Anlässlich der Blue Note-Veröffentlichung "Here It Is: A Tribute To Leonard Cohen" blickt Qobuz auf die zehn besten Lieder von Leonard Cohen zurück. Nach fünfzig Jahren Karriere hat der Kanadier und einer der berühmtesten Songwriter, der 2016 von uns gegangen ist, weit mehr als 10 bemerkenswerte Songs geschrieben. Qobuz hat für Sie die Songs zusammengetragen, die die künstlerische Entwicklung des Sängers am besten beschreiben - von Suzanne (1967) bis You Want It Darker (2016).

Suzanne, 1967

Weil es der erste Song überhaupt war und auch der erste Song des Albums Songs of Leonard Cohen. Einige hatten den kanadischen Sänger zum ersten Mal auf einer alten Schallplatte gehört, bei der es so schien, als würde das Knistern zur Musik gehören. Ein Jahr zuvor hatte die Folk-Sängerin Judy Collins Suzanne aufgenommen, aber mit der Version ihres Lieblingssongwriters war es Liebe auf den ersten Blick, eine Liebe, die ewig dauerte. Es handelt sich bei Suzanne um genau dieselbe Matrix seines Stils, die Cohen mehr oder weniger bis zum Ende beibehält: einige fortlaufende Arpeggien in der Gitarre, Frauenchöre, ein leichter Klangteppich an Streichern und diese elegante Stimme bei tiefstem Gefühl der Desillusionierung. Es ist eine einzigartige Weise mit Melancholie umzugehen, von der man letztlich abhängig wird. Während man Suzanne im Kopf behält, klingt das ganze Album Songs of Leonard Cohen wie aus einer anderen Zeit. Das einzig vergleichbare Album, das ebenso außergewöhnlich ist, sollte das erste Album von Velvet Underground sein, das im Frühjahr des folgenden Jahres erscheint. Weder das eine, noch das andere Album haben großen Erfolg bei der Veröffentlichung erfahren, aber sie haben Geschichte geschrieben.

The Partisan, 1969

Auf Cohens zweitem Album, Songs from a Room,, ist The Partisan der einzige Song, bei dem man einen Frauenchor hört, (was uns schon beim ersten Album eingenommen hat), der aber drei Strophen auf Französisch singt. Dieser Song wurde nicht von Leonard Cohen geschrieben, sondern von Anna Marly (1943) und ist eine Hymne der französischen Résistance während des Zweiten Weltkriegs. Cohen, den man damals noch für einen coolen Hippie-Sänger hält, taucht in diesen Song ein, als hätte er selbst im Krieg gekämpft. Mit dieser Version, die in Nashville aufgenommen wurde, die aber weit entfernt von den Konventionen des Country liegt, kreiert Leonard Cohen den hypnotisierenden Soundtrack eines Schwarz-Weiß-Films, der einem Gänsehaut bereitet.

Famous Blue Raincoat, 1971

Bei Famous Blue Raincoat handelt es sich möglicherweise um seinen besten Song, der auf dem Album Songs of Love and Hate erschienen ist, denn Cohen war zunächst ein Dichter, ein singender Autor und dieses literarische, poetische Werk erweckt beim Hörer eine gewisse Vorstellungskraft. Die Frauenchöre sind kaum hörbar, so als ob sie niemanden aufwecken sollen. Das Arpeggio in der Gitarre ist ebenfalls vorhanden, aber viel langsamer und sporadischer. Es ist 4 Uhr morgens, Ende Dezember und Leonard Cohen schreibt diesen Song wie einen Brief, den er mit der Unterschrift “Sincerely, L. Cohen” versieht. Der Text ist verschlüsselt, aber die Interpretation ist so feinfühlig und bemannt, das er mit diesem Brief jeden erreicht. Dies ist das Genie des Kanadiers: die Seele zu berühren und dennoch mit eleganter Kälte Distanz zu bewahren. Zu bemerken ist ebenfalls, dass Dolly Parton im selben Jahr, 1971, ihren späteren Klassiker Coat of Many Colors herausbrachte, ein Meisterwerk, das ebenfalls eine gesungene Erzählung darstellt. Ein großes Jahr!

Chelsea Hotel #2, 1974

Sie bewohnte das Chelsea Hotel, Zimmer 411. Er war in Zimmer 424. Eines Tages im Frühling von 1968 trafen sie sich im Aufzug. Dann im Bett. Und Ende der Geschichte. Drei Jahre später starb sie an einer Überdosis Heroin und er schrieb die ersten Verse eines Songs, der an sie erinnern sollte. Die Musik wurde in einem Flugzeug auf dem Weg von den Staaten nach Irland komponiert. Sie war Janis Joplin. Im Text wird ihr Name nicht genannt, aber der Komponist erzählte es der Presse 1976, was er auch sofort wieder bereute. Ob vor dem Hintergrund der wahren Geschichte oder nicht, Chelsea Hotel #2 aus dem Album New Skin for the Old Ceremony ist einer der simpelsten, schönsten und zerbrechlichsten Songs von Leonard Cohen, der so klingt, als wäre er am nächsten Morgen der gemeinsamen Liebesnacht aufgenommen worden, als sie Geliebte verschwunden war und er die Geliebte seines Lebens wiederfand: die Einsamkeit.

Don’t Go Home with Your Hard-On, 1977

“Geh nicht mit nem’ Ständer nach Hause”: Im Jahr 1977 hätte man einen solchen Titel eher von einer Punkgruppe erwartet als von Leonard Cohen. Möglicherweise war er dieses Image des ernsten und düsteren Sängers leid, das seit zehn Jahren wie ein Etikett auf ihm klebte und so machte er sich auf dem Album The Death of a Ladies' Man (Der Tod des Mannes einer Frau!, produziert vom Star-Produzenten Phil Spector) über sich selbst lustig. Selbst das Cover kündigt eine Veränderung an: mit zwei Traumfrauen beim Cocktail an einem Tisch sitzend und einem Leonard Cohen, der verschmitzt grinst. Don’t Go Home with Your Hard-On ist wie eine Party, die in vollem Gange ist, mit der Stimme eines Suffkopfs, Cohen, und mit Bob DylanAllen Ginsberg und Chören. In einer Version von Rhythm’n’Blues am Ende des Abends ist es einer der festlichen Songs seiner Diskographie. Es sei nur nebenbei bemerkt, dass der Rocker und Produzent Greg Ashley 2013 das komplette Album in einer Coverversion neu aufnahm.

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