Unter Polizeischutz sind sie angekommen. Aufgeteilt in kleine Gruppen, aus Sicherheitsgründen. Die israelischen Musikerinnen und Musiker in kugelsicheren Fahrzeugen des deutschen diplomatischen Corps in Jerusalem. Als sie, von palästinensischen Polizisten eskortiert, am Kulturpalast in Ramallah eintrafen, da sagte Daniel Barenboim einen Satz, mit dem er unzählige Male zitiert worden ist: „Das Unmögliche ist leichter zu erreichen als das Schwierige.“ Festgehalten im Dokumentarfilm Knowledge Is The Beginning.

Junge Musiker aus Israel und den Palästinensergebieten. Ein geschichtsträchtiger Moment

Es ist der 21. August 2005, und am Abend wird ein Konzert des West-Eastern Divan Orchestra stattfinden. Junge Musiker aus Israel, den Palästinensergebieten, dem Libanon, Syrien, Jordanien, Ägypten vereint auf einem Podium im Westjordanland. Ein geschichtsträchtiger und emotionsgeladener Moment. Für die Musikerinnen und Musiker. Für das Publikum, das am Ende stehend applaudiert. Und für Daniel Barenboim, dessen Einsatz für Verständigung zwischen Israelis und Palästinensern hier einen symbolträchtigen Höhepunkt erreicht. Der „Divan“ sei das wichtigste Projekt seines Lebens, hat er bei einer Probe gesagt. Ein Orchester kann zwar keinen Frieden bringen. Aber Begegnungen ermöglichen. Die Bereitschaft wecken, den Standpunkt des anderen zu verstehen. Und einen Weg zu jenem gegenseitigen Verständnis bahnen, das einen Friedensprozess überhaupt erst denkbar erscheinen lässt.

Der 11-jährige Barenboim ist ein Phänomen“, heißt es in einem Empfehlungsschreiben von Furtwängler

Rückblende: Salzburg 1954. Ein kleiner Junge in kurzen Hosen, mit seinen Eltern aus Tel Aviv gekommen, wird einem berühmten Dirigenten vorgestellt. Bereitwillig setzt er sich ans Klavier, er liebt es, vorzuspielen. Der Dirigent, Wilhelm Furtwängler, ist beeindruckt. Lässt ihn Proben besuchen. Lädt ihn ein, mit den Berliner Philharmonikern zu spielen. Was Vater Barenboim ablehnt: Zu früh erscheint es ihm, kaum zehn Jahre nach dem Ende des Nazi-Regimes, mit seiner jüdischen Familie nach Deutschland zu reisen. Furtwängler versteht. Und verfasst ein Empfehlungsschreiben. „Der 11-jährige Barenboim“, heißt es da, „ist ein Phänomen“ ... Es wird Daniel Barenboim in den folgenden Jahren viele Türen öffnen. Und Wilhelm Furtwängler, der „Anti-Schubladen-Musiker“, der kenntnisreiche Freigeist unter den Dirigenten, wird ihm zeitlebens ein Vorbild bleiben.

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