Als Synthese einer ganzen Karriere und zugleich als Zukunftsvision mit neuen Ideen ist « The Harmony Codex » vor allem ein Beweis dafür, dass Steven Wilson seine Arbeit von der Komposition bis zur Produktion perfekt beherrscht.

Er ist seit vielen Jahren das Gesicht des zeitgenössischen Progressive Rock und das auf mehreren Ebenen, was anderen Musikern und Musikerinnen selten (oder nie) gelungen ist. Als Komponist und Multiinstrumentalist in zahlreichen Projekten (Porcupine Tree, Blackfield, No-Man, Storm Corrosion...), als talentierter Produzent (Opeths Blackwater Park), als ultimativer Meister von Remixen und Neubearbeitungen (Yes, King Crimson, XTC...) zählt Steven Wilson unzählige Projekte und scheint nie aufhören zu wollen, als ob sein Leben von seinen musikalischen Aktivitäten abhinge.

Die Ankunft von The Harmony Codex klingt wie der (vorübergehende?) Höhepunkt einer Karriere, die allerdings schon sehr ausgefüllt ist. Obwohl Steven Wilson betont, dass es sich hierbei nicht um ein Best-of seines Könnens handelt, kann man sich kaum des Gegenteils erwehren. Und das ist auch gut so. Denn die Freude an organischem Rock, verrückten Experimenten, seltsamen Stimmungen und subtilen Melodielinien ist durchaus vorhanden. Wenn man dann noch eine Interesse hin zu neuen Klängen und eine Liste renommierter Gäste (Jack Dangers von Meat Beat Manifesto, Sam Fogarino von Interpol...) hinzufügt, hält man eines der größten Alben des Genres der letzten zehn Jahre in den Händen.

Da man nichts wie die anderen machen und die Vorteile der neuen Technologien nutzen sollte, setzte Steven Wilson die Bemühungen fort, die er mit seinen zahlreichen Mix- und Remastering-Arbeiten für andere Künstler und Künstlerinnen und seine eigenen früheren Alben begonnen hatte, indem er sich darauf konzentrierte, die Früchte seiner Arbeit in Hi-Res 96/24 Stereo, 5.1 Surround und Dolby Atmos klingen zu lassen (diese Versionen sind auf der Audio-Blu-ray erhältlich, die in der Deluxe-Version des Albums enthalten ist). The Harmony Codex ist ein 65-minütiges, intensives und umfangreiches Album, bei dem man jedes Detail mit jedem weiteren Hören mehr und mehr zu schätzen lernt.

Steven Wilson - © Andrew Hobbs

Mit dieser eleganten Synthese all seiner im Laufe der Jahre erworbenen Meisterschaft zeigt der englische Künstler vor allem, dass es schwierig ist, ihm ein einziges Etikett auf den Rücken zu kleben, auch wenn der Begriff « progressiv » natürlich derjenige ist, der automatisch wieder in den Vordergrund rückt. Nachdem Steven Wilson mit To the Bone seine Liebe zu den 80er Jahren zelebriert, auf The Future Bites mit Elektro-Codes gespielt und Porcupine Tree reaktiviert hatte, hat er wieder eine solide Gitarre in seine Musik eingebaut und begonnen, bestimmte Ebenen komplexer zu gestalten, ohne dabei die luftige und synthetischere Seite zu verlieren, die er in den letzten Jahren entwickelt hat. Diese Arbeit hat er in seiner Autobiografie Limited Edition of One beschrieben, die er zusammen mit dem Journalisten Mick Wall geschrieben hat und die 2022 erschienen ist. Die ultimative Herausforderung besteht für ihn nun in einem außergewöhnlichen Konzert, das er an einem besonderen Ort veranstalten möchte, wo man sich endlich im Zentrum des Klangs wiederfinden kann, als würde man die Performance in 5.1Sourround-Audioqualität oder sogar noch höher hören und völlig in sie eintauchen. Einmalig!


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