Verpassen Sie nicht die besten Musik-Neuerscheinungen aus allen Genres, jeden Monat von unserer Qobuz-Redaktion für Sie zusammengestellt.

Rock & Alternative

Die Astrologie würde in diesem Januar eindeutig sagen, dass das Jahr 2024 unter dem Zeichen des Überflusses steht. Bereits am 5. Januar erhielt die irische Newcomerband Sprints unsere Qobuzissime-Auszeichnung für ihr Debütalbum Letter to Self, eine energiegeladene Mischung aus Garage-Punk und ausgefeilten Texten. Kurz darauf veröffentlichte Bill Ryder-Jones nach fünfjähriger Abwesenheit sein Meisterwerk des orchestralen Pops auf Iechyd da — was er seiner walisischen Heimat widmet.

Gegen Mitte des Monats folgte dann die große Indie Rock-Lawine: Die Soupergroup The Smile kehren mit ihren erhabenen Arrangements und Sounds auf Wall of Eyes zurück, das bereits seit dem Sommer durch drei Singles angeteasert wurde; Ty Segall fügte seiner umfangreichen Diskografie das hervorragende Three Bells hinzu und die amerikanischen Future Islands brachten uns mit dem synthetischen People Who Aren’t There Anymore weiter zum Tanzen. Am selben Tag schmelzen unsere Herzen für das Folk-Juwel in drei Akten, The Pilgrim, Their God and the King of My Decrepit Mountain, des Londoner Quintetts Tapir! dahin. Eine lichtvolle Odyssee mit Chören und Streichern, die uns ans Herz geht und die wir Ihnen wärmstens empfehlen.

Auch dürfen sich alle Fans des amerikanischen Punk Rock freuen — Green Day sind zurück mit ihrem neuen Album Savior! Auch zwanzig Jahre nach ihrem legendären American Idiot bringen die drei Kalifornier so direkt wie nie ihre Aversion gegen das heutige Amerika zum Ausdruck. Neben viel Lärm und Krawall klingt der Monat jedoch etwas ruhiger aus. Maria Hackmann präsentiert uns ihr neues Projekt Big Sigh und Tom Odell erfreut uns mit seinem neuen Black Friday.

Jazz

Ein üppiger Jahresbeginn im Jazz, mit dem Höhepunkt des Monats Januar in diametral entgegengesetzten Genres: Der virtuose Minimalismus der koreanischen Sängerin Youn Sun Nah im Duett mit dem Keyboarder Jon Cowherd auf Elles, die neue Platte der amerikanischen Avantgarde-Gitarristin Mary Halvorson an der Spitze ihres wunderbaren Sextetts Amaryllis mit Cloudward, die erste epische und fusionierende Platte der jungen französischen Band Bada-Bada Portraits und last but not least das Generationen-Spiel zweier deutscher Klaviertitanen, Michael Wollny & Joachim Kühn mit Duo.

Zwei ECM-Produktionen haben ebenfalls unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen: Die zarte zweite Platte The Blue Land des französischen Saxophonisten Matthieu Bordenave sowie die traumhafte und sinnliche Reise des norwegischen Trompeters Arve Henriksen im Duo mit Harmen Fraanje auf Touch of Time. Im Bereich des modernen US-Jazz veröffentlichte der Pianist Ethan Iverson im Trio sein zweites Projekt Technically Acceptable für das Label Blue Note und die Saxophonistin Amanda Gardier ihr drittes Album als Leaderin rund um die Welt des Filmemachers Wes Anderson (Auteur: Music Inspired by the Films of Wes Anderson).

Das deutsche Label ACT Music präsentiert das neue groovige Werk des jungen Altsaxophonisten Jakob Manz, Answer, Star der neuen deutschen Welle, und in einem eher kammermusikalischen Register das Gipfeltreffen zweier großer Figuren des polnischen Jazz, des Geigers Adam Bałdych und des Pianisten Leszek Możdżer auf Passacaglia. Als krönenden Abschluss dieser Weltreise präsentierte der brasilianische Gitarrist Fabiano do Nascimento und der amerikanische Saxophonist Sam Gendel in The Room eine inspirierende Neuinterpretation von Volksliedern aus verschiedenen Regionen Südamerikas. Die Universalität des Jazz in all seinen Facetten!

Electronic Music

Der französische Produzent Fakear zog 2024 als Erster die Reißleine des neuen Jahres mit seinem neuen Album Hypertalisman, auf dem er zu seinen Wurzeln zurückkehrt, zwischen gedämpften Beats, gechoppten Vocals und gruseligen Synthies. In England veröffentlichte das von Gilles Peterson geführte Label Brownswood eine EP des ghanaischen Multiinstrumentalisten Delasi, Audacity of Free Thought, ein Projekt, das seinem Namen alle Ehre macht und an der Grenze zwischen Jazz, Soul, Hip-Hop und elektronischer Musik angesiedelt ist, wie beispielsweise auf dem wunderbaren Track Amplifier mit dem Saxophonisten Nii Noi Nortey. Und das Kölner Duo Blank & Jones erfreut uns mit zwei EPs seiner #WhatWeDoAtNight 4-Serie.

Ebenfalls hörenswert ist das neue Album LIBEROSIS des produktiven Canblaster, einem ehemaligen Mitglied des Club Cheval, der das Jahresende 2023 bereits mit seinem Mixtape GENESIS geprägt hatte. Ein eher kontemplatives Album in drei Kapiteln, dessen ACT 1 im Januar erschien und von Steve Dub, dem Toningenieur der Chemical Brothers, gemischt wurde. Schließlich wurde Lou Reeds letztes Album, Hudson River Wind Meditations, im Januar vom legendären Label Light in the Attic neu aufgelegt. Eine Gelegenheit, ein Ambient-Album in Form einer spirituellen Reise zu endecken, fernab von den turbulenten Rockjahren des Velvet Underground-Frontman.

Klassik

Das Jahr 2024 wird mit keinem geringeren Ereignis als dem Neujahrskonzert der Wiener Philharmonikern eröffnet. Dieses Mal durfte Christian Thielemann die Führung übernehmen und überraschte mit einem auserwählten und neu aufgelegten Programm, darunter Karel Komzáks Erzherzog-Albrecht-Marsch und Anton Bruckners Quadrille WAB.121, die anlässlich des 200. Geburtstages des Komponisten aufgeführt wurden. Mit einem eleganten Eindruck schließt die Aufnahme von Les Béatitudes, einem etwas in Vergessenheit geratenen Oratorium von César Franck, an. Am Pult steht Gergely Madaras, der neue Leiter des Orchestre Philharmonique Royal de Liège.

Auch kehrt die Koryphähe des Konzertklaviers Elisabeth Leonskaja zu ihrem historischen Label Warner Classics zurück und präsentiert eine Auswahl von Konzerten von Schumann und Grieg — ein vielseitiges Programm rund um die Romantik und Postromantik, das von dem traditionellen Spiel der Pianistin geprägt ist. Auch sollten Sie nicht die bezaubernde und intime Aufnahme des Geigers Gidon Kremer bei ECM New Series verpassen. Zusammen mit seinem Kammerensemble Kremerata Baltica und der Sopranistin Vida Miknevičiūtė präsentiert er uns — teilweise Ersteinspielungen — von baltischen Komponisten wie Giedrius Kuprevičius und Jēkabs Jančevskis sowie des polnischen Künstlers Mieczysław Weinberg, wobei der Violinist selbst seinen jüdischen Wurzeln und Verbindung zum Norden auf den Grund geht.

Gegen Ende des Monats erschien bei Sony Classical die Cellistin Sol Gabetta, diesmal im Duo mit ihrem langjährigen Pianopartner Bertrand Chamayou für ein Doppelalbum mit einem reichhaltigen und abwechslungsreichen Repertoire, das Mendelssohns Konzertvariationen mit modernen Ausflügen wie die Romanzen ohne Worte von Heinz Holliger, Wolfgang Rihm und Francisco Coll verbindet. Außerdem sollten Sie sich bei Bru Zane die vergessene Oper Fausto von Louise Bertin nicht entgehen lassen, ein echtes romantisches Juwel, das hier von den virtuosen Musikern von Les Talens Lyriques und dem Flemish Radio Choir präsentiert wird. Schließlich überrascht uns die amerikanische Sopranistin Joyce DiDonato mit einer kurzen EP, auf der sie sich Wagners Wesendonck Liedern widmet.

Metal & Hard Rock

Klassische Fans des Heavy Metal können sich über die Rückkehr von Saxon mit Hell, Fire And Damnation freuen, zwei Jahre nach dem erfolgreichen Carpe Diem. Ebenfalls im Vintage-Stil, aber mit mehr Hardrock, veröffentlichte die kriminelle Vereinigung Russell / Guns ihr erstes Album Medusa, eine Begegnung zwischen der Stimme von Great White und der Gitarre von L.A Guns. Wer sich nach dem tanzbaren Metal mit Neo-Konturen von Static-X sehnt, wird sich neugierig und fasziniert mit Project Regeneration, Vol. 2 beschäftigen, dem zweiten Band aus der Schublade, der Songs enthält, die mit dem verstorbenen Schöpfer und Sänger Wayne Static und der Originalbesetzung der Band aufgenommen wurden.

Die australische Band Caligula’s Horse, die sich auf dem Höhepunkt ihrer Kunst befindet, kehrt mit Charcoal Grace zurück, einem Beweis für ihre perfekte Beherrschung eines Registers, das sie dank eines echten Sinns für Melodien zugänglich machen kann. Nach einem flammenden Debütalbum sollte man sich auch das vielversprechende Album Fission von Dead Poet Society nicht entgehen lassen, eine Art gekonnter Mix aus Alternative Rock, ultra-schweren Riffs und Pop-Akzenten, die stets im Gleichgewicht sind.

Blues, Country, Folk

Wir starten ins Jahr mit einer guten Nachricht, nämlich der Rückkehr des Amerikaners Ramsay Midwood. Wir erinnern uns an Shoot Out at the OK Chinese Restaurant, sein Debütalbum aus dem Jahr 2000, eine perfekte Synthese aus bluesigen Americana und Boogie, im Stil von JJ Cale aus dem Bayou. Seitdem ist es etwas ruhiger um Midwood geworden, der sich hauptsächlich in Austin und in seinem Hauptquartier, der Musikbar Sam’s Town Point, herumtreibt. Dort hat er nun das Live-Album Manchaca Eyeball aufgenommen, das hoffentlich erst der Anfang vieler weiterer Projekte sein wird.

Ebenso authentisch und mit Feelgood-Energy ist Justin Golden aus Virginia, der auf seinem Debütalbum Golden Country, Volume 1 den akustischen Folk-Blues auffrischt. Als Band eingespielt und vom Piedmont-Blues und Bluegrass inspiriert, ist dies die Art Musik von altem, rostfreiem Topf, in dem die besten Suppen gekocht werden. Und da diese Platte den Untertitel Volume 1 trägt, kann man sich schon auf die zweite Ausgabe freuen. Ebenfalls in der Bluesabteilung, aber um aufzuwachen und sich ein wenig zu ärgern, kann man auf The Hard Line zählen, das neue Album des Mundharmonikaspielers und Sängers Chris O’Leary. In der reinen Tradition des elektrischen Chicago-Blues, voller Emotionen und mit einem Kribbeln in den Beinen.

Rap

Ein neues Jahr, ein neuer Regen von Veröffentlichungen im amerikanischen Rap! Angefangen mit dem neuen Album von Kevin Gates, einem melodischen Blockbuster, mit allem Drum und Dran. The Ceremony hebt sich von seinen ersten beiden Alben abhebt, ist aber zweifellos sein introspektivstes. Außerdem veröffentlichte 21 Savage das zynische American Dream, das immer noch von der Vergangenheit seines Autors geplagt wird, der inmitten des Erfolgs immer wieder nach dem Licht sucht. Sicherlich eines seiner besten Projekte bis heute. Schließlich macht Kid Cudi seinem Ruf als unklassifizierbarer Künstler mit dem sehr erfolgreichen Album Insano alle Ehre, das zwar von Kanye West beeinflusst ist, aber auch viel über die existenziellen Fragen des in Cleveland geborenen Künstlers aussagt, der weniger optimistisch und mehr von Selbstzweifeln geprägt ist als wir ihn kennen. Zuletzt sollte der deutsche Rapper OK Keemo auf keinen Fall vergessen werden. Bereits mit seinem Album Mann Beisst Hund hat er die deutsche Hip-Hop-Szene aufgemischt, jetzt legt er mit Fieber einen ehrwürdigen Nachfolger vor.

Deutsche Musik

“Es ist Weltuntergang, unsre Tage sind gezählt” — mit diesen Worten eröffnet Enno Bunger sein neues Album Der beste Verlierer. Der ostfriesische Singer-Songwriter tritt in seinem neuen Projekt weitaus sozialkritischer auf und widmet sich brandaktuellen Themen wie dem Ukraine-Krieg, der Klimakrise oder dem aufsteigenden Rassismus, ummantelt in seinen wunderbaren traurigen Pop und lyrischen Worte. Weitaus fröhlicher geht es da bei der Live-Version live-haftig Loreley von Peter Maffay aus dem Jahre 2013 zu, die Sie direkt in die tobende Zuschauermenge versetzt. Schließlich veröffentlichte Andreas Dorau, Kind der Neuen Deutschen Welle, passend zu seinem 60. Geburtstag sein neues Album Im Gebüsch, das uns mit ironischen Elektro-Popstücken und Touristen-Englisch den Herzen höher schlagen lässt.