Mitte der 1980er-Jahre entscheidet sich George Michael, eine Solokarriere zu starten, obwohl er mit Wham! bereits den Gipfel des Ruhms erreicht hat. Sein Soloprojekt soll ihn mit Hits wie Faith oder Freedom’ 90 zu einem Weltstar machen. Er scheint sich auf diesem neuen Weg in eine männliche und reife Ikone zu verwandeln. Durchläuft er aber dabei eine Metamorphose nach allen Regeln der Kunst?

In der Plattenindustrie spricht man oft von einer Karriere à la George Michael (“Doing a George Michael”), wenn sich ein nationaler Teenie-Star in einen internationalen Künstler verwandelt. Der Werdegang desjenigen, der dieser Bezeichnung seinen Namen gab, durchlief eben diesen Prozess, indem er sich von seinem Duo mit Andrew Ridgeley (Wham!) zu einem weltweit erfolgreichen Solosänger entwickelte. Während dieses Wandels, der ungefähr von 1984 bis 1987 dauerte, vollzog sich eine Metamorphose, die man fast schon als jugendliche Pubertät bezeichnen kann, während er sich von den unschuldigen und zuckersüßen Zeiten mit Wham! verabschiedete und sich in eine Persönlichkeit verwandelte, die spiritueller und sexueller wurde und sich auch kleidungstechnisch abzugrenzen versuchte.

Am 4. November 1982 erschienen Wham! mit dem Titel Young Guns (Go for It) zum ersten Mal in der TV-Kultsendung der BBC Top of the Pops, mit dem George Michael einen für die 80er typischen Flow Rap zu einen Disco-Funk-Beat an den Tag legte. Das Duo, dessen Bekanntschaft auf ihre Collegejahre zurückgeht, wurde schnell zu einem gesellschaftlichen Phänomen. Die beiden Jungs hatten sich früh mit ihrer lässigen, selbstverständlichen Attitüde und ihrem Look abgehoben: bei Georgios Kyriacos Panayiotou (alias George Michael, nur 19 Jahre alt) war es die Jeans ohne Socken sowie die offen getragene Lederweste ohne Ärmel auf seinem glatt rasierten Oberkörper, was für Aufsehen erregte. Die Presse sprach von “hard time chic” (Eleganz in harten Zeiten). Nach einer Reihe von erfolgreichen Singles veröffentlichte die Band 1983 ihr erstes Album Fantastic mit derselben Post-Disco-Atmosphäre, gefolgt von einer ungewöhnlichen Tournee - nur ein DJ begleitete sie und in der Mitte des Konzerts wurde ein Kurzfilm gezeigt. 1984 brachten Wham! ihr zweites Album (Make It Big) heraus, dem eine Single vorausging, die zum Leit-Song der Platte wurde: Wake Me Up Before You Go-Go, ein Hit mit Retro-Feeling, der direkt aus dem Motown-Katalog zu stammen schien.

Inmitten dieses Hypes erschien im Juli 1984 ein Song, auf dem George Michael seinen Partner in den Schatten stellte (Andrew Ridgeley trat nur als Co-Writer auf). Careless Whisper war der erste Schritt zur Emanzipation des Sängers, der seine ultrakurzen Shorts und lachsfarbenen Sweatshirts gegen eine dunkle Jacke, ein weißes Hemd und kurze Socken eintauschte. Dieser Stehblues, der von einer andalusischen Gitarre und einem heißen Saxophon getragen wird, ist Lichtjahre von der Frivolität der 50er-Jahre in Wake Me Up Before You Go-Go entfernt. Der Dirigent und Pädagoge Johan Farjot ging sogar so weit, dass er Ähnlichkeiten zwischen der elegischen Klangfarbe von Careless Whisper und der Melancholie des Interludes V aus Claude Debussys Pelléas et Mélisande feststellte. Nach dem Jahr 1985, in dem Wham! zahlreiche Konzerte gaben (darunter zwei besonders medienwirksame Auftritte in China), löste sich die Band auf, denn George Michael hatte den Entschluss gefasst, eine Solokarriere anzustreben.

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