Stars
Seit 2005 wieder selbständig, nimmt das Berliner Label City Slang nicht nur seine alten Goldesel, darunter Calexico oder Lambchop, mit. Wie es sich für einen so enthusiastischen Haufen gehört, bringt man auch gleich eine anschauliche Menge junger, kaum bekannter Bands unter. Eine davon hört auf den Namen Stars.
Die Mitglieder kommen aus Kanada und sind mindestens so verrückt wie ihr deutsches Label - auf das sie eine ganze Menge halten. Bei ihrem ersten Deutschland-Gig im kleinen Raum des Berliner Postbahnhofs wird Sänger Torquil Campbell nicht müde zu betonen, wie dankbar er sei, dass die City Slang-Familie seine Combo aufnahm. Immerhin warteten Stars brav, bis sich das Label neu formiert hatte, um dann sachte anzuklopfen.
Doch wie, bitte schön, kommt eine Band aus Montreal in Kanada auf ein Berliner Label? Nun, ihre Reise beginnt in New York. Sänger, Gitarrist und Trompeter Campbell und Keyboarder/Synthie-Frickler Chris Seligman treffen sich Ende der Neunziger im Big Apple und beschließen, eine Band zu gründen.
Torqil arbeitet zu dem Zeitpunkt als Schauspieler (unter anderem tritt er in "Sex And The City" auf), Seligman spielten in verschiedenen Orchestern, darunter das Orchester des Broadway-Musicals "The Scarlet Pimpernel".
Die beiden verbindet eine tiefe Liebe zu The Smiths, New Order, aber auch zu Marvin Gaye. Mit den verschiedensten Einflüssen infiziert, schreiben Torquil und Chris eigene Songs, entwickeln ihr erstes Album "Nightsongs".
Das Debüt liegt gerade in den letzten Zügen, da begegnen die zwei Jungs Amy Millan. Ihre gemeinsame Freundin Emily Haines bringt sie zusammen. Emily ist als Gastsängerin auf dem Stars-Debüt zu hören - und mit Amy auf der Kunsthochschule, wo sie in einer gemeinsamen Band spielen.
Torquill und Chris bitten Amy, für sie zu singen. Die ist zunächst gar nicht so begeistert, begreift sie sich doch mehr als Songwriterin denn als Sängerin der Stücke anderer. So setzen sich die drei zusammen und schreiben "Toxic Holiday". Kurzentschlossen landet der erste Track mit Amy als Bonussong auf der CD.
Anschließend nehmen sie gemeinsam die "Comeback EP" auf, die 2001 erscheint. Unterdessen verlegen sie ihren Wohnsitz von den USA nach Kanada. Auf dem Weg sammelte die Band noch Evan Cranley als Bassisten ein. 2002 verschanzen sich die inzwischen vier Mitglieder wieder im Studio. Als Producer helfen Ian Catt (Saint Etienne) und Dave Hodge (Bran Van 3000, Wu-Tang Clan).
Heraus kommt "Heart" - das Kritiker umgehend mit einer ordentlichen Portion Lob bekleckern. Noch um die Weihnachtszeit erscheint das Album in England, im Sommer 2003 über das kanadische Label Arts & Crafts auch in Amerika.
Für die anstehende Tour rekrutieren Stars den Drummer Pat McGee. Doch erst mit der dritten Scheibe entwickelt er sich zum vollwertigen Mitglied, spielt auch im Studio mit der Band. Dahin verkriechen sich die Musiker im eiskalten kanadischen Januar 2004. In North Hatley, Quebecs ländlichem Osten, finden sie einen Ort zum Schreiben, Streiten, Trinken, Rauchen und Spielen.
Kurz nach den beendeten Studiosessions zum Album "In Our Bedroom After The War" im Jahr 2007 gehen die Stars einen damals noch eher ungewöhnlichen Weg. Vier Tage nach Fertigstellung - und damit gut zweieinhalb Monate vor dem geplanten Termin - veröffentlichen sie das Album auf iTunes, um illegalen Leaks entgegen zu treten. Ein guter Zug gegenüber den Fans, die Platte entpuppt sich als eine der besten in der Bandhistorie und wird mit Kritikerlob überhäuft.
Da ist es den Smiths-Liebhabern auch zu verzeihen, dass 2010 das etwas schwächere "The Five Ghosts" folgt. Denn die Formkurve zeigt seit 2012 wieder nach oben. Auf "The North" packen sie viele sphärische und noch mehr tanzbare, elektronische Klänge. Ein eigener Stars-Stil also, dessen Fassade sie immer wieder zu restaurieren wissen: Süße Melancholie, garniert mit Verzweiflung und hektischem Lebenswillen. Das beschert ihnen seit der LP "Set Yourself On Fire" eine ordentliche Fanbasis.
Darüber hinaus vergnügen sich die Stars-Mitglieder in ihrer Freizeit in befreundeten Gruppen. Unter anderem steuern sie ihr Talent bei den Arts & Crafts-/City Slang-Labelmates Broken Social Scene bei, Campbell betreibt mit Chris Dumont seit 2002 das Projekt Memphis.
© Laut
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