Twelve Nudes

Albumbeschreibung

Nach der Glam-Rock-Episode, in der Transangelic Exodus (2018) wegen seiner facettenreichen Soundscapes und theatralen Vorliebe begeistert gefeiert wurde, meldet sich Ezra Furman mit einem vernichtenden Abstecher in den Punk zurück, genauer gesagt mit Coverversionen sowohl von The Clash, sowie Dead Kennedys als auch David Bowie. Der Zorn und die Wut in Twelve Nudes treten dank einer sachlichen Produktion zutage: dröhnende Gitarren, voll ausgelastete Rhythmussektion – und dann noch Furmans Gesang, genauso rau, als hätte er ein ganzes Jahr lang in der Rauchbude von Empty Bottle verbracht und sich dabei einen Malört-Shot nach dem anderen verabreicht. Beinahe völlig außer Kontrolle und zwischen Panikanfällen und Angstgefühlen hin- und hergerissen zeigt sich der Rocker aus Chicago in Calm Down aka I Should Not Be Alone, um dann plötzlich einen Revolutionssong von Evening Prayer aka Justice anzustimmen, der dem Engagement der sechziger Jahre die Ehre erweist: „Pour gasoline on the embers / Give yourself a physical record / Deliver that fire in the real world / And tell them that E Furman sent ya.“

Wir haben schon verstanden, Ezra Furman hat solide soziopolitische Überzeugungen. Sie beziehen sich vor allem auf seine Genderbending-Identität, die er in der Transgender-Hymne Wanna Be Your Girlfriend zur Sprache bringt, aber auch in dem lautstark aufgedrehten Blown, der dem Sound total kaputter Verstärker nacheifert –Verzerrung, digitale Kunststücke, voll aufgedrehte Regler sind lauter kreative Werkzeuge, um die totale Verzweiflung des 32-jährigen Sängers  zum Ausdruck zu bringen. Letzterer drängt nämlich den Song in die Enge, als würde auch dieser gleich aus allen Nähten platzen. Übrigens sickert die Idee durch, dass die Musik kaum noch ausreicht, um die Überzeugungen des Sängers zu vermitteln, denn Furman brüllt: What Can You Do But Rock‘n’Roll: „Bisexual blues has got me dying to be recognized / My heart is on fire, does any one know?“ Geistesblitze des Punk und Feinfühligkeit eines eigenartigen Poeten zu kombinieren, das gehört zum Markenzeichen dieses von Widersprüchlichkeiten zerrissenen Menschen, der damit erst recht unwiderstehlich wird. © Alexis Renaudat/Qobuz