Modern Talking
Modern Talking ist eine Band, an der sich die Geister scheiden. Für die einen sind sie so etwas wie Gute-Laune-Spender, für die anderen sind sie das Hassobjekt schlechthin. Man kann zu ihnen stehen, wie man will, erstaunlich ist und bleibt, in welcher Regelmäßigkeit das Duo auf der ganzen Welt an die Spitze der Charts klettert. Gegründet wird Modern Talking von Dieter Bohlen, der 1983 auf den Sänger Thomas Anders trifft. Beide haben schon etwas Erfahrung, was das Musizieren betrifft, beide eint aber auch die Erfolglosigkeit.
Zumindest kann "Uns Dieter" als Produzent schon eine Goldene Schallplatte für eine Produktion mit dem Gitarristen Ricky King vorweisen. Der 1954 geborene Bohlen spielte in der Band Mayfair und Monza. So beknackt wie die Bandnamen waren, konnten die Singles eigentlich nur floppen. Die beiden Monza-Titel "Heiße Nacht in der City" und "Hallo Taxi Nr. 10" bringen heute in Fankreisen horrende Preise ein.
Anders und Bohlen versuchen zunächst (und wieder einmal erfolglos), sich mit deutschen Titeln in die Charts zu mogeln, bevor dann 1984 mit "You're My Heart, You're My Soul" der Hammer ausgepackt wird. Eine nette Anekdote stammt von Moderator Ingolf Lück, der behauptet, die Nummer damals für so abgrundtief schlecht befunden zu haben, dass er den dazugehörigen Videoclip in seiner damaligen ARD-Musiksendung Formel Eins im Januar 1985 nur aus Spaß ausstrahlte. Aus Spaß wurde jedenfalls bald bitterer Ernst: Ende Februar war "You're My Heart, You're My Soul" auf Platz 1 in Deutschland.
Mit dem simpel gestrickten Disco-Pop scheint das Duo genau den Zeitgeist zu treffen. Auch modisch tun Blondie Bohlen und der dunkle Anders so ziemlich alles, was man ihnen später als Stilverbrechen vorhält. Nicht unerwähnt darf in diesem Zusammenhang Sänger Anders bleiben, dessen massives Gold-Kettchen mit Nora-Schriftzug zeitweise für mehr Gesprächsstoff sorgt als die Musik.
Dennoch platzieren sich ihre ähnlich klingenden Singles und Alben reihenweise an vorderster Front. Diese Erfolgs-Ära dauert bis 1987 an, bevor es zum Bruch der beiden kommt. Fortan gehen sie getrennte Wege. Bohlen hat mit seinem neuen Projekt Blue System, nicht zuletzt dank seiner Fähigkeiten als Produzent, weiterhin sein Ohr am Musikgeschmack der Masse. Von Thomas Anders hingegen will kaum einer mehr etwas wissen.
So ziehen die Jahre ins Land und wohl nur noch die eingefleischten Fans rechneten mit dem, was im März 1998 tatsächlich wahr wird: die Reunion der erfolgreichsten deutschen 80er Combo. Der Erfolg ist der alte geblieben, auch wenn Bohlen nicht mehr so konsequent grinst und bei Anders die vielen Big Macs ihre Spuren hinterlassen haben dürften: Über 20 Millionen verkaufte CDs stehen bis heute zu Buche, allein in Russland hat man bis dato mehr Platten verkauft als der vermeintliche King Of Pop Michael Jackson.
2003 erscheint zunächst das bis dato zwölfte MT-Album "Universe". Allerdings drehen sich gleich zwei Songs darauf um Bohlens neues Popularitätsfeld: die Superstar-Sendung. Im Juni verkündet Bohlen dann das Ende der Band, ein Abschiedskonzert in der Wuhlheide verläuft für die Fans enttäuschend - offenbar haben die beiden die Nase gestrichen voll voneinander.
Kurz darauf erhebt Dieter Bohlen in seinem zweiten Buch "Hinter den Kulissen" schwere Vorwürfe gegen den Modern Talking-Sänger: Anders habe ihn betrogen und seine Songs versaut. Fast zwei Jahre lang beschäftigen Bohlens Vorwürfe die Gerichte. Einige Behauptungen muss er zurück ziehen, Schmerzensgeld bekommt Anders aber nicht zugesprochen. Danach herrscht erst einmal Funkstille. Erst im November 2006 spricht Bohlen überraschend von einer möglichen Reunion auf der Bühne, was Thomas Anders umgehend dementiert. "Ein Comeback von Modern Talking ist reine Fantasie von Herrn Bohlen. Das Thema ist vorbei. Endgültig", so der Sänger in einem Interview.
© Laut
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