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Death and Vanilla

Wenn der Henker eine Vanilleschote am Revers trägt, dann ergibt der Bandname vielleicht Sinn: Oder für den Fall, dass der Tod nach Vanille riecht. Death And Vanilla würde passen, wenn die Blüten der madegassischen und mexikanischen Gewürzpflanze giftig wären - was sie für Katzen tatsächlich sind. Ansonsten kann man die Wortpaarung nur im Reich der Träume verorten, was dann wirklich gut passt. Das Duo, einst Trio, fertigt in erster Linie Dreampop. Dreampop - der Stoff zum Träumen? "Ich feiere Leute, die in einer träumerischen Weise aufs Leben blicken oder das große Ganze sehen", bekundet uns Frontfrau Marleen im Interview. "Wenn jemand sozusagen mit dem Kopf 'up in the clouds' ist, über den Wolken schwebt, dann finde ich das eine ganz romantische Einstellung." Die entsprechende Musik trägt manchmal recht alternative Züge mit Kunstanspruch und sprüht vor Nostalgie. Manchmal ist sie auch einfach eingängig. Trotz des Labels in London und Bezug zur exotischen Schote, stammen Death And Vanilla aus Malmö an der schwedischen Westküste. Die Stadt liegt dem dänischen Kopenhagen gegenüber und ist quasi die Eintrittspforte ins nordische Land. Ein transportstrategisch guter Ort für Fabriken, wie die Schokoladenfabrik, in der Anders Hansson arbeitet. Er bestreitet dort im Büro als Marketing-Mitarbeiter seinen Lebensunterhalt. Bei Death And Vanilla sorgt er für alles, was an den Saiten passiert (Gitarren, Zither, ...) und für Loops am Rechner. Seine Mitstreiterin Marleen Nilsson, im Brotjob in einer Firma für Licht- und Tontechnik, regiert übers Reich der Tasten: Aus verschiedenen Phasen der Geschichte elektronischer Musik führt sie Synthesizer-Geräte, inklusive Klassiker-Modellen von Moog, zusammen - bis zurück zum Mellotron, einer Erfindung der Sixties. Der elektromechanische Keyboard-Vorläufer hat seine Berechtigung immer dann in den Sounds, wenn es psychedelisch-verwaschen klingen darf. Die Tasten-Klötze einschließlich Orgel gesellen sich in reizvoller Verschmelzung zum weich tönenden Jazz-Percussioninstrument Vibraphon. All die Klänge, die da entweichen, durchlaufen Verfremdungen, ins Seltsame verschobene Überarbeitungen. Off-kilter nennt man das im Englischen. Die Ideen und Motive sind grundsätzlich auf den Studioalben in klare Song-Strukturen eingebettet. Dabei drehen sich aufblitzende Einfälle in krautiger Umkreisung ins Verträumte, bis sie ohne klaren Cut irgendwann ins Fade-Out aus rinnen. Und dort knüpft bei "Are You A Dreamer?" (Mai 2019) dann jeweils der nächste ähnlich gestimmte Track an, sodass eine Dreampop-Dauerschleife, sowas wie ein Konzeptalbum entsteht. Doch es gibt keine durch erzählte Story. Die Gesangs-Spuren verschwimmen im Strudel der dicht durchmischten Sounds. So entsteht ein Unterwasser-Effekt, der etwas Beruhigendes ausstrahlt. Diese Machart als aktivierender Tranquilizer 'funktioniert' auch auf dem Nachfolger "Flicker" perfekt (März 2023). Auch bei diesem Soundtrack zum (Tag-)Träumen ist der Aspekt des (Noch-)Nicht-Realen ernst gemeint, wie uns Marleen erklärt. "Dass man traumhafte Visionen hat. Dass du fähig bist, 'groß', 'weitwinklig' zu träumen. Dass du keine Limitierungen in deinem Leben siehst. Dass du dir vieles wünschst, für dich selbst, auf eine positive Art. Es geht dabei nicht um 'Ziele', mehr um Visionen. Und dass du es wagst, aus sozialen Konventionen auszubrechen. Ich hatte mit jemand Jüngerem in meiner Familie diese Diskussion, wo es hieß, 'oh, du musst aber dies und das erreichen, du musst einen guten Job finden', und ich dachte mir nach dieser Diskussion: Es ist aber doch gut, eine Träumerin zu sein!" Doch als die Band 2009 in Trio-Form ihre Rezeptur entwickelt, kommt sie selbst nicht auf eine entsprechende Genre-Zuordnung. "Anfangs kam's uns nicht in den Sinn, dass wir ein Dreampop-Act seien", erinnert sich Marleen Nilsson. Los geht's an der Seite des Keyboarders Magnus Bodin auf der self-titled Platte "Death And Vanilla". "Eine Menge Leute hören uns als eine Dreampop-Band, also geh ich davon aus, dass wir auf eine gewisse Art ins Genre rein passen. Denn es gibt einige Elemente bei uns, die natürlich traumartig sind, in einer Traum-Landschaft spielen, und es ist auch Popmusik. Wir selbst betrachten uns eigentlich durchaus als Pop. Das ist zwar ein weit gefasstes Feld. Ich selbst mag aber die Definition von Pop. Ich mag es, wenn Songs ein bisschen 'catchy' sind, und wenn sie so gestaltet sind, als würden sie zu einem Film gehören. Als würde sich dazu eine Handlung ereignen oder ein Gefühl ausbreiten." Für den Semi-Stummfilm "Vampyr - Der Traum des Allan Gray" (1932) entwerfen Death And Vanilla 2013 tatsächlich einen Soundtrack anstelle des deutschen Original-Scores von Wolfgang Zeller. Der Horror-Klassiker mit Texttafeln, Geflüster und Musik lebt somit in England in einer neuen Stimmung wieder auf. Anstelle von Tracks zu einzelnen Szenen handelt es sich um 20-minütige Musik-Sequenzen. Death And Vanilla gehen in die Vollen. Auch für eine Aufführung eines anderen historisch wichtigen Horror-Thrillers, "The Tenant" ("Der Mieter"), entwerfen Death And Vanilla die Begleitmusik. Das Werk von Roman Polanski aus dem Jahr 1976 erhält 42 Jahre später einen neuen Soundtrack, um den Movie Classic an ein jüngeres Publikum heran zu führen. Doch auch hier obsiegt die Vergangenheit. "Das skandinavische Retro-Duo feuert seine Moogs und Mellotrons ab, als Klangarchäologen mit einer unbedingten Erforschung der Musik-Vergangenheit. In ihren Avant-Kraut Moog-Pop-Exkursionen liegt eine verlockende Sexiness", urteilt das britische Magazin Uncut. Die Tageszeitung Guardian entdeckt Parallelen zu Julee Cruises "Twin Peaks"-Soundtrack. Die Kino-Ausflüge zeigen, dass Death And Vanilla keinen Gesang benötigen. Den übernimmt Marleen, wenn nötig. Vocals spielen jedoch nicht die ganz große Rolle bei der Vanille-Combo. Eher verquirlen sich die ganzen Töne im Dickicht, auch Gesang. Mit ihrem Retro-Image fühlt sie sich wohl: "Natürlich musst du zurück gehen, um die Gegenwart zu verstehen. Und um die Sixties zu verstehen, musst du dich mit den 1940er und '50er Jahren beschäftigen. Ich lebte aber nicht in diesen Zeiten. In den späten '60ern herrschte die Kultur einer neuen sozialen Ära. Diese Periode war wahrscheinlich einzigartig." - Ihre Lieblingsalben umfassen dennoch Werke der '70er und '90er: Alice Coltranes "Journey In Satchinada", weil zeitlos und entspannend, "Dr. John's Gumbo", "Dark Side Of The Moon", "Mother Earth's Plantasia", "Different Class" und "Moon Safari". Diese Zusammenstellung kontrastiert ganz genauso wie Death And Vanillas Musik einesteils Erdverwurzelung mit kosmischem Blickwinkel und Fantasie auf der anderen Seite.
© Laut

Diskografie

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