High Contrast
Einige Jahre nach dem verdauten Medienhype, als die große Blütezeit von Drum'n'Bass unweigerlich ihr Ende genommen hat, schickt sich seit 2002 ein junger Mann aus Cardiff in Wales an, frischen Wind in die bisweilen festgefahren wirkende Szene zu bringen. Als der große Retter von Trommel und Bass sieht sich Lincoln Barret alias High Contrast jedoch nicht.
Seine Musik birgt auch nicht wirklich viel Innovatives. Ihn und seine Herangehensweise zeichnet aber aus, keinerlei Berührungsängste davor zu haben, immer wieder neue Dinge auszuprobieren.
Dementsprechend unterscheidet sich High Contrast von anderen Produzenten: Er lässt frische, andersartige Ideen – beispielsweise irgendwelche Samples von obskuren Soundtracks – in seinen funky rollenden Sound einfließen, immer darauf bedacht, soulig gefühlvoll zu klingen, ohne auf breite Basslines und munter vor sich hin scheppernde Beats zu verzichten.
Barrets Antrieb besteht in erster Linie darin, erkennbare musikalische Kontrastpunkte zur Langeweile und Konvention im Hause Drum'n'Bass zu setzen. Daher auch sein Alias. Ein weiteres charakteristisches Merkmal von Barrets Persönlichkeit steckt in seinem Verzicht auf jeglichen Konsum von Fleisch, Alkohol und anderen Drogen.
Im Übrigen hat er ursprünglich auch etwas anderes im Sinn als Musik zu produzieren. Seit frühester Jugend interessiert sich Barret für Filme und Soundtracks wie den von "Blade Runner". Er beginnt ein Studium der Filmwissenschaften an der Newport Film School.
Mit Musik hat Barret zunächst nicht viel am Hut, er spielt lediglich mehrere Jahre lang Keyboard. Im Alter von 17 hört er "Arabian Nights" von J Majik und ist von dieser Art Musik angefixt.
Barret besorgt sich zunächst einen Rechner, später einen Mac, die Musiksoftware Cubase, Decks sowie Mixer, und versucht sich an eigenen D&B-Tracks. Nebenher arbeitet er in einem Plattenladen in Cardiff; für ihn ein zusätzlicher Ort der Inspiration: Barret lernt, Platten aufzulegen.
Sein erster Auftritt findet in Newport statt, bei einer Veranstaltung für Jugendliche unter 18 Jahren. Später schlüpft er als Resident-DJ in der Club-Veranstaltung "Silent Running" unter. Hier kommt während eines Gigs der Kontakt zu Tony Colman und Chris Goss von London Elektricity zustande, die das Label Hospital Records betreiben. Barret drückt ihnen ein Demo in die Hand, wenig später hat er einen Plattenvertrag in der Tasche.
High Contrast erscheint das erste Mal 2001 mit den Tracks "What's The Story?" sowie "Suddenly" auf der Hospital-Compilation "Plastic Surgery". 2002 veröffentlichen Hospital sein Debut-Album "True Colors".
Von da an kommt die Karriere von High Contrast immer mehr in Fahrt. Die D&B-Gurus Fabio und Grooverider spielen Barrets Tracks in ihren Radioshows. Mit "Make It Tonight" verzeichnet High Contrast einen ersten kleineren Hit in den Clubs, während "Return Of Forever" und "Global Love" aus dem Album "True Colors" sogar in die britischen Charts einsteigen.
Damit steht High Contrast in der Premier League des Drum'n'Bass. Es folgen DJ-Auftritte rund um den Globus, zusammen mit Marcus Intalex vom Label Soul:R geht er auf Tour. Wegen der vielen Verpflichtungen zieht sich die Arbeit am zweiten Album in die Länge. Erst 2004 erscheint "High Society", das nicht wenige als das beste Werk des Jahres betrachten.
Nebenbei remixt er Tracks von Missy Elliot, den White Stripes, Blaze und Basement Jaxx, ehe er 2007 wieder mit einem Album von sich reden macht. "Tough Guys Don't Dance" lautet der etwas ironisch interpretierbare Albumtitel.
Zwei Jahre nimmt er sich Zeit für die Arbeit an "Confidential", das als Doppel-CD erscheint. Darauf findet man neben dem Remix von Adeles "Hometwown Glory" auch "Pjanoo" von Eric Prydz neu interpretiert.
2012 folgt "The Agony And The Ecstasy", laut eigener Aussage sein persönlichstes und vielseitigstes Album. Der DJ zeichnet außerdem mit für die Musik bei der Eröffnungsfeier der Olympiade 2012 in London verantwortlich. "Isles Of Wonder", der offizielle Soundtrack zum Event, beinhaltet ganze sechs Tracks des Künstlers.
High Contrast, der längst ein abgeschlossenes Filmstudium vorzuweisen hat, transferiert das dabei erworbene Können auf seine Musik: "Ich betrachte mich gerne als visuellen Künstler. Für mich ist jedes Album wie ein Film - es sollte einen Plot haben und wiederkehrende Themen, jeder Track sollte zum nächsten überleiten, in der selben Weise, in der Filmszenen fortschreiten."
© Laut
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