Mit "Serpentine Prison" veröffentlicht der Sänger von The National ein Album mit wunderbarer Road-Trip-Stimmung...

Mit einer Gruppe ist es dasselbe wie mit einem Paar, das Geheimnis, wie lange es dauern wird, liegt darin, dass man es schafft, sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Genauso steht es um die Amerikaner der mehr als seit 20 Jahren existierenden Gruppe The National und den Sänger Matt Berninger, der sich unter seinem eigenen Namen seinen ersten Seitensprung erlaubt. Ohne seine Gruppe, aber nicht im Alleingang. Bei Serpentine Prison waren etwa ein Dutzend Musiker beteiligt, darunter Gail Ann Dorsey (u. a. Bowies langjährige Bassistin), Mickey Raphael (Willie Nelsons bevorzugter Harmonikaspieler), Andrew Bird, und sogar drei The National-Mitglieder. Und produziert hat das Album der legendäre Booker T. Jones, der selbst am Keyboard steht. Dieses Nobel-Casting ergibt aber kein Blockbuster-Album. Es zeichnet sich vielmehr durch eine gewisse Bescheidenheit aus. Mit weniger Rock als bei The National geht Berninger den akustischen Klängen auf den Grund und dieser, bei den Briten beliebten, von Folk und Country durchtränkten lukrativen Einnahmequelle namens „Singer-Songwriter“, wo Texte genauso viel zählen wie Musik.

© Christopher Sgroi

Dieses amerikanisch angehauchte Album hört sich wie der Soundtrack eines nächtlichen Roadmovies an, mit seinen jeweils ekstatischen, verträumten und matten Passagen. Dank seiner tiefen Stimme und mit elegant minimalistischer Begleitung (Klavier, Gitarren, sanfte Blechbläser) steigt Matt Berninger in die Fußstapfen eines Nick Cave oder Leonard Cohen, wenn sie mit Croonerstimme den Untergang heraufbeschwören. Eine Panne oder Geschwindigkeitsüberschreitung fürchtet er nicht.

Das großzügig produzierte Serpentine Prison versetzt die in herbstlichen Dämmerschlaf verfallenen Zuhörer in reinstes Entzücken. Es ist wie eine Reise in den tiefen Süden der USA, die jetzt nur mehr auf musikalischem Wege möglich ist.

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