Verpassen Sie nicht die besten Musik-Neuerscheinungen aus allen Genres, jeden Monat von unserer Qobuz-Redaktion für Sie zusammengestellt.

Jazz

Auch wenn wir normalerweise ein kleines Sommerloch erleben, was neue Veröffentlichungen angeht, so ist dieser Juli eine Ausnahme für Jazzbegeisterte. Die Musikwelt hat zwei bisher unveröffentlichte Live-Dokumente von John Coltrane und Nina Simone ausgegraben, die in ihren jeweiligen Diskografien einen alles andere als anekdotischen Platz einnehmen werden. Evenings at the Village Gate dokumentiert Konzerte, die Coltranes legendäres Quartett im Sommer 1961 im kleinen New Yorker Club Village Gate gab und bei denen der Bassklarinettist Eric Dolphy mitwirkte. Die Aufnahme gibt die außergewöhnliche kreative Energie des Saxophonisten in diesem entscheidenden Moment seiner Karriere wieder und ist schon jetzt ein unumgängliches Dokument. Dasselbe gilt für You’ve Got To Learn, das vom Label Verve veröffentlicht wurde und der Öffentlichkeit zum ersten Mal die Gelegenheit bietet, an dem Konzert teilzuhaben, das Nina Simone am 2. Juli 1966 im Rahmen des Newport Jazz Festivals gab, einem besonders kreativen und engagierten Moment ihrer Karriere inmitten des Kampfes für die Bürgerrechte.

Was Neuheiten betrifft, so ist das neue Projekt von Marc Ribot’s Ceramic Dog Connections hervorzuheben, das zerstreute Riffs, sintflutartige Rhythmik, Spoken Word, Garage Rock, libertären Jazz und sämtliche Besonderheiten des Tausendsassas vereint. Das Post-Fusion-Jazz-Kollektiv High Pulp aus Los Angeles gibt uns mit Days in the Desert einen kleinen Einblick in die neuesten Entwicklungen seiner experimentellen und zugleich atmosphärischen Musik, die neue Verbindungen zwischen Jazz und elektronischer Musik erfindet und auch die mongolische Sängerin und Newcomerin Enji, die bereits auf einer COLORS Session zu sehen war erfreut uns mit ihrem Debüt Ulaan. Schließlich hat auch das Label ECM ein paar Schätze für uns parat: Zum ersten Mal können wir 13 legendäre Aufnahme aus den 70er und 80er Jahren im Streaming in Hi-Res erleben, darunter Trios / Solos von Ralph Towner und Glen Moore, Sol Do Meio Dia von Egberto Gismonti oder A.R.C von Chick Corea.

Electronic Music

Im elektronischen Lager begann der Sommer mit dem siebten Album der schwedischen Gruppe Little Dragon und Slugs of Love, das von der unwiderstehlichen gleichnamigen Single angetrieben wurde und in einem immer noch fröhlichen Ton auf New Me Same Us aus dem Jahr 2020 folgte, auf dem sie einen immer wattebauschigeren Dance/Soul/R&B-Sound regenerierten. Zudem sollten Sie sich auch nicht das neue Projekt Everyone Else is a Stranger des norwegischen Electronic-Produzenten Lindstrøm entgehen lassen sowie das weitergeführte Familienprojekt Penguin Cafe mit Rain Before Seven…. Mort Garson präsentiert uns eine psychedelisch angehauchte Reise auf Journey to the Moon and Beyond und auch aus dem eigenen Lande können wir der Münchner Produzenten Sepalot mit neverlost entdecken. Den krönenden Abschluss bildet wohl die neue EP von Aphex Twin. Für Blackbox Life Recorder 21f / in a room7 F760 kollaborierte der britische Produzent mit der Synthesizer-Firma Novation an einem Monosynth namens “AFX Station”, wobei das entstandene Material nun zum ersten Mal veröffentlichen wird.

Rock & Alternative

Eines unserer Juwele dieses Monats ist das soulige My Back Was a Bridge for You to Cross von Anohni & The Johnsons. Die in New York lebende englische Sängerin taucht in den amerikanischen Soul-Folk der 70er Jahre ein, um sich mit ihrem erhabenen Falsett für die Rechte von Transgender-Personen und den Planeten einzusetzen. Am selben Tag feierte PJ Harvey nach sechs Jahren Abwesenheit ein weiteres großes Comeback. Auf I Inside the Old Year Dying ist die Sängerin mit einer weichen Stimme und schlichten Stücken zu hören und wird von Flood und John Parish begleitet, ihren treuen Mitstreitern und Produzenten von Harveys Anfängen. Die Südafrikanerin Alice Phoebe Lou, die für ihr zweites Album Paper Castles mit einem Qobuzissime ausgezeichnet wurde, veröffentlichte Shelter, das immer noch in ihrem Pop-Folk und unendlichen Sanftheit steht.

Gegen Ende des Monats bieten uns Blur mit The Ballad of Darren zurück eine wunderbare Rückkehr, die von einem melancholischen und eindringlichen Rock durchzogen ist. Auch die Remix-Version von Depeche Modes Wagging Tongue (Remixes) sollten Sie sich nicht entgehen lassen, die Electronic Fans sicherlich begeistern wird. Die älteren Hasen unter uns können sich auf die Reissue von Billy Idol seines gleichnamigen Debütalbums freuen sowie das neue Projekt The Feminine Divine von Dexys. Auch wenn sie auf Englisch singen, gehören sie sicherlich zu den größten deutschen Releases dieses Jahres: Fury In The Slaughterhouse schließen an ihr letztes Album Now an, ihr erstes nach 15 Jahren und der Wiedervereinigung, und legen mit HOPE gleich noch einen drauf. Wir durften mit dem Gitarristen Christof Stein-Schneider über die einzigartige Bandgeschichte sowie den neuen Release sprechen (lesen Sie das Interview hier). Zum Abschluss gibt es noch einen Auftritt von Stevie Nicks, einer der Königinnen von Fleetwood Mac. Eine umfangreiche Box mit allen ihren Solo-Studioalben und Raritäten, die sie sicherlich nicht verpassen sollten.

Klassik

Im Juli und August sind sicherlich viele Klassikbegeisterte auf den großen Festivals in Salzburg, Verbier oder Bayreuth unterwegs. Jedoch hält dieser Monat auch tolle Veröffentlichungen für uns bereits, angefangen mit zwei besonderen Reeditionen: Zum Einen können wir Bruckners 8. Symphonie von Herbert von Karajan von 1939 in einer geremasterten Version von Archipel entdecken. Zum Anderen veröffentlichte Warner Classics eine Aufnahme von Otto Klemperer, auf der er sich Werken von Mendelssohn und Weber widmet. Barock-Fans sollten sicherlich an dem Ensemble Accademia Bizantina und Arcangelo Corellis Concerto Grosso Freude finden, wohingegen Liebhaber und Liebhaberinnen des 20. Jahrhundert mit John Wilson und dem Sinfonia of London auf Kenneth Fuchs: Orchestral Works bestens aufgehoben sind. Außerdem sollten Sie unbedingt in Karls Jenkins One World mit dem World Orchestra For Peace reinhören.

Verpassen Sie auch nicht das neue Soloprojekt von der amerikanischen Geigerin Hilary Hahn bei der Deutschen Grammophon, auf dem sie uns mit ihrer virtuosen Interpretation der 6 Sonaten für Violine solo von Eugène Ysaÿe begeistert sowie das wunderschöne Beethoven-Recital ihrer Labelkollegin und Pianistin Alice Sara Ott. Was Nachwuchstalente angeht, so können wir den deutschen Bariton Konstantin Krimmel in seiner romantisch-lyrischen Version von Schuberts: Die Schöne Müllerin erleben und Christian Li auf Discovering Mendelssohn entdecken. Schließlich haben wir auch noch zwei Orchesterwerke für sie parat: Das Czech Chamber Philharmonic Orchestra widmet sich Werken von Paul Wranitzky und das neue, multinationale Kammermusik-Projekt Sphinx Virtuosi präsentiert uns Songs for Our Times.

Blues, Country, Folk

In den Plattensammlungen unserer Eltern oder Großeltern befanden sich manchmal Vinylplatten von Nick Drake und Joni Mitchell, wertvolle Folk-Refugien, in denen man seine Melancholie verwöhnen und bereichern konnte. Beide sind auch in diesem Juli, der ansonsten eher ruhig ist, was Albumveröffentlichungen angeht, noch aktuell. Nick Drake wird mit The Endless Coloured Ways geehrt, einem Coveralbum, das aufgrund seiner Besetzung interessant ist: Ben Harper, Fontaines D.C., Craig Armstrong und die französische Sängerin Camille sind darauf zu finden. Joni Mitchell ist mit At Newport zurückgekehrt, einem Live-Album, das acht Jahre nach einem Schlaganfall an ein Wunder grenzt. Man hätte davon geträumt, ein Duett zwischen Nick Drake und Joni Mitchell zu hören, aber das wäre wohl doch zu schön um wahr zu sein.

Weiter sollten Sie nicht die Amerikanerin Allegra Krieger verpassen, die auf I Keep My Feet on the Fragile Plane ätherische und schmachtende Folkschätze entfaltet. Die New Yorkerin Julie Byrne ist auf ihrem Album The Greater Wings erschütternd oder blendend dunkel. Ihr Post-Trauer-Katharsis-Folk, der gleichzeitig vergänglich und träge ist, erinnert an Nico, Judee Sill oder das Beste von Sufjan Stevens. Und um ein wenig Freude und Rhythmus zurückzubringen, kann man auf das City of Gold der Amerikanerin Molly Tuttle zählen, einer virtuosen Sängerin, Gitarristin und Banjospielerin, die sich der Bluegrass-Tradition verschrieben hat, aus der sie den Staub aufwirbelt.