Wohl kaum einer anderen Jazzformation ist es gelungen, zu einer solch eigenständigen musikalischen Identität zu finden wie dem schwedischen Trio E.S.T. Mit dem Tod ihres Pianisten Esbjörn Svensson vor zehn Jahren endete die internationale Karriere dieser einzigartigen Band abrupt.

“We come from Stockholm“ – mit diesem kargen Satz stellte Esbjörn Svensson sich und seine beiden Bandkollegen stets dem Publikum vor. Das stimmte jedoch so nicht ganz: Vermutlich wollte Svensson es den Zuhörern ersparen, darüber nachzudenken, wo um Himmels willen denn nun Skultuna oder Östersund auf der Karte zu finden sind. Dabei liegt vermutlich gerade in der Herkunft der drei Musiker die Erfolgsformel begründet, mit der sie den europäischen Jazz über viele Jahre beherrschen konnten. In der schwedischen Provinz hatte man alle Zeit der Welt, Freundschaften zu pflegen und gemeinsam einen eigenen Sound zu entwickeln.

So stellt man sich gemeinhin einen Skandinavier vor: etwas wortkarg, spröde, ein wenig träge. Auch wenn wir uns hier nicht um Klischees bemühen wollen - viele Worte wollte Esbjörn Svensson tatsächlich nicht um seine Musik machen: Sie stehe für sich, wie er stets betonte. Und so ganz konnte er den medialen Hype um das Esbjörn Svensson Trio, der mit den Jahren sogar Pop-ähnliche Dimensionen annahm, wohl nie nachvollziehen. Der Pianist reagierte immer leicht amüsiert, wenn sich die Kritik bei jeder Plattenveröffentlichung in Lobeshymnen erging: „Für uns drei ist das im Grunde nichts Besonderes, wir machen die Musik, die sich ja meinetwegen auch entwickelt hat, doch schon so lange zusammen.“ Doch tat sich eine gewaltige Schere zwischen dem auf, was Esbjörn Svensson über seine Musik zu sagen wusste, und dem, was tatsächlich live auf der Bühne zu erleben war.

1964 als Kind einer musikalischen Familie geboren, wuchs Svensson mit den Tageshits der Popmusik auf. „Um ehrlich zu sein, eigentlich spiele ich nur Klavier, weil wir kein anderes Instrument zu Hause hatten. Schlagzeug wäre mir lieber gewesen", bekannte er einmal, „aber dann kam mein Freund Magnus [Öström] mit seinen Trommeln an - und ich blieb beim Klavier.“ Der strikte Blick auf das Neue, auf noch nicht bearbeitete Improvisationsflächen wurde offenbar schon in dieser Zeit geschärft, und dass er nicht durch herkömmliche pädagogische Sichtweisen eingeschränkt wurde, kann im Nachhinein nur als glückliche Fügung bezeichnet werden. „Wir hatten zunächst keine Ahnung, wie das ging, Musikmachen, aber es machte Spaß. So konnte sich unser Stil über lange Zeit auf sehr individuelle Art entwickeln, weil wir Lehrer hatten, die uns in unserem Drang, etwas Neues zu erkunden, nur noch ermutigten. Niemand hat uns vorgeschrieben, wie wir etwas zu tun hätten“, so Svensson. Einer von Svenssons Klavierlehrern, Anders Caringer, kann dies bestätigen: „Offenheit, gepaart mit unbändiger Neugier auf die unendlichen harmonischen, disharmonischen, rhythmischen und klanglichen Möglichkeiten, haben ihre Musik geformt. Störende musikalische Regeln und Erwartungen schoben sie einfach beiseite und schufen damit Neues.“

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