Am Ende des Jahres 2003 beherrschten Songs mit einer Mischung aus Rap (In Da Club von 50 Cent, auf Platz 1) und sexy R&B (Ignition von dem heute unrühmlichen R. Kelly) sowie Rocksongs, die als neue Hits für den AC-Hörfunk durchgingen (von 3 Doors Down, Matchbox Twenty) die Billboard-Charts. Jenseits dessen fand eine Revolution statt, die zu einer neuen Generation von Arena-Rockbands führte und sich sowohl auf den Sound als auch den Stil der Mainstream-Kultur auswirkte. Hier sind einige dieser großen Bands, die vor zwei Jahrzehnten für Aufruhr sorgten und einen fortbestehenden Einfluss hinterließen.
The White Stripes © Ewen Spencer
The White Stripes © Ewen Spencer

The White Stripes erlangen ein neues Level

Das Detroiter Duo um Gitarrist/Sänger Jack White (geb. Gillis) und Schlagzeugerin Meg White hatte bereits im Jahr 2000 mit De Stijl für Aufruhr im Underground gesorgt und später mit White Blood Cells - vor allem mit der Single Fell in Love with a Girl (die ein ganzes Genre von Garage-Rock-Revival-Bands wie die australische Band Jet inspiriert hat) - MTVs Aufmerksamkeit auf sich gezogen. 2003 bewiesen sie, dass sie keine Eintagsfliege waren!

Auf Elephant hatte das Duo noch nie so groß, stolz und düster zugleich geklungen. Eine wütende (auf die Welt? die Musikindustrie? Skeptiker?) Verschmelzung von Garage Rock, Blues und Detroit Punk, bei der sie sich vom Blues Rock Carl Perkins abwenden und das Genre à la Led Zeppelin angehen.

Der Song, an den sich wohl jeder erinnert, ist Seven Nation Army - ein hämmernder Groove, angeführt von etwas, das wie ein muskulöser Bass klingt, der in Wirklichkeit aber Jack Whites Kay Hollow Body-Gitarre ist, die durch die Einstellung eines Whammy-Pedals eine Oktave tiefer gelegt wurde.

Obwohl der Song nur auf Platz 76 der Hot 100 landete, erreichte er die Spitze der Modern-Rock-Billboard-Charts und wurde zur FIFA- (und sogar zum inoffiziellen Titelsong der italienischen Nationalmannschaft), NFL-, NHL-, MBA-, NBA- und WWE-Veranstaltungs-Hymne. Wahrscheinlich war es nicht gerade das, was sich der Purist Jack White vorgestellt hatte, aber dieser Erfolg machte ihn umso reicher.

Es eröffnete sich ihm die Möglichkeit, seinen Einfluss zu erweitern und das nicht nur mit seiner Solokarriere und Bands wie Dead Weather und den Raconteurs (die White Stripes lösten sich 2011 offiziell auf), sondern auch mit Third Man Records, einem Studio, Label und Plattenladen mit Sitz in Nashville, das Musik von Loretta Lynn, Margo Price, den Paranoyds, Gina Birch und weiteren veröffentlicht.

The Killers rocken die Bude

Obwohl The Killers aus Las Vegas in gewisser Weise von den Strokes inspiriert wurden - Frontmann Brandon Flowers sagte, dass sie nach dem Hören von Is This It alles verwarfen, woran sie gerade arbeiteten -, brachten sie eine Dancefloor-Welle ins Rollen, die gleichzeitig schriller und dunkler war als die ihrer Zeitgenossen. Zu verdanken hatten sie dies dem schäbigen, paillettenbesetzten Vibe ihrer Heimatstadt, aber auch Vorbildern wie Duran Duran (mit schmalen Krawatten und allem drum und dran) und New Order sowie dem damals brandneuen Slapback-Delay-Vokalfilter Echo Farm, der Flowers’ Stimme in mysteriöse Klangfarben hüllte.

Ihr Debütalbum Hot Fuss wurde erst im Januar 2004 veröffentlicht. Die Welt war zu diesem Zeitpunkt bereits in den Bann ihrer Debütsingle Mr. Brightside gezogen. Der Song, eine angeblich wahre Geschichte über Flowers, der seine Freundin im Crown & Anchor Pub in Vegas beim Fremdgehen ertappt, strotzt nur so vor Paranoia, aufsteigenden Tonarten und einem rasenden Schlagzeugbeat.

Flowers sagte, er habe eine Iggy Pop-ähnliche Abgeklärtheit angestrebt: “Wenn man sich die Lust for Life-Platte anhört, singt Iggy monoton Sweet Sixteen, und ich habe versucht, genauso zu klingen”, sagte er dem Rolling Stone. “Es ist nur so, dass ich eine süßere Stimme habe als Iggy, und ich war noch ein Kind, also kam es so heraus, wie es herauskam.”

Die Dringlichkeit in den Strophen: “And she’s calling a cab/ While he’s having a smoke/ And she’s taking a drag/ Now they’re going to bed/ And my stomach is sick” (“Und sie ruft ein Taxi/ Während er eine raucht/ Und sie nimmt einen Zug/ Jetzt gehen sie ins Bett/ Und mein Magen ist krank”) wurde unterdessen von David Bowies Queen Bitch inspiriert (“Now she’s leading him on/ And she’ll lay him right down”).

Der Song war in Amerika unter den Top-Ten-Hits und hielt sich mehr als 200 Wochen lang in den Top 100 der britischen Singles-Charts, was zu einer Reihe von Nachahmern von Franz Ferdinand über die Kooks bis zu den Kaiser Chiefs führte.

Und mit ihrer Vorliebe für schicke Anzüge in Samt oder in Weiß im Stil von Roxy Music mit Eyeliner waren The Killers gleichzeitig der Wegbereiter für eine Stilrevolution auf der Tanzfläche! Zwanzig Jahre später gelten sie als Arena-Rockband, die mit Mr. Brightside einen ewig währenden Hit gelandet haben.

Die Verbreitung des Emo-Pop

Wenn Bands wie die Get-Up Kids, Promise Ring und Jimmy Eat World - die 2001 mit Bleed American und dem unausweichlichen The Middle ihren Höhepunkt erreichten - die zweite Welle des Emo-Pop in den späten 90ern bildeten, dann bescherte uns das Jahr 2003 den Emo 2.5.

Es ist das Jahr, in dem Yellowcards karriereveränderndes Ocean Avenue begann, Wellen zu schlagen. Motion City Soundtrack veröffentlichten ihren ewigen Show-Closer The Future Freaks Me Out, und The Ataris machten eine neue Generation mit Don Henleys The Boys of Summer (geschrieben von Mike Campbell von Tom Petty’s Heartbreakers) bekannt, indem sie den Verweis auf den “Deadhead-Aufkleber auf einem Cadillac” durch Black Flag ersetzten.

All dies ebnete Bands wie My Chemical Romance und Fall Out Boy kurz darauf den Weg, um ihrerseits große Erfolge zu verzeichnen.

Death Cab for Cutie Bieterkrieg um die beiden Bands von Ben Gibbard

Seit 1998 und ihrem Barsuk Records-Debüt Something About Airplanes waren Death Cab for Cutie aus Bellingham, Washington, bereits auf dem Weg in den Mainstream, als sie ihr viertes und letztes Album Transatlanticism veröffentlichten. Dieser Erfolg ist teilweise der Fernsehserie O.C. California zu verdanken, die die Band einem ganz neuen Publikum bekannt machte. Sie waren die Lieblingsband des Protagonisten Seth Cohen und traten sogar in einer Episode der Serie auf.

Der Opener The New Year schien einen neuen Ansatz anzukündigen, der grandios werden sollte und mit einem dynamischen Wechsel begann, wobei Songs wie Lightness das Talent der Band für weinerliche Themen unter Beweis stellten. Das im positiven Sinne poppige Sound of Settling schaffte es, Wohnzimmer-Sound lebendig und spannend klingen zu lassen.

Das Konzeptalbum über Liebe in Fernbeziehungen und Sehnsucht zeigte die Fähigkeit von Frontmann Ben Gibbard, die Romantik des Alltags anzuzapfen, und trug dazu bei, dass die Band von einem Major-Label unter Vertrag genommen wurde. Interscope-Chef Jimmy Iovine wollte sowohl Death Cab for Cutie als auch Gibbards weiteres Projekt aus dem Jahr 2003, die besonders populären The Postal Service, unter Vertrag nehmen und sagte angeblich: “Warum sollte ich nur das eine wollen, das sich nicht so gut verkauft wie das andere?

Der “Indie-Tronica” von The Postal Service und ihr einziges Studioalbum Give Up (das nach Nirvanas Bleach das zweitbestverkaufte Album des Labels Sub Pop werden sollte) entwickelten sich dank der Singles Such Great Heights und We Will Become Silhouettes zu einem eigenständigen kulturellen Phänomen.

Schließlich wechselten Death Cab for Cutie zu Atlantic Records, die den Barsuk-Vertrag der Band aufkauften und öffneten damit die Schleusen für eine ganze Flut von sensiblen, manchmal auch zynischen Nachahmern.

Kings of Leon
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Kings of Leon: Der Beginn ihrer Vorherrschaft im Westen

Die Kings of Leon waren noch nicht ganz reif für die Primetime - 2003 lieferten sie aber den ersten Vorgeschmack auf das, was die Vorherrschaft im Westen werden sollte. Das Debütalbum Youth and Young Manhood von den Kings of Leon war ein rebellischer Aufschrei, der der lange verstaubten Welt des Southern Rock neues Leben einhauchte. Die drei Followill-Brüder (Schlagzeuger Nathan, Frontmann Caleb, Bassist Jared) und ein Cousin (Gitarrist Matthew), die 2003 zwischen 17 und 24 Jahre alt waren, waren die Protagonisten einer unwahrscheinlich fesselnden Geschichte: Sie wuchsen in einer Familie von Priestern der Vereinigten Pfingstgemeinde auf, besuchten Ten-Revivals (Gottesdienste im Zelt) in West Tennessee und Mississippi und benannten sich nach ihrem bibelfesten Großvater.

Ihr Look in dieser Zeit war unvergleichlich. Tatsächlich sahen sie aus, als hätte man sie direkt aus dem Jahr 1974 importiert. Und auch ihr Klang ähnelte keiner anderen Band. Während Gruppen sich vom Geiste Lou Reeds, Bowies, Duran Durans und den Sonics inspirieren ließen, orientierten sich die Kings of Leon an Bands wie Thin Lizzy und Lynyrd Skynyrd, die für gute Laune sorgten. Das von der britischen Musikpresse gefeierte Debüt der Band machte in den USA kaum Furore. Bands wie The Strokes, U2 und Pearl Jam feierten sie aber und nahmen die Kings als Support mit auf ihre Tour.

Youth and Young Manhood hielt bereits einige gute Songs bereit, wie z. B. Molly’s Chambers (der seitdem in Werbespots und Filmen verwendet wurde) und Red Morning Light, aber dieses Album war noch Lichtjahre von dem entfernt, was die Band einmal werden sollte: Stadion-Headliner, die Mega-Hymnen wie Sex on Fire und Use Somebody vor der großen Masse performen.

Das bleibende Vermächtnis der Yeah Yeah Yeahs

Es ist schwer vorstellbar, dass ein Song wie Maps schon zwei Jahre früher populär wurde: Mit provozierenden Gitarren und Karen O’s schnörkellosem Gesang ist er wie der offenliegende Nerv einer Wunde. 2003 traf der Song genau den Nerv der Zeit, als sich die Welt der New Yorker für die künstlerisch angehauchte Indie-Szene öffnete. (Die Band wurde nach nur einer konfrontativen, feucht fröhlichen EP auf Touch & Go bei Interscope Records unter Vertrag genommen).

Maps ist als Liebeslied eine besondere Ausnahme auf dem sonst so aggressiven Fever to Tell der Band. O schrieb es für ihren damaligen Partner, Angus Andrew von den Liars: “Es war eine ziemlich hektische Zeit, als wir auf Tour waren und mein Freund mit seiner Band weit weg war. Die Zeile ‘They don’t love you as I love you’ war wie ‘Warum bist du da draußen bei [den Fans], wenn du bei mir sein solltest?’ Es geht darum, jemanden zu vermissen”, sagte sie.

Am stärksten berührte das Publikum die Ehrlichkeit dieses Songs. Dies lag vor allem am Videoclip. Während die Band in einer Highschool-Turnhalle spielt, fließen Os Gefühle nur so über ihr Gesicht. “Es waren echte Tränen. [Andrew] sollte zu den Dreharbeiten kommen - er kam drei Stunden zu spät und ich wollte gerade auf Tour gehen. Ich dachte nicht, dass er überhaupt kommen würde, und das war der Song, der für ihn geschrieben wurde. Schließlich kam er dann doch und ich wurde richtig emotional”, erinnert sie sich.

Der Song inspirierte unmittelbar nach seiner Veröffentlichung zahlreiche Nachahmer. Die Superproduzenten Max Martin und Dr. Luke gaben später zu, dass sie Since U Been Gone, einen Karrierehit für Kelly Clarkson im Jahr 2004, geschrieben haben, weil Martin so frustriert darüber war, wie sehr Maps nach Indie klang.

Wie Dr. Luke später Billboard erklärte: “Ich sagte: ‘Ah, ich liebe [”Maps”]’, und Max meinte: ‘Wenn sie nur einen verdammten Pop-Refrain darauf schreiben würden!’ Es machte ihn wahnsinnig, denn dieser Indie-Song war irgendwie auf sechs, ging auf sieben, ging auf acht, der Refrain kam ... und ging wieder auf fünf zurück. Das hat ihn verrückt gemacht. Und als er das sagte, kam ihm ein Geistesblitz: ‘Warum machen wir das nicht, aber mit einem großen Refrain?’” (Karen O entgegnete ihrerseits dem Rolling Stone, diese Ähnlichkeit fühle sich so an “wie der Biss eines giftigen Ungeziefers”).

Jahre später wurde Maps - insbesondere die berühmte Zeile “Wait, they don’t love you like I love you” - in Hold Up von Beyoncés Album Lemonade eingefügt, wenn sie “Hold up, they don’t love you like I love you” singt. Dieser besondere Song brachte O, Nick Zinner und Brian Chase von den Yeah Yeah Yeahs sowie einem Dutzend weiterer Songwriter mehrere Auszeichnungen ein.