Seit Beginn der 2010er Jahre lassen zahlreiche Stimmen den Soul der 60er und 70er mit ihren Alben neu aufleben, die auf die „traditionelle Art“ eingespielt wurden. Mit Amy Winehouse, Leon Bridges, Sharon Jones, Michael Kiwanuka und Künstlern wie Curtis Harding feiert der Retro-Groove ein glänzendes Comeback.

Früher war alles besser, blablabla… Es ist nicht mehr das, was es einmal war, blablabla… Die Groove-Fans der Retro-Welle können Klagen, Jammergeschrei und Groll für sich behalten. Seit etwa zehn Jahren feiert der Soul der Sixties und der Seventies ein Comeback, das nicht zu überhören ist. Woche um Woche tauchen neue, mehr oder weniger direkte Nachfolger von Otis Redding, Sam Cooke, Aretha Franklin, Donny Hathaway, Willie Hutch und Marvin Gaye auf. Aber es handelt sich um mehr als einfach nur Stimmen: Es geht um einen Klang, der sich vom vorherigen Jahrhundert dezidiert unterscheidet und für eben dieses Revival so typisch ist. Dieser Klang, der manchmal fast etwas aufgepäppelt daherkommt, ist in Wirklichkeit recht zeitgenössisch. Jedenfalls knüpft er an eine Tradition an, welche die 80er und 90er Jahre in der Versenkung verschwinden ließen…

Es ist schwierig, dieses Comeback eines gewissen, immerwährenden Soul auf ein ganz bestimmtes Datum festzulegen. Während die 80er Jahre hindurch noch ein eher lieblicher R&B das Sagen hat, so bereitet ein bewusster und raffinierter produzierter Nu Soul den Weg im darauffolgenden Jahrzehnt. Talente wie Erykah Badu, D’Angelo oder Jill Scott kannten die heiligen Schriften von Marvin Gaye, Roberta Flack und Konsorten in- und auswendig und wuchsen vor allem im goldenen Zeitalter des Hip-Hop auf. Dieser komplett neue Mix, den sie auf ihre Art und Weise mit dem entsprechenden i-Tüpfelchen versahen, mündete dann schließlich in der aufregenden Strömung der Great Black Music. Dennoch scheint der Retro-Soul mit diesem Nu Soul Tabula rasa machen zu wollen. So, als ob nach Motown und Stax nichts mehr passiert wäre… Und überhaupt! Wenn die Stimmen der großen Genies aus den 60er und 70er Jahren dazu imstande sind, junge Musiker unter 25 Jahren derart zu faszinieren, warum sollten sie sich anstatt des Originals lieber eine Kopie anhören wollen? Eine Single von Sam Cooke wird ja wohl stets einen größeren Wert haben als eine Single von Leon Bridges… oder? Vielleicht lässt sich diese “persönliche Note” besser nachvollziehen, wenn wir einen Blick zurück auf die Entwicklung des Soul werfen.

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