Brief

Albumbeschreibung

Der Titel seiner einstigen Konzertreihe im Kölner „Loft“ hatte mehr als nur den Ruch humorvoller Wahrheit: „Nicht ohne Robert“. Denn kaum eine avancierte Band des deutschen Jazz schien in den letzten anderthalb Dekaden ohne Robert Landfermann auszukommen, wovon über 60 Tonträger künden. Eine stolze Leistung für den stets in sich ruhenden Bassisten, der nun mit „Brief “ das zweite Album seines Quintetts präsentiert. Wie schon auf dem Erstling „Night Will Fall“ von 2016 offeriert der auch als Komponist überragende 36-Jährige erneut wunderschön offen strukturierten Kammerjazz, der aus den ungemein sensiblen Zwiegesprächen seiner Interpreten einen unwiderstehlichen Zauber entfaltet. Der entwickelt sich vor allem aus den zarten Tändeleien der beiden Frontmen, Christian Weidner am Alt- und Sebastian Gille am Tenorsax, die in freiem Geschnatter zu Landfermanns vibrierenden Basslines den intensiven Spielfluss eröffnen. Wozu der mit allen Wassern zeitgenössischer Trommelkunst gesegnete Jim Black kraftvolle Pattern pulst, die Pianist Elias Stemeseder mit flirrendem Spielwitz pointiert tastend auffüllt. Später entdeckt man in den spannungsvollen Reibungen der Saxofone gar Ornette'schen Charme, freut sich über delikat freie Läufe des Pianisten in großen Räumen und wundert sich immer wieder, wie organisch die Beziehungsgeflechte von zarten Einzelaktionen und traumhaften Duetten zu hinreißenden Tutti wechseln. Was unglaublich spontan und aus dem Moment entstanden wirkt, zeigt grandios, wie raffiniert Robert Landfermann seine Kompositionen angelegt hat, die in dynamisch prächtig mäanderndem Flow ein farbenreiches Kaleidoskop geräuschhafter Klänge mit anrührend melodischen Momenten zu aberwitzig detailreichen Soundscapes verbinden.
© Thielmann, Sven / www.fonoforum.de