Mit der Aufnahme in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit am 16. November 2010 erkannte die Unesco den Flamenco offiziell als universelle Kunst an. Die Organisation der Vereinten Nationen verlieh damit dem canto jondo (dem unverfälscht innigen Gesang des Flamencos) eine zeitgenössische Tragweite, die über seine geschichtlichen und ethnischen Ursprünge hinausgeht.

Der Flamenco präsentiert sich nach wie vor in bester Form und hat seltsamerweise einen hohen Stellenwert in Kulturen – zum Beispiel in Japan – die im Prinzip nicht dazu tendieren, auf künstlerischer Ebene starke Gefühle gleichermaßen zum Ausdruck zu bringen; außerdem gelang es ihm, sich im kommerziellen Bereich von Musik und Tanz einen festen Platz zu verschaffen. Nach dem Dahinscheiden von Paco de Lucía und Enrique Morente, zwei der wichtigsten Vertreter des Flamencos in Spanien, traten mittels denkwürdiger Einspielungen und großer Tourneen weitere Namen ins Rampenlicht des aktuellen Panoramas; aber tagtäglich ertönen auch neue Stimmen, die sich das rhythmische Erbe der beiden verstorbenen Vorgänger einverleibt haben. José Mercé (Doy La Cara, Warner Music 2016) oder Diego „El Cigala“ (Indestructible, Sony Music 2016) gehören unter den neuen Talenten zu den derzeit bekanntesten Figuren, und das Publikum empfängt sie alle mit offenen Armen. Denken wir doch an Alba Guerrero (Seda y Esparto, Taller de Musics, 2015), Maloko (Maloko, Universal Music 2017) oder Kiki Morente (Albayzín, Universal Music 2017), die zu jenen Künstlern zählen, die in Spanien oft im Radio, auf Festivals und in Theatern zu hören sind und die dieser Tradition, die schon so viele Generationen geprägt hat, mit ihrem originellen Konzept ein neues Dasein verschaffen. Es handelt sich um talentierte Künstler, welche die Erfahrungen glorreicher Interpreten wie Rafael Riqueni, Miguel Poveda oder Pepe Habichuela zu nutzen wussten.

Eine der größten Errungenschaften des Flamencos besteht in seiner Fähigkeit, sich dieser neuen Dimension auf dem Markt anzupassen, dadurch dass er verschiedene musikalische Ausdrucksweisen verarbeitete, die sich glücklicherweise zusammengefunden haben, um gemeinsam weiter zu existieren. Die Kluft zwischen reinstem Flamenco und Verschmelzen neuer Tendenzen hat dadurch für den Gesang und die Gitarre noch nie dagewesene Ausdrucksweisen möglich gemacht. Alfredo Tejada, der soeben die "Lámpara Minera" (Lampe der Bergbauarbeiter), den ersten Preis des alljährlich im Bergbaugebiet von La Unión (Murcia) stattfindenden Festivals del Cante de las Minas erhielt, gab dies in einem Interview zu verstehen: „Ich bin zwei oder drei Mal um die ganze Welt gereist und ich habe mit so großen Ensembles wie denen von Eva Yerbabuena, La Lupi, Antonio Gades und Mario Maya zusammengearbeitet. Der Flamenco hat internationales Ansehen“. Und dieses Interesse an neuen Einflüssen hat gleichzeitig so außergewöhnliche Musiker wie B.B. King und Raimundo Amador (auf Bollere, Auszug aus Noche de Flamenco y Blues, Universal Music 1998), Dave Holland und Pepe Habichuela (Hands, Universal Music 2010) oder Pat Metheny und Enrique Morente (Sueña la Alhambra, Virgin 2005) zusammengeführt.

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