Alexander Skrjabin, der heute weniger bekannt ist als seine Landsleute Rimski-Korsakow, Strawinsky und Rachmaninow, gilt dennoch als Schlüsselfigur der russischen Musik. In den ersten Jahren des 20. Jahrhundert befreite sich der Komponist und Klaviervirtuose vom Erbe der Romantik und schuf eine einzigartige, innovative Musiksprache, die keinen Nachfolger fand. Sein von mystischer Philosophie und Synästhesie beeinflusstes Werk erlebte in nur zwei Jahrzehnten eine rasante Entwicklung, die durch seinen frühen Tod im Alter von 43 Jahren ein jähes Ende fand.

Alexander Nikolajewitsch Skrjabin kam am 6. Januar 1872 auf die Welt. Obwohl seine Mutter drei Monate nach seiner Geburt starb und sein Vater sich wegen seiner Diplomatenkarriere häufig im Ausland aufhielt, genoss der junge Alexander bei seiner Großmutter und seiner Tante, die ihm die Grundlagen des Klavierspiels beibrachte, eine behütete Kindheit. Ab 1883, nachdem die Familie sein musikalisches Talent erkannt hatte, erhielt Skrjabin Unterricht in Kontrapunkt und Harmonielehre.Seine Ausbildung wurde durch den Eintritt in die Klavierklasse von Nikolai Swerew, der damals als der beste Pädagoge in Moskau galt, ergänzt. Zu seinen Mitschülern gehörten viele zukünftige Größen der russischen Musikszene, darunter auch der um ein Jahr jüngere Serge Rachmaninow.Schon als Jugendlicher zeigte Skrjabin Anzeichen einer starken Spiritualität und beschäftigte sich mit großen metaphysischen Fragen, die später in seinem Werk durchscheinen sollten: Er schlafwandelte häufig und hielt die Gedanken, die ihm im Traum kamen, in seinem Tagebuch fest. Während eines solcher Trancezustände wurde ihm klar, dass die Musik seine Zukunft sei. Im Jahr 1887 verließ er mit Zustimmung seines Vaters die Kadettenschule, in die ihn sein Onkel eingeschrieben hatte, und trat ab Januar 1888 in das Moskauer Konservatorium ein. Als Schüler von Wassili Safonow wurde er schnell zu dessen Lieblingsstudenten und knüpfte mit ihm eine Freundschaft, die sein ganzes Leben bestehen blieb.

Die ersten Jahre nach seinem Diplom waren für Skrjabin schwierig. Der junge Komponist konnte zwar einen Vertrag mit dem Verleger Peter Jürgenson abschließen, dieser gewährte ihm jedoch nur sehr magere finanzielle Bedingungen. Damals erlebte Skrjabin eine schmerzliche Liebesgeschichte mit der jungen Natalia Sejerina, der er seine einzige bis heute bekannte Liedkomposition Romanze für Klavier und Singstimme, Op Posth widmete. Nach vier Jahren hitzigen Briefwechsels wies ihn Natalia schließlich ab. Skrjabin flüchtete sich in den Alkohol. Aufgrund einer Lähmungserscheinung an der rechten Hand, die ihn an seiner Zukunft als Konzertpianist zweifeln ließ, musste er zu häufigen Kuraufenthalten auf die Krim reisen. Schließlich fand er sich mit seiner Behinderung ab und schrieb zwei sehr schöne kurze Stücke, Prélude und Nocturne für die linke Hand Op.9, mit denen er großen Erfolg hatte, und die den Einfallsreichtum und die Spielfertigkeit des Komponisten auf perfekte Weise illustrieren.

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