Behind Her Eyes (feat. Stefan Schultze, Tom Rainey)

Albumbeschreibung

Ein Blas-, ein Harmonie- und ein Rhythmusinstrument – nicht mehr als das! Anfänglich setzt das Trio nur nachklingende Punktierungen. So schlicht beginnt es. Aber was manche despektierlich als Rumpf-Band bezeichnen würden, erweist sich hier als Glücksfall. Denn die drei Musiker verstehen sich als Experimentatoren, deren Klangsensorien und deren Einfallsreichtum weiter reichen als nur bis an die Grenze dessen, was wir Jazz nennen. Immerhin ist schon das Eingangsstück „Edgewise“ eine Hommage an Morton Feldman, einen Heroen der Neuen Musik.
Natürlich hat es schon solche frei schwebenden Trios wie hier gegeben. Am bedeutendsten vielleicht die Dreierformationen von Drummer Paul Motian. Aber Stefan Schultze am Klavier, Peter Ehwald am Tenorsaxofon und Meisterdrummer Tom Rainey aus der New Yorker Downtown-Szene kennen nicht nur die Rezeptur für die feine Balance zwischen spontaner Interaktion und kompositorisch gebundenen Teilen, sondern leben sie musizierend aus. Schultze und Ehwald, die sich seit ihrer Zeit der Aufnahmeprüfung fürs Musikstudium kennen, hatten Rainey eh lange auf dem Radar. Letztes Jahr ergab sich eine Trio-Tour mit dem Amerikaner. Zwischendurch gingen die drei ins Berliner Studio und spielten diese Scheibe ein. Tatsächlich fällt der musikantische Impetus von Rainey geradewegs ins Ohr; wie ein Melodiker spielt er seine Toms, seine Becken, tastet sich an den Rändern der Snare ab. Erstaunlich auch, wie unumwunden romantisierend Schultze seine Tasten zeitweise benutzt und Ehwalds Linien harmonisch grundiert – ohne dass das Ganze jemals seicht oder vorhersehbar würde. Um dann wieder abstrakte Klangfelder zu erkunden. Man muss schon einen hohen musikalischen Ausdrucksradius besitzen, um so agieren zu können.

© Urbach, Tilman / www.fonoforum.de