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Celeste

Brüchiges Timbre, fast ein Schluchzen an manchen Stellen, höchste Intimität zwischen Mikrofon und Lippen der Sängerin: Celeste legt maximalen Ausdruck in ihren Gesang. Sie verbindet R'n'B mit schauspielerischer Expression. Sie entlockt dem Soul eines seiner Kernmerkmale: traurige Momente mit Leichtigkeit im Rhythmus zu überwinden, und zugleich trotzdem die Tristesse in der Melodie auszuleben. Der Name Celeste dürfte auf dem französischen, italienischen und spanischen Markt für etwas Verwirrung sorgen: In Frankreich und Italien gibt es je eine Prog-Rock- und eine Black Metal-Band dieses Namens, und in Spanien bedeutet das Wort "celeste" "hellblau", auf Italienisch "himmlisch". Die Sängerin Celeste benutzt aber kein Pseudonym, sie heißt eben so: Celeste Epiphany Waite. Epiphany, ihr zweiter Vorname, bezeichnet im Englischen den Heilige-Drei-Könige-Feiertag und bedeutet "Offenbarung". Die Celesta, englisch "celeste", ist auch ein Tasteninstrument, das wie ein kleines Klavier aussieht und wie ein Glockenspiel klingt. Eine Art himmelblaue, glockenhelle Offenbarung ist Celeste wirklich. Einige Musikkritiker hören und fühlen in ihr die nächste Amy Winehouse. Geboren am 5. Mai 1994, verbringt Celeste die meiste Zeit ihrer Kindheit ein paar Kilometer nahe der englischen Südküste, in einer Kleinstadt vor dem Seebad Brighton, eine gute Autostunde von London entfernt. Erfährt man, dass ihr leiblicher Vater Exil-Jamaikaner ist, könnte man erwarten, dass sie mit Reggae in Berührung kam, doch das passiert erst vergleichsweise spät in ihrem Leben. Ihre Eltern trennen sich bereits, als Celeste drei Jahre jung ist. Sie wächst bei ihrer Mutter auf. Als sie 16 ist, verliert sie ihren Papa, er stirbt schwer krank. Ihm widmet sie später einen ihrer ersten Songs. In ihrer Teenie-Zeit hatte sie nur per Telefon mit ihm Kontakt: "Ich himmelte ihn an. Er war charismatisch und eigenartig", erzählt sie der britischen Zeitung Standard. Auch wenn ihr Vater weit weg in Kalifornien war, erkannte sie etliche ihrer Charakterzüge in ihm, nur über die Telefongespräche. "Maybe I'm an echo, or maybe you're a ghost / (...) I heard you got the same taste in your mouth", mit diesen Worten beschreibt sie den Bezug zu ihrem Vater und fragt im Song "Father's Son": "Could there be two of us?" Ein Graffito mit den Worten "Father's Son" brennt sich ihr ein: Sie sieht es in der Zeit, als ihr Vater stirbt, und übernimmt es als Songtitel. Auch zum Song "Sirens" inspiriert der Tod ihres Dads. Sie lädt das Lied auf YouTube hoch. Dort entdeckt sie jemand, wird ihr Manager. Er empfiehlt ihr, noch während sie Schülerin ist, private Schreib- und Kompositionskurse zu belegen. Sie nimmt den Rat an: eine sinnvolle Investition, wie sich zeigen wird. Gesang flog ihr bis zu diesem Zeitpunkt eher intuitiv zu. Ihre Mama inspiriert sie: "Meine Mutter ist ziemlich lustig, weil sie überhaupt kein bisschen musikalisch ist, Musik aber liebt", plaudert Celeste. "Und sie singt immer so abgefahrene Versionen in dem Stil, wie sie denkt, dass ein Song geht. Als ich aufwuchs, fand ich sehr interessant, wie sie jenseits der perfekten Balance sang und Noten nicht traf, und die ganze Art, mit der sie bestimmte Sachen zuhause sang", verrät Celeste dem englischen Interviewmagazine. "Aber ich denke, vielleicht hat genau diese Art das Bild in meinem Kopf davon gezeichnet, wie ich meine eigenen Versionen von Songs machen könnte, die ich zutiefst mochte." Mit Freunden beginnt Celeste, in einer Hobby-Band zu jammen, und steuert neben dem Gesang auch ein paar eigene Songs zu den Coverversionen bei. Als Schülerin jobbt sie in einem Pub. Dort finden ständig Konzerte statt. So wächst sie ins Musikmachen hinein. Beflissen klickt sie sich durchs Netz, um Material zum Covern zu finden: YouTube und iTunes sind in ihrer Pubertät die Quellen, um Jazz zu entdecken, wenn die Eltern eben keine Vinylsammlung im Haus haben. Hört man ihre Musik, mag man annehmen, dass sie als Kind vielleicht Billie Holiday verehrte. Das stimmt zum Teil: Noch mehr wecken aber Ella Fitzgerald und Aretha Franklin ihr Interesse für Musik, erinnert sich Celeste. Auch Blues gönnt sie sich als Kind. Aber Billie wurde auch viel aufgelegt: bei Celestes Großeltern. Da die alleinerziehende Mutter als Maskenbildnerin im Showgeschäft oft abends und auswärts unterwegs war, hatte sie die kleine Celeste oft bei Oma und Opa abgeliefert. So kommt es, dass Celeste als Nineties-Kid mit Musik der 40er Jahre groß wird. Zuhause in ihrem Kinderzimmer wächst sie erst noch mit Kassette auf, dann mit CD, und legt sich bald digital ein großes Jazz-Archiv zurecht. Als sie 21 ist, entdeckt sie im Erbe ihres Vaters eine riesige Vinyl-Sammlung und hat dort noch viel Altes durchzustöbern, zum Beispiel Desmond Dekker. Jetzt kommen Reggae und Ska hinzu. Ein Jahr darauf, als sie längst selbst professionell schreibt, avanciert Solange Knowles zu einem weiteren großen Einfluss. Aber nicht nur, weil viele Leute das Album "A Seat At The Table" feiern und hypen. Nein, auch frühere Songs von Solange, etwa von "Sol-Angel And The Hadley St. Dreams", hatten es ihr bereits angetan und sie lange begleitet. Nach Soundcloud-only-Veröffentlichungen und einem Song in Sendungen von BBC Radio 1 nimmt das Label von Lily Allen sie für EPs und Singles unter Vertrag. Diese Konstellation pusht Celeste so weit, dass sie einmal für Roy Ayers als Vor-Act in London auftritt. Michael Kiwanuka entdeckt Celeste, mag sie und möchte sie gerne als Support-Act für seine Europatour 2020 gewinnen. Er wirbt für sie erfolgreich bei den Managern von Polydor/Universal, und Celeste wechselt zur größten Plattenfirma der Welt. Während ihre Songtexte beim Verlag der zweitgrößten liegen: Warner/Chapell Music. Gute Voraussetzungen für eine weltweite Vernetzung. Für den Song "Coco Blood" bricht Celeste zu ihren familiären Wurzeln auf die Karibikinsel Jamaika auf. Das Musikvideo entsteht vor Ort. Dabei bezieht sich die Textzeile "old man in a new jag" auf Celestes jamaikanischen Großvater. Die Songs schreibt Celeste nicht ganz alleine, sondern meist zusammen mit Jamie Hartman. Er war auch schon Co-Autor für die Backstreet Boys und Rag'n'Bone Man, und auf seine Kappe geht dessen Hit "Human". Ein erster Deutschlandauftritt folgt im Vorprogramm von Janelle Monáe. Celestes Stil, mit teils elektronisch veredeltem Conscious-R'n'B, in dem jede Note und Silbe eine große Bedeutung hat, passt gut zu Janelles Future-R'n'B. 170 Presseleute kommen im Auftrag der BBC zu einem Urteil, welche Newcomer im Jahr 2020 den Durchbruch schaffen können. Celeste landet mit den meisten Stimmen an der Spitze der Liste vielversprechender Talente. Ihr Debütalbum befeuert den Sprung ins nächste Level vielleicht: Es wird für April/Mai 2020 angekündigt. Die Jury attestiert Celeste "zeitlosen Soul", der an "die innersten Gefühle" gehe. Da haben die BBC-Experten wohl Recht: Ein bisschen muss man beim Timbre ihrer Stimme an Amy Winehouse denken. Entsprechend setzt ein erster kleiner Hype ein. Die "Lately"-EP kursiert nur in wenigen Vinyl-Exemplaren. Die Preise klettern schnell auf über 200 Euro. Mit Amy hat Celeste gemeinsam, dass beide viel von der Vocal-Jazzerin Sarah Vaughan aufgesogen haben. Aber den Vergleich mit Amy Winehouse findet Celeste sehr hoch gegriffen, allenfalls handwerklich mag es Parallelen geben. Es ist Celeste immens wichtig, verletzlich und angreifbar zu klingen, bei der wahren Geschichte zu bleiben, was immer sie erlebt. So dauert es bei ihr manchmal quälend lange, bis ein Song entsteht, und manchmal nur zehn Minuten. "Manchmal passieren schreckliche Dinge, aber so ist das Leben an sich, und es hat immer mit Emotion zu tun", sagt sie dem Interviewmagazine. Außerhalb des R'n'B macht Paul Weller das junge Talent populär. Er nimmt mit ihr einen seiner älteren Songs als Live-Video im Duett auf, "You Do Something To Me". Für Celeste ist all das weit von dem entfernt, was sie als Jugendliche einmal werden wollte. Ihr ursprünglicher Plan sah eine Karriere als Modedesignerin vor. So erklären sich wohl manche extravaganten Outfits der 1,80-Meter-Frau. Die redegewandte Künstlerin zeigt, dass sie nur machen wird, worauf sie absolut Lust hat. In ihr brennt und lodert es, im Song "Stop This Flame" trägt sie die Fackel von Black Power-Aktivistin Nina Simone weiter und verwendet einen Songschnipsel von ihr. Celeste verbindet die 2020er Jahre mit einer lange zurückliegenden Zeit, als Jazz ein Sprachrohr war.
© Laut

Diskografie

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