man möchte, das funktioniert nicht.

Es folgte ja dann auch relativ schnell euer erstes Album nach 13 Jahre ‘Now’...

Das war auch wieder Holgers Idee. Nach den ersten Konzerte und der Tour meinte er zu uns: “Wenn ihr nicht eure eigene Nachwuchs-Nachspiel-Band werden wollt, dann müsst ihr neue Platten machen.” Aber eigentlich war immer die Studiozeit das Problem, das hat nie Spaß gemacht oder inspirierend, das war immer ein Gezerre. Bereits bei Platten wie Mono. Holger hat uns aber dann den Produzenten Vincent Sorg (Die Toten Hosen, Donots, Broilers) vorgestellt. Vincent erzählte uns, er plant nie Studio-Session, die länger als fünf Tage dauern, da bei Musikern und Musikerinnen spätestens nach dieser Zeit die Bereitschaft, etwas gut zu finden, massiv nachlässt. Und dabei hat er genau den Punkt getroffen. Wir waren das erste Mal bei ihm, haben einen Song geschrieben und ihn aufgenommen und eine Woche später schickte er uns den Mix und alle waren begeistert. Das war alles ein ganz natürlicher Fluss und so haben wir entschieden, bald darauf HOPE zu machen, weil es einfach Spaß macht und kreativ ist.

HOPE behandelt, wie der Name schon andeutet, gesellschaftliche Themen. In Zeiten, in denen wir selbst im “sicheren Europa” extreme Krisen spüren. War euch das wichtig?

Auf jeden Fall, das ist auch eine Aufforderung an mich selber, ehrlich gesagt. In der Corona-Zeit gab es diese Frage, ob Kunst und Kultur systemrelevant sind und was natürlich im Kapitalismus nicht der Fall ist, denn wir kosten Geld. Aber wir sind systemrelevant für das Zusammenleben der Menschen. Wenn wir zusammen singen, haben wir keine Angst. Und wenn wir keine Angst haben, können wir uns überlegen, was es für Perspektiven gibt. Ansonsten sitzt man wie ein ängstliches Kaninchen vor einer Schlange und kann sich nicht bewegen. Im besten Fall tritt man nach rechts und links und schlägt die Nachbarn tot, denn so würde man überleben, das sehen wir ja in jeder Ecke. Aber unsere Systemrelevanz gibt es beispielsweise bei Konzerten, wenn wir uns gegenseitig die Angst nehmen und uns überlegen, wo können wir helfen? Deshalb kam auch die Idee zur Kampagne “Hoffnung verändert alles” im Rahmen von dem neuen Album HOPE, wo wir gemeinnützige Organisationen vorstellen. Genau darum geht es: Beweg dich! Wir können die Welt nicht retten, aber wir können Sie verbessern. Das Wichtigste, was wir für Frieden und gegen Faschismus tun können, ist, tolerant zu sein, die Welt bunt anzustreichen und uns um die Nachbarn und Nachbarinnen zu kümmern, die es nötig haben. Und dabei können Musik und Kultur allgemein einen großen Teil beitragen. Wir funktionieren als Menschen zusammen, das haben wir leider aus den Augen verloren.

Euer “zweites” Bandkapitel fällt auch in die Zeit der Corona-Pandemie.

Bei mir steht am 14. März 2020 im Kalender “Science-Fiction”. Und klar, wir konnten für unser letztes Album Now keine richtige Promo machen, aber wir wollten trotzdem unsere Musik veröffentlichen und zeigen, dass wir da sind. Was wir aber nach der ganzen Zeit nicht vergessen sollten, ist, dankbar dafür zu sein, was wir hier in diesem Teil der Welt machen dürfen. Und dass das nicht selbstverständlich ist, was uns unser Leben lang geschenkt wurde und es sich dafür lohnt zu arbeiten. Mein Freund und Journalist für die taz, Bernd Gieseking, hat vor kurzem über unsere Generation (geboren in den 60er Jahren) geschrieben: “Wir sind die ‘Generation GG’ - ‘Generation Glück gehabt’”. Das Glück, am richtigen Ort zur richtigen Zeit geboren worden zu sein. Wir haben das Glück, mittlerweile rüstige, alte Herren oder generell ältere Menschen geworden zu sein, denen es immer noch gut geht. Viele von meinen Generationskollegen und -kolleginnen vergessen das. Die sitzen da und bezeichnen Kinder, die sich auf die Straße kleben und für Klimaschutz protestieren, als Terroristen. Ich finde es teilweise wirklich unverschämt, wie sie sich benehmen, und die Meinung hätten, es müsse alles immer so weitergehen. Diese Leute hätten die Gelegenheit gehabt, sich zu informieren oder etwas zu bewegen und Sie haben nichts gemacht. Und jetzt stellen sich hin und schlagen auf diejenigen ein, denen die Zukunft wegschwimmt. Bernd hat schon Recht, wir sind die “Generation GG” und das verpflichtet uns auch dazu, zu versuchen, dieses Geschenk weiterzugeben, auch wenn man manchmal über seinen eigenen Schatten springen muss.

Nach all den Jahren und der Pause, war euch bewusst, was für eine große Fangemeinde ihr hattet und was für ein musikalisches Erbe ihr in den 90er und 2000er Jahren hinterlassen habt?

Nein, überhaupt nicht. Wie gesagt, das war diese Zeit damals, wo wir einfach nur “gemacht” haben — eine Sache nach der nächsten. Teilweise waren wir 100 Tage im Jahr auf Tour, zwischendurch ging es darum, eine Platte zu machen, Songs zu schreiben, zu touren und ganz viel Bier zu trinken. Das ist mir ehrlich gesagt erst später, 2017, aufgefallen und ich dachte mir: “Das ist ja irre, was drei Akkorde so alles anrichten können.” Jetzt stehen ganz viele kleine Kinder vor der Bühne und gucken mir beim Spielen auf die Finger und ich kann das alles weitergeben. Und da ich mir als Lebensziel gesetzt habe, wenn ich es schaffe, jeden Tag einem Kind die bürgerliche Karriere zu verderben, dann bin ich ganz zufrieden.

Das Interview wurde geführt von Lena Germann, 25. Juli 2023.