Anlässlich des 20. Jahrestages der Veröffentlichung ihres Films "Virgin Suicides" lässt Qobuz einige der großen musikalischen Momente in Sofia Coppolas Filmografie Revue passieren, die durch ihre Zusammenarbeit mit dem Duo Air oder auch Thomas Mars von der Gruppe Phoenix entstanden sind.

Bei den Coppolas ist Musik Familiensache. Bestimmte Szenen der eindrucksvollen Filmografie von Francis Ford Coppola sind dank der Musik zu Kultszenen geworden. Aus der Reihe der Komponisten, mit denen er direkt zusammengearbeitet hat, sind Nino Rota für Der Pate (1972), John Barry für Peggy Sue hat geheiratet (1986), oder auch Carmine Coppola (sein Vater) für Die Outsider (1983) zu nennen. Bei Kinogängern haben vor allem bereits existierende Musiken einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. Wer erinnert sich nicht an The End der Gruppe Doors im mythischen Apocalypse Now (1979), oder auch an den Walkürenritt von Richard Wagner in der Szene mit dem Hubschrauberangriff im selben Film? Dieser kleine Rückblick auf die Beziehung Francis Ford Coppolas zur Musik ist für das nun Folgende nicht unwichtig. Denn seine Tochter Sofia folgt einer ähnlichen Vorgehensweise, indem sie mit Leidenschaft Original-Soundtracks und bekannte Musikstücke bunt zusammenmischt. Und wie auch ihrem Vater, so könnte man ihr manchmal vorwerfen, dass sie im Verhältnis zum Film etwas zu „offensichtliche“ Stücke auswählt, ohne große Risiken einzugehen. All diese Musiken sind zwar schön und passen wunderbar zu den Bildern, würden aber mit ihrer emotionalen und populären Überzeugungskraft bestimmt auch in jedem anderen Film wirken!

In diesem kleinen Überblick über den Einsatz der Musik bei Sofia Coppola werden wir uns hauptsächlich mit der populären Filmmusik zu Virgin Suicides beschäftigen, die bei Qobuz besonders gut vertreten ist: zusätzlich zu der Originalversion bieten wir eine Deluxe-Version an, die 2015 mit 25 Titeln herausgekommen ist. Die Musik zu den anderen Filmen von Sofia Coppola sind eher verstreut präsentiert (siehe unsere Playlist weiter unten). Der Film Virgin Suicides, der 1999 herauskam, erregt wegen seiner anspruchsvollen Form und auch wegen seiner Aussage, die von vielen als feministisch angesehen wird, große Aufmerksamkeit. Die Geschichte handelt von fünf Schwestern, die in einer Vorstadt der amerikanischen Mittelschicht leben und die am Ende des Films Selbstmord begehen. Der Grund für diesen kollektiven Selbstmord wird von Coppola nicht deutlich erklärt – das ist es gerade, was den mysteriösen Charme dieses Films ausmacht – aber der Zuschauer errät, dass das aufkommende Bewusstsein für die Unterdrückung der Frauen in ihrem Umfeld unter anderem Ursache für ihre selbstzerstörerische Melancholie ist. Ungefähr in der Mitte des Filmes wird das Gefangensein fühlbar deutlich, als die streng katholische Mutter ihre Töchter schließlich im Haus einschließt. Sie geht sogar so weit, ihre Rockmusik-Platten wegzuwerfen, da sie ihrer Meinung nach einen schlechten Einfluss ausüben. Die Botschaft ist eindeutig: Für die Regisseurin ist Musik ein Synonym für Freiheit.

Das Lied Playground Love wurde unter Zeitdruck aufgenommen, wesentlich später als der Rest der Filmmusik. In diesem Titel spielt Thomas Mars Schlagzeug und singt (unter dem Pseudonym Gordon Tracks). Er hat auch den Text geschrieben. Die Saxophon-Solopartie wird von Hugo Ferran gespielt. Charakteristisch für dieses Stück ist der vierhändige Klavierpart. Die beiden Mitglieder von Air (Jean-Benoît Dunckel und Nicolas Godin) spielen ihn zusammen und sind ebenso unzertrennlich wie die Schwestern im Film. Die Intimität ihres Spiels sowie der warme und reiche Klang, der dabei geschaffen wird, verstärkt die emotionale Intensität des Stückes. Neben diesem bezaubernden Lied ist der Rest der Musik durch zarte und dunkle Abschnitte geprägt, als ob Air die Vorstellung von einem Tod ohne Schmerz zum Ausdruck bringen wollten. Bei vielen Stücken werden für die 70er Jahre typische analoge Synthesizer (vor allem Mellotron) verwendet. Wie auch die Aufnahmetechnik des Films (inspiriert von der „still photography“ der damaligen Zeit), so ist auch die Musik voll von zeitlichen Anspielungen, um unbewusst auf das Gefühl von Freiheit einzugehen, das mit der abgehobenen Musik dieses Jahrzehnts verbunden ist, wie etwa die von Pink Floyd, einer Gruppe, bei deren Musik man nicht aufhören kann, nachzudenken.

In den Danksagungen dieser Filmmusik kommen zwei Personen vor, die in der Karriere von Sofia Coppola bis heute eine wichtige Rolle spielen: Brian Reitzell (Schlagzeuger und Musikberater) und Thomas Mars, von dem weiter oben bereits die Rede war (und übrigens Lebenspartner der Regisseurin). Brian Reitzell war Musikberater für The Bling Ring (2013), ein Film über eine Gruppe von Jugendlichen, die vom Starkult besessen sind. Die Musik ist bei Def Jam veröffentlicht worden (einem Label, das sich auf amerikanischen Hip-Hop spezialisiert hat). Dort finden sich eine Reihe von Raps der Spitzenklasse wie Bad Girls von M.I.A., All The Lights von Kanye West, oder auch Super Rich Kids von Frank Ocean. In diesem letzten Stück klingen Klavierakkorde im Unisono mit der großen und der kleinen Trommel, wie Hammerschläge, ebenso brutal und radikal wie die Exzesse der verwöhnten Jugend, die Sofia Coppola in ihrem Film beschreibt.

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