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Jazz

Die Jazzauswahl im Februar bot einen wunderbaren Querschnitt der vielfältigen Möglichkeiten, die die neue Generation von Musikern und Musikerinnen im kanonischen Trio aus Klavier, Bass und Schlagzeug für sich nutzen konnte. Von Vijay Iyers formalistischem und virtuosem Ansatz auf Compassion über die lyrischen und schlichten Skizzen der Norwegerin Liv Andrea Hauge bis hin zu den atmosphärischen Klangbildern des jungen französischen Trios Rouge mit Vermeilles und den subtilen, kontrollierten Ausflügen in die elektronische und repetitive Musik der Schweizer Gruppe divr (Is This Water) wurde einmal mehr die ewige Fähigkeit des Jazz, sich zu erneuern, hervorgehoben. Darüber hinaus lieferte uns der Schlagzeuger und Komponist Ches Smith, der an allen Abenteuern der US-Avantgarde-Jazz-Szene teilgenommen hat und an der Spitze einer herrlich hybriden Mini-Big-Band steht, mit Laugh Ash ein wahres kleines Meisterwerk formaler Erfindungsgabe, ähnlich wie Joe Gallardo zusammen mit der SWR Big Band auf It Is What It Is.

Weitere Prototypen, die die Grenzen des Genres sprengen, waren die Begegnung zwischen dem Produzentengenie Carlos Niño und dem Saxophonisten und Veteranen des libertären Free-Jazz Idris Ackamoor auf Free, Dancing... sowie Sean Ono Lennons wunderschöne Klangballade Asterisms an der Grenze zwischen Post-Jazz, Rock und elektronischer Musik. In einem traditionelleren, aber ebenso inspirierten Register bestätigte die neue CD des Vibraphonisten Joel Ross seine führende Stellung im neuen Blue Note-Team; und das Black Art Jazz Collective deklinierte die Verführungen eines modernen Post-Bop-Jazz von schöner Machart. Zum krönenden Abschluss durften wir den britischen Rockstar Rod Stewart erleben, der einen Ausflug in die Welt des Swing unternommen hat und dabei vom Jools Hollands Rhythm and Blues Orchestra begleitet wurde… Es lebe der Retro-Charme!

Klassik

Was die Klassik angeht, so gab es im Februar einen Fokus auf das Klavier, mit einigen Veröffentlichungen, die sowohl durch ihre Vielfalt als auch ihre Tonqualität glänzen. Darunter fallen zwei Nachwuchstalente, mit der bemerkenswerten Tiffany Poon und ihrem wunderschönen Schumann-Porträt Diaries auf Pentatone — das Projekt wird auch seitens der Deutschen Welle gefördert und mit einer Dokumentationsreihe über den Komponisten begleitet — sowie Mao Fujita, der ein leuchtenden und intimes Album mit Bach-Transkriptionen bei Sony Classical veröffentlichte. Das Highlight des Monats war jedoch unumstritten das unermüdliche Duo der Labèque-Schwestern, die Klaviersuiten aus den Opern der Cocteau-Trilogie von Philip Glass wiedergaben. Maria und Katia Labèque sind bestens mit Glass’ Werk vertraut und gehören zu den aktivsten Botschafterinnen seiner Musik.

Für Liebhaber und Liebhaberinnen von Liedern und Melodien ist das wunderschöne Laws of Solitude von Asmik Grigorian sicherlich ein Muss. Die litauische Sopranistin interpretiert unter anderem Four Last Songs von Strauss als Diptychon und stellt eine Orchesterversion eine Version mit Klavierbegleitung gegenüber. Auch sollte Sie die aufstrebende russische Cellistin Anastasia Kobekina genauer im Auge behalten, die sich auf Venice der italienischen Hafenstadt und ihrer glorreichen musikalischen Geschichte, von Vivaldi bis Caroline Shaw, widmet. Ähnlich wie der junge Violinist Théotime Langlois de Swarte, der ebenfalls Stücke des großen barocken Komponisten auf Vivaldi: Concerti per una vita vorstellte.

Darüber hinaus beendete Gianandrea Noseda seinen großen Zyklus der Beethoven-Symphonien zusammen mit dem National Symphony Orchestra aus Washington, Sir Simon Rattle und das LSO präsentierten Janáčeks Oper Katya Kabanova mit einem Staraufgebot an Solisten und Solistinnen und zum Gedenken des kürzlich verstorbenen japanischen Dirigenten Seiji Ozawa veröffentlichte Warner Classics die Best-Of Compilation Seiji Ozawa: A Celebration.

Electronic Music

Techno und Blasmusik auf einem Album? Nichts leichter als für die selbsternannte Techno Marching-Band Meute, die mit ihrem vierten Album EMPOR zurück ist! Auf einzigartige Weise präsentiert uns das elfköpfige Ensemble aus Hamburg zehn Clubhits, gepaart aus Eigenkompositionen und Reworks, auf denen Deep House-Sounds auf live gespielte Big Band-Musik treffen und uns auf eine hypnotische Reise entführen. Mit weniger Trompeten, dafür umso härteren Beats, konnten wir auch einen der Urväter des Genres, Jean-Michel Jarre erleben, der zum 400-jährigen Jubiläum des Schlosses Versailles letzten Jahres eine “hybride Konzert- und Showkreation” konzipierte, die auf VERSAILLES 400 LIVE festgehalten wurde.

Dazu sollten Sie einen Blick auf das neue Album der kanadischen Produzentin und Sängerin Allie X werden. Mit weitaus mehr Pop und 80s-Synth-Vibe ist Girl With No Face nicht nur ein Album für den Dancefloor, sondern eignet sich auch bestens fürs Mitsingen im Auto oder Soundtrack zum Aufräumen. Ähnlich Energie gibt es bei Boris Blank, einem Teil des Duos Yello, der nach jahrelanger Pause zurück ist und mit Resonance die Herzen seiner neuen und alten Fans sicherlich weiterhin erobert. Weitaus ruhiger und düsterer geht es da schon bei Karl Bartos zu, einer weiteren Ikone elektronischer Musik, der von 1975-1991 Teil von Kraftwerk war. Jahrzehnte nach seinem Ausstieg veröffentlichte der Veteran nun die Filmmusik The Cabinet of Dr. Caligari zum gleichnamigen deutschen Stummfilm des Regisseurs Robert Wiene aus dem Jahr 1920, der als einer der Schlüsselwerke des expressionistischen Kinos gilt. Bartos’ Soundtrack ist dazu gedacht, während des Films selbst gehört zu werden, da alle Tracks mit den Szenen synchronisiert sind.

Rock & Alternative

Dem trüben und grauen Februarwetter wurde glücklicherweise durch einige Veröffentlichungen ein gewisser Charme verliehen. A Life Long, das fünfte Album der minimalistischen amerikanischen Komponistin Kali Malone, formt abstrakte Ebenen, in denen die Zeit endlos zu vergehen scheint. Die eher für ihre Orgelarbeiten bekannte Künstlerin, die mittlerweile in Stockholm lebt und arbeitet, sucht hier nach anderen Texturen, die mehr Choral- und bläserlastig sind. Ebenfalls im Norden bot Sarah Assbring alias El Perro Del Mar ein Gothic-Album von gefrorener Schönheit. Hinter dem gruseligen Cover antwortete Big Anonymous auf die Überlegungen zum Tod der schwedischen Sängerin, die hier einen elektronischen Weg einschlägt, der ihrer sehr organischen letzten Platte entgegengesetzt ist.

Eine andere Band, die eher mit Spannung erwartet wurde, sinniert über die Kostbarkeit des Lebens: MGMT. Mit Loss of Life wandte sich das amerikanische Tandem einem nüchternen und reflexiven Pop zu, weg vom Dark Pop von Little Dark Age und hin zum Britpop und Folk der 70er Jahre. Auch etwas weicher, aber keineswegs weniger tiefgründig können wir IDLES mit TANGK erleben, die sich von ihren Jugendsünden abwenden und nun einer wohlwollenden und verbindenden Kraft öffnen: der Liebe. Den ganz großen Hype stellte jedoch eine Newcomerband aus England dar: The Last Dinner Party! Die zu 100% weibliche Band veröffentlichte ihre erste Platte Prelude To Ecstasy — ein episches Album à la Glamrock und David Bowie, das ihnen eine strahlende Zukunft verspricht.

Hard Rock & Metal

Der Februar war ein Monat voller Kontraste, der von kreativen Künstlern geprägt wurde. Einer der brillantesten ist zweifellos Isahn, dessen gleichnamiges Konzeptalbum in zwei Versionen, Metal und Symphonic, vorgestellt wird. Diejenigen, die auf barbarischen und brutalen Death Metal stehen, werden die Rückkehr von Job For A Cowboy mit Moon Healer, zehn Jahre nach ihrem letzten Studioalbum, genießen. Melodischer, aber immer noch zwischen Metalcore, Thrash und Death angesiedelt, kehrten Darkest Hour mit ihrem Perpetual Terminal in den Vordergrund zurück. Fans von solidem Hardrock und eingängigen Melodien konnten sich Ace Frehleys 10,000 Volts zuwenden, ein Album, auf dem der ehemalige Gitarrist von Kiss beweist, wie sehr er die Kunst des Riffs und die Wissenschaft der eingängigen Melodie beherrscht. Schließlich hat uns der Rockgitarrist Mick Mars bewiesen, dass es auch ein Leben nach der Band gibt, die ihn an die Spitze gebracht hat, und der mit The Other Side of Mars einen großen Wurf landete.

Blues, Country, Folk

Hello I’m Britti, das Debütalbum der Amerikanerin Britti, wurde Anfang des Monats mit einem Qobuzissime-Award ausgezeichnet und bahnt sich seinen ersten Weg durch die internationale Blues-Welt. Die wohlschmeckende Mischung aus Soul und Country passt perfekt zu einem Menü wie das 1975er Album der Franzosen Malted Milk, die Meister in der Kunst des Retro-Soul in Seide im Stil von Al Green sind.

Was den Country-Bereich angeht, sind elektrische Schläge bei Chains & Stakes der Kanadier The Dead South garantiert. Mit dabei sind Alternativer Bluegrass, der traditionell in der Form bleibt, aber im Geiste den Rock’n’Roll ehrt und alle Fans zum Pogotanzen begeistern wird. In einem noch rockigeren Register, gepaart mit Country- oder Desert-Rock, können Sie Waiting for the Piano to Fall des Engländers Nick Wheeldon mit in einen Western voller Erinnerungen erleben, aus dem Sie gar nicht mehr herauskommen wollen.

Und die Grundlage für all das oben Genannte findet sich in Song Keepers: A Music Maker Foundation Anthology. Eine üppige Box mit 85 Titeln amerikanischer Roots-Musik, die in den 30 Jahren der Tätigkeit der Music Maker Foundation aufgenommen wurden (die Musikern und Musikerinnen in prekären Situationen hilft und einige Phänomene ans Licht gebracht hat). Nicht verpassen!

Soul und R&B

Für den R&B im Februar stand der Ur-Star des Genres — Usher — im Mittelpunkt, der zudem die Halbzeitshow des Super Bowl bestritt und gleichzeitig sein zehntes Album, Coming Home, vorstellte. Andere Künstler und Künstlerinnen sollten deswegen jedoch auf keinen Fall außer Acht gelassen werden, wie Brittany Howard, Sängerin der amerikanischen Band Alabama Shakes, die ihr zweites Soloalbum mit dem Titel What Now veröffentlichte, auf dem Prince’ Geist schwebt, an der Schnittstelle zwischen synthetischen 80′s-Sounds, Soul, aber auch einem völlig unbelasteten Rock.

Nachdem serpentwithfeet 2018 mit dem Album Soil sein Debüt gab und 2021 mit Deacon seinen internationalen Durchbruch feierte, kehrte der ungezügelte elektronische Soulproduzent nun mit dem großartigen Grip zurück. Ein eigentümlich lustvolles Projekt, das die zeitgenössischen R&B-Codes aufruft, sie immer wieder dekonstruiert und sich im Gegensatz zu ihren Vorgängern an Sinnlichkeit und Clubmusik orientiert.

Deutsche Musik

Was lokale Musikneuheiten angeht, so kommt auch der Februar sicherlich nicht zu kurz. Aus der deutschen Hauptstadt lässt Sänger, Entertainer, Schauspieler und Podcaster Olli Schulz von sich hören. Als Allroundtalent, das in alle Facetten passt, ist er auf seinem neuen Album vor allem eines: Musiker. Auf Vom Rand der Zeit philosophiert Schulz über das Dasein im Allgemein, Anekdoten aus dem Leben und Szenen kleiner Beobachtungen, die durch seine ausgefeilten Texte die Platte alles andere als flach erscheinen lassen. Darüber hinaus können wir Schulz als Feature auf Stoppoks neuem Album Teufelsküche erleben. Der Hamburger hat eine beachtliche Gästeliste auf seiner neuen Platte eingeladen, mit Fortuna Ehrenfeld, Alin Coen und Cäthe, die diesen klassischen Blues-Trip, gepaart mit satirischen Texten, perfekt abrunden. Nicht weniger poetisch folgt den beiden Dota Kehr, die ihre Reihe der Text-Vertonungen von Mascha Kaléko auf Die vielgerühmte Einsamkeit fortsetzt und der deutschen Schriftstellerin weiterhin alle Ehre macht.

Was die neue Generation angeht, sollten Sie auf keinen Fall den aufstrebenden Musiker aus Chemnitz, SKUPPIN, verpassen. Mit seinem Debüt RELIQUIEN driftet er ab in einen düsteren 80s-Synth-Sound, unterstützt durch seine kräftige und tiefe Stimme. Daneben wirkt MINE fast wie Mainstream, obwohl Deutschpop heute nur noch selten so qualitativ und kunstvoll zu finden ist. Mit Baum präsentiert sie uns eine vielseitige Platte, geprägt von intimen Texten, lyrischen Streicherklängen sowie einer soliden Produktion und die nach ihrem Vorgänger und Pandemie-Album HINÜBER als neuer Hoffnungsträger auftritt.