Marsimoto
"Ich habe Marsimoto erschaffen, damit Deutschland wieder träumen kann", erklärt Marteria den Ursprung seines Alter Egos. Blöd bloß, wenn die Spaltpersönlichkeiten dann ein Eigenleben entwickeln. "Es ist einfach unfair", beklagt sich Marsimoto bitterlich gegenüber der Juice darüber, in Marterias Schatten dümpeln zu müssen. "Ich mein', beim Splash! hab' ICH den großen grünen Rauch!"
Dabei würde es Marteria im Leben nicht einfallen, abwertend über seinen durchgeknallten Zwilling mit der grünen Brille zu sprechen. "Auf jeden Fall war Marsimoto der Türöffner. Für alles. Jan Delay hat mich damals mit auf seine Tour genommen, weil er das allererste Marsimoto-Album so gefeiert hat. Nicht wegen Marteria oder wegen irgendwelcher wahnsinnigen Videos oder irgendwelchem Hit-Produktionsquatsch. Sondern weil er Marsimoto gefeiert hat."
Auch, wenn sich viele an der Stimme und der anfangs doch arg einseitig THC-lastigen Themenwahl stören und den maskierten Marsimoto als simplen Quasimoto-Abklatsch schmähen: Gründe, Marsimoto zu feiern, gibt es wie Sand am Meer.
Von Kopie kann keine Rede sein. Marsimoto stellt vielmehr eine Hommage an Madlibs Spaltpersönlichkeit Lord Quas dar: eben "Quasimoto auf Deutsch". Den gesichtslosen Charakter zeichnet, wie das US-Vorbild, eine hochgepitchte Stimme aus. Kritiker schreiben von "Albino-Kaninchen auf Helium" und liegen damit nicht weit daneben.
Über GabReal, der mittlerweile in Darmstadt lebt, kommt Marteria Anfang 2006 mit dem dort ansässigen Label Magnum 12 in Kontakt. Man versteht sich. Magnum 12 nimmt sich Marterias erstem Soloalbum an, das er als Marsimoto aufnimmt.
"Halloziehnation" erntet nahezu einhellig positive Resonanz, für ein musikalisch wie raptechnisch nicht uninteressantes und zudem höllisch humorvolles Projekt bei weitem nicht selbstverständlich.
Der "Soundcheck" verdeutlicht den Rahmen, unter dem die THC-geschwängerten Wortspiele in meist ärgerlich kurzen Songs entstehen: "Drei Joints, vier Becks, dann erst machen wir Marsimoto-Tracks." "Es ist eigentlich ein reines Kifferalbum", so Marteria gegenüber rap.de. "Aber ich denke, dass es viel, viel mehr ist."
Marteria - den gibts nämlich auch noch: Marsimoto taucht zusammen mit ihm in schöner Tradition der Lieblingsrapper Sido und Harris als Deine Weedlingsrapper auf "Base Ventura" auf.
Auf dem Weg zum zweiten Marteria-Longplayer "Zum Glück In Die Zukunft" entsteht, quasi aus Versehen, ein weiteres Marsimoto-Album. Des MCs zweites Ich verschiebt auf "Zu Zweit Allein" allerdings den Fokus weg von den einst ausschließlich gefeierten THC-Schwaden und wechselt, unablässig Rap-Zitate schleudernd, am laufenden Band den Blickwinkel.
Plötzlich zündet die Rakete, Marteria geht durch die Decke. Neben Jan Delay outet sich plötzlich auch Peter Fox als Fan. Marteria ist in aller Munde - und Marsimoto? Immer noch da.
2011 neigt sich dem Ende entgegen, als erneut grüner Rauch die deutsche Raplandschaft durchzieht. Die exklusiv der Juice beigelegte EP "Green Juice" sowie ein 35-minütiger Kurzfilm machen Appetit auf den nächsten Marsimoto-Streich.
Wobei ... Appetit? Eher wächst sich schon zum amtlichen Fressflash aus, was das - in Anlehnung an Torchs "Blauer Samt" sinnig "Grüner Samt" betitelte - Werk auslöst. Im Januar 2012 steht es in den Regalen.
Eine "wahnsinnige Randgruppenplatte", wie Marsomito im Vorfeld gegenüber der Juice durchblicken lässt. Es geht um Zigeuner, Indianer, aus der blauen Lagune vertriebene, sterbende Wale und um fröstelnde Pinguine. Und ums Kiffen, aber das versteht sich hoffentlich von selbst.
"Ich glaube, dass Marsimoto Erfolg haben kann", zeigt sich zumindest Marteria überzeugt. "Weil er ein Freak ist und weil es schön ist, Freaks zu haben."
© Laut
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