Jelly Roll
Hierzulande ist Country-Rap noch kaum bekannt. Der Begriff klingt so kurios wie etwa Schlager-Metal. In der Musikstadt Nashville hat der Ruf des Genres jedoch an Fahrt aufgenommen. Einer der wichtigsten Vertreter der Szene ist Country-Rapper Jelly Roll (nicht zu verwechseln mit Jazz-Legende Jelly Roll Morton). 1984 kommt er dort als Jason DeFord zur Welt. Seine Mutter gibt ihm den Spitznamen Jelly Roll, der übersetzt so etwas wie "Donut" oder "Krapfen" heißt. Fatshaming, wie es im Buche steht. "Ich habe meine gesamte Kindheit mit dem Gefühl verbracht, nicht dazuzugehören - in jeder Situation fühlte ich mich wie das dicke Kind, das sich nicht in seiner Haut wohl fühlt", sagt Morton in einem Interview mit der New York Times. Lange Zeit sei sein Leben eine Aneinanderreihung von Worst-Case-Szenarien gewesen.
Er wächst alles andere als behütet auf. Seine Mutter ist drogenabhängig und leidet an einer psychischen Erkrankung. Nach der Scheidung der Eltern gerät er immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt und sitzt aufgrund von Diebstahl und Drogenhandel als Jugendlicher insgesamt 18 Monate im Gefängnis. Beim ersten Mal ist er gerade einmal 14 Jahre alt. Im Gefängnis entdeckt Jelly Roll seine Leidenschaft für Rap. Er tut sich mit Gleichgesinnten zusammen, veröffentlicht zwei Alben mit Rappern aus seinem Heimatstaat Tennessee: Lil Wyte, Haystak und BPZ. 2012 erscheint sein erstes Studioalbum "The Big Sal Story".
Ein Jahr später veröffentlicht er die Kompilation "Whiskey, Weed & Waffle House". Nach einem Rechtsstreit mit der Restaurantkette "Waffle House" benennt er sie in "Whiskey, Weed & Women" um. Seine Songs bezeichnet er als einen Hilfeschrei: Es geht um Drogensucht, Hilflosigkeit und Existenzängste. Jelly Roll will nichts beschönigen. Auch die Albumtitel "Sobriety Sucks" (2016) und "Addiction Kills" (2017) lassen unschwer erkennen, dass der Weg zur Nüchternheit nicht unbedingt von Rosen gesäumt ist. Jelly Rolls Motto: "Echte Musik für echte Leute mit echten Problemen". Die authentischen Songtexte treffen auf Zustimmung. Obwohl Jelly Roll lange von der Presse unbeachtet bleibt, fährt er Streams in Millionenhöhe ein. Immer mehr setzt der Rapper in seinen Songs auf Country-Gesang und fühlt sich in dem Genre sichtlich wohl - auch wenn er wegen seinen zahlreichen Gesichtstattoos von konservativen Country-Fans kritisch beäugt wird.
Den großen Durchbruch erreicht er mit der Single "Dead Man Walking" (2022), die in den Charts des Billboard-Radiosenders "Rock Radio" auf Platz 1 klettert. Ein Jahr später landet Jelly Roll dann auch auf der Billboard-Newcomer-Liste und hält sich dort ganze 25 Wochen. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon über zehn Jahre im Musikbusiness hinter sich hat, feiert man den Country-Rapper als "Über-Nacht-Erfolg". Im April 2023 gewinnt er drei CMT-Awards (Country Music Television) und performt seinen Song "Need A Favor" vor der versammelten US-Country-Szene. In Jelly Rolls Worten: "Ein Best Case-Szenario." Mit dem Rückenwind in Form von über fünf Millionen monatlicher Spotify-Hörer*innen erscheint im Juni auch hierzulande sein aktuelles Album "Whitsitt Chapel".
© Laut
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