Electric Six
Phantastische Disco-Metal-Bastarde, gloriose Künstlernamen und kolossale Posen sind die Markenzeichen von Electric Six aus Detroit.
Sänger und Songschreiber Dick Valentine, bürgerlich Tyler Spencer und gelernter Meteorologe, rockt seit 1996 mit wechselnden Bandbesetzungen, zunächst unter dem treffenden Namen The Wildbunch, die Motor City. Mit ihrer Vorliebe für bizarre Bühnenshows und dem abenteuerlichen Genre-Mix aus Metal, Disco, Electro und Funk mischen sie die sonst eher biedere lokale Indierock-Szene auf.
Der wilde Haufen veröffentlicht drei EPs und den einen oder anderen Sampler-Beitrag, zu einem 'echten' Album kommt es aber zunächst nicht. Ein ansässiger Journalist vermutet, die Bandmitglieder hätten einfach zu viel Spaß. Ende 2002 ändern sie ihren Namen in Electric Six, da sich in den 80ern bereits ein Bristoler Massive Attack-Vorläufer The Wildbunch nannte.
Nach sechs relativ erfolglosen Jahren bringt die Single "Danger! High Voltage" den Durchbruch für die Electric Six, beflügelt von dem Gerücht, Stadt- und Label-Nachbar Jack White habe das Stück mitproduziert und die Zweitstimme gesungen. Die Band bestreitet das vehement: Die gepitchten Vocals stammten statt dessen von John S. O'Leary, einem Fan, der ein Preisausschreiben auf der E6-Homepage gewonnen habe. Aber der Saxophonspieler sei Bill Clinton. Eine der vielen bizarren E6-Legenden.
Dank des Aufsehens und unterstützt von einem durchgeknallten Video gelangt die Single bis auf Platz zwei der Charts - in Großbritannien! Die begeisterungsfähigen UK-Medien stürzen sich enthusiastisch auf den Sechser. Anfang 2003 bringen Dick Valentine, der Rock'n'Roll Indian (Gitarre), Surge Joebot (Gitarre), Disco (Bass), M (Drums) und Tait Nucleus (Keyboard) ihr erstes Album an den Start. Doch die Veröffentlichung verschiebt sich bis in den Juni, da in den Songs zu viel von Nuklearkriegen die Rede ist, was der Plattenfirma in Irakkriegszeiten unbotmäßig erscheint.
Kurz vor dem Release der zweiten Single "Gay Bar" kommt es zum Bandsplit: Der Rock'n'Roll Indian, Surge Joebot und Disco werden ersetzt von Johnny Na$hinal, The Colonel und Frank Lloyd Bonaventure. Alte und neue Bandmitglieder inszenieren in der britischen Musikgazette NME eine genüssliche Schlammschlacht und die Single geht auf Platz fünf.
Danach bleibt es auffallend ruhig um die Truppe, so ruhig sogar, dass die meisten nicht einmal ihre Album-Rückkehr im Februar 2005 mitbekommen. Der Deal mit dem White Stripes-Label XL Recordings ist derweil Vergangenheit, "Señor Smoke" erscheint bei dem kleinen Warner-Imprint Rushmore Records. Da sich dieser Laden allerdings standhaft weigert, die Platte neben England auch in Amerika zu veröffentlichen, ist der Deal auch schnell wieder Vergangenheit.
Nun treten Metropolis Records ins Leben der Electric Six und hauen das Werk Anfang 2006 unters Volk, wo man das Video zu "Radio Ga Ga", in dem Valentine als Freddie Mercurys Geist auf dessen Grab umher tanzt, freundlicher aufnimmt als auf der Insel. Weitere Songs nennen sich "Bite Me" und "Vibrator" und dürften somit die alten Themen weiter erzählen.
Im selben Jahr hat der Sechser dann bereits den dritten Longplayer fertig. Titel: "Switzerland". Kurz vor der Fußball-WM in Deutschland scheinen sich die Detroiter Rockblödler mächtig aufs Team der Alpenrepublik eingeschossen zu haben und bieten ihren Fans via Homepage jeweils einen neuen Song für jeden Sieg der Schweiz an. Im November erscheint das Werk dann in voller Pracht und erinnert in Teilen an alte Glanztaten wie "Danger! High Voltage" und "Gay Bar", fällt aber eine Spur rocklastiger aus.
Mächtig stolz ist die Truppe derweil auf einen halbprominenten Fan. Die Australierin Kimberly Rogers schafft es mit Foto und ganz ohne Gegenleistung auf die offizielle Homepage der Band. Ohne Gegenleistung? Nicht ganz, handelt es sich bei Rogers doch um das Penthouse-Bunny des Monats Oktober 2006.
In der Folge veröffentlichen Electric Six weiterhin fleißig Alben (u.a. auch via Kickstarter finanzierte), die allerdings international unter dem Radar bleiben. Dasselbe gilt für Valentines bis dato drei Soloalben. Dazu sind nicht wenige Bandmitglieder bis 2015 ausgetauscht, als die offizielle zehnte Langrille namens "Bitch, Don't Let Me Die" erscheint. Neben Fronter Dick Valentine sind Da Ve, Johnny Na$hinal (beide Gitarre), Smorgasbord am Bass, Tait Nucleus (Keys) und Drummer Percussion World beteiligt.
© Laut
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