Nach sechsjähriger Abwesenheit, die vom Tod ihrer beiden Eltern Miúcha und João Gilberto stark geprägt war, veröffentlicht die brasilianische Sängerin "Agora", ein wunderschönes Comeback, das Bossa-Nova und elektronische Arrangements mit luftigem Jazz paart...

Bebel Gilberto mit erhobenem Kopf auf dem Cover von Agora, das ist kein Zufall. Diese Platte half ihr, sich in einer bedrückenden Phase ihres Lebens über Wasser zu halten, als sie nacheinander ihren besten Freund und ihre Mutter im Jahr 2018 verlor - die Sängerin Miúcha, der ihr Vater, legendärer Sänger und Gitarrist Joao Gilberto nur sechs Monate später ins Jenseits folgte. Unterstützt wurde sie von ihrem Produzenten und nahestehenden Freund, dem Amerikaner Thomas Bartlett alias Doveman (Sufjan Stevens, Norah Jones, Anna Calvi…) und so behielt Bebel ihr Ziel klar vor Augen, um uns nun eine Platte zu präsentieren, die zwar weniger zugänglich ist als Tanto Tempo, mit der sie vor zwanzig Jahren zum ersten Mal von sich reden machte, dafür jedoch wohl nuancierter und reifer. Das Bossa-Nova-Erbe ihrer Eltern ist immer noch herauszuhören, die harmonischen, luftigen und jazzigen Elektroarrangements stehen im Vordergrund, aber ihr Gesang ist bewegter, unbeschwerter und lebensfroher.

© Luigi & Iango

So gut (Tão Bom), deklamiert sie in ihrem recht heiteren, leidenschaftlichen Intro, auf den der in der Gegenwart verankerte Albumtitel folgt (Agora, was „jetzt“ bedeutet). Die Tracks reihen sich ganz natürlich aneinander und mit Improvisation und der sich daraus ergebenden energiegeladenen Freiheit verleiht ihnen Bebel einen besonderen Schwung. Wie die virtuose Trompete einer coolen Jazz-Combo ist ihre Stimme zu einem freien Instrument geworden, mit dem sie die Melodien ausschmückt. In Na Cara („Im Gesicht“) steht sie einem anderen zur Legende gewordenen Kind gegenüber, Mart'nália, der Tochter des großen Samba-Musikers Martinho da Vila. Darauf folgt Deixa, eine erste, sich wie Champagnerbläschen verflüchtigende Single. Aber das Beste kommt noch. O Que Não Foi Dito („Das, was nicht gesagt wurde“) bildet letzten Endes ein wunderschönes Gleichgewicht zwischen Ernst und Unbeschwertheit, mit fast martialisch regelmäßigem Trommelrhythmus, verträumtem Arrangement und herzzerreißendem Gesang. Zum Schluss geht es mit Teletransportador in Richtung Wolken, wo Bebel Gilbertos Gesang, abgedreht mechanisch untermalt und retrofuturistisch angehaucht, mit einer sehnsüchtigen Melodie an uns vorbeizieht, zärtlich und aufrichtig.

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