Masaaki Suzuki ist ein Superstar der Bach-Szene. Nach seinem Kantaten-Konzert beim Bachfest Leipzig in der Thomaskirche wird er von zahlreichen Fans, nicht nur japanischen, umlagert, er muss Autogramme geben und für Fotos posieren. Das dauert. So beschließen wir, das Interview mit dem Mittagessen im Hotel zu verbinden, ehe er zur nächsten Probe muss. Der 64-jährige Japaner spricht Deutsch, will das Interview aber doch lieber auf Englisch führen. Er ist gut aufgelegt und seine Frau, die kurz dazukommt, kann ihn gerade noch davon abhalten, sich einen Wein zur Pasta zu bestellen – so schwenkt er auf Eistee um. Er lacht viel, belässt es aber meist bei kurzen Antworten, die hier zum Teil zusammengezogen sind.

Masaaki Suzuki zum Stichwort

... Leipziger Bachfest

In der Thomaskirche zu spielen ist immer etwas ganz Besonderes. Nicht nur wegen des Ortes, sondern auch wegen des Publikums. Viele der Zuhörer kennen vermutlich jede Note der Bach-Kantaten, und wir können sicher sein, dass sie konzentriert zuhören und die Musik und jedes Detail verstehen.

... Johann Sebastian Bach

Ich habe Musik von vielen Komponisten aufgeführt, aber ich bin sehr froh, dass ich etwas habe, zu dem ich immer zurückkehren kann: Das ist Bach.

… Orgelspiel und Komposition

Ich habe mit zwölf Jahren begonnen, im Gottesdienst zu spielen – auf einem Harmonium. Seitdem war ich fasziniert von Orgelmusik. Ich habe aber schnell gemerkt, dass Japan nicht das ideale Land ist, um Orgel zu studieren, und so habe ich Komposition hinzugenommen. Ich habe einiges komponiert, aber vor allem hat mir das Studium geholfen, die Struktur der Musik zu verstehen, Polyfonie, Harmonie. Ich habe viel über Streichquartette und Sinfonien gelernt, was mir bis heute hilft.

… historische Aufführungspraxis

Meine erste Lehrerin hatte bei Gustav Leonhardt studiert und war eine Studienkollegin von Ton Koopman. Sie empfahl mir, bei ihm in Amsterdam weiter zu studieren. Ich hatte keine konkrete Vorstellung, was mich dort erwarten würde. Aber ich merkte, dass das, was ich in Tokio studiert hatte, genau in die Richtung ging, die auch Ton und die anderen Musiker in Amsterdam verfolgten. Ich habe ehrlich gesagt nie ernsthaft versucht, Bach-Kantaten mit modernen Instrumenten aufzuführen. Ich hatte immer das Gefühl, dass die modernen Instrumente oder eher noch der romantische Ansatz nicht wirklich zu Bachs Musik passen.

… das Bach Collegium Japan

Nach meiner Rückkehr aus den Niederlanden wurde ich Professor in Kobe und habe gleich ein kleines Vokal- und Instrumentalensemble gegründet. 1990 bekamen wir die Chance, zur Eröffnung der Konzerthalle in Osaka Bach-Kantaten aufzuführen. Mit Hilfe von Freunden habe ich ein größeres Ensemble zusammengestellt, und als ein Name aufs Programm gesetzt werden musste, kam ich auf „Bach Collegium“ – das klingt traditionell und ehrbar. Und weil die Musiker und Sänger aus allen Teilen des Landes kamen, habe ich Japan dazugesetzt. Einige Instrumentalisten sind bis heute dabei, die Sänger haben fast alle gewechselt. Beim Chor musste ich anfangs Kompromisse machen, weil das Ziel aller japanischen Sänger die Opernbühne war. Deshalb hatten wir vor allem junge Studenten dabei. Das hat sich aber längst geändert, heute haben wir auch erfahrene Sänger, die in Bachs Stil singen wollen.

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