Kategorie:
Warenkorb 0

Ihr Warenkorb ist leer

Melanie De Biasio

Die junge Musikerin und Sängerin Melanie De Biasio aus Belgien sollte nur mit großer Vorsicht in die Abteilung des Jazz eingeordnet werden… Sie hat nämlich nichts zu tun mit diesen sich anbiedernden Divas in den Hotelbars, die heutzutage das Gros dieses Berufs darstellen. Ihr zartbesaiteter und inniger Gesang genauso wie ihre sich mit würdevollem Ernst entwickelnden Kompositionen haben mit den ganzen jazzigen Klischees dieser Musik nichts gemein, von der man allzu oft vergisst, dass sie lange Zeit alle Kämpfe, Revolten und so manchen Revolutionen begleitet hat. Es ist also nicht erstaunlich, dass Melanie De Biasio in erster Linie die großartigen Sängerinnen zitiert, an denen sie sich inspiriert hat und zu denen Nina Simone und Abbey Lincoln gehören: Ikonen unter den Bürgerrechtlerinnen, die für einen offensiven Jazz eintreten, dem jedwede Affektiertheit fremd ist.


Der eigentümliche Werdegang dieser aus Charleroi stammenden und in Brüssel lebenden Musikerin sagt viel über ihre Entschlossenheit aus sowie über die zahlreichen Resonanzen, die ihre Musik heutzutage auslöst. Nach einem klassischen Querflötenunterricht studiert sie Harmonielehre, ohne aber das übliche Studium zu machen. Als Fünfzehnjährige schließt sie sich einer Rockgruppe im Gymnasium an, die unter dem Einfluss der verfemten Helden jener Zeit steht – Nirvana, Jeff Buckley – und ihre sich leicht anpassende Flöte findet auch in einer Funkgruppe Platz oder sogar bei den langhaarigen Fans eines Zappa. Nach einem kurzen Studium der Gesangstechnik am Königlichen Konservatorium in Brüssel beginnt sie in einem Jazz-Trio zu singen, wo sie Klassiker und auch ihre ersten Kompositionen präsentiert. Eine lange Tournee nach Russland führt jedoch dazu, dass sie aufgrund einer Lungenentzündung stockheiser wird, woraufhin sie mehrere Monate lang kein Mikrofon mehr in die Hand nehmen und nicht mehr auftreten kann.


Als sie wieder weitermacht, bringt sie mit A Stomach Is burning einen anderen Teil des Körpers zur Sprache. Dieses Debütalbum bildet die Grundlage ihrer ansprechenden, atmosphärischen Gesangsart, welche die teilweise heiklen Improvisationen eines Quartetts überlagert, das eindeutig unter dem Einfluss eines Miles Davis steht. Das Album wird in der Zeitschrift Jazzman mit vier Sternen ausgezeichnet und erhält den renommierten belgischen Musikpreis „Octave de la Musique“, der etwa einem „Grammy“ entspricht. Trotz dieser Anerkennung gibt Melanie De Biasio gleich zu verstehen, dass sie für ihr nächstes Album noch ein bisschen weiter über die Grenzen des Jazz hinausgehen möchte. Die Kompositionen, die in Zusammenarbeit mit Pascal Paulus – Clavinet- und Synthiesound – entstehen, „müssen sich Zeit lassen“, wie sie sagt, „um eine Geschichte zu erzählen, auf Schlichtheit abzielen und dem Chaos Zeit geben, damit es sich konkretisieren kann“.


Im Oktober 2013 erscheint No Deal, ein erst durch einen langen Zeitraum hindurch allmählich ausgegorenes Album, das mit einer dreitägigen Flash-Aufnahme im Studio begonnen hatte und dann zwei Jahre lang heranreifte, in denen Melanie de Biasio die Zeit dazu nutzte, um an künstlerischen Projekten für benachteiligte Bevölkerungsgruppen teilzunehmen. Sie will sich Zeit nehmen, um den Klängen im Raum eine bestimmte Ablaufstruktur zuschreiben zu können, was manchmal an Hexerei grenzt. Melanie verwendet lieber Schlüsselworte, um ihre Musik zu definieren: Echo, Purpur, Licht… Sie erwähnt auch Stoffe: Kaschmir, Seide, Samt… und Holz! In Sachen Inspiration beruft sie sich übrigens auf den Vogelgesang, aber auch auf Mark Hollis von Talk Talk. Auf treffende Weise spricht sie von einer Platte „des Schattens und der Dämmerung“, denn es stimmt, dass diese Chiaroscuro-Musik am helllichten Tag so gut wie keine Wirkung zeigen würde, im Halbschatten jedoch vielerlei, unglaubliche Interpretationen zulässt. Mit den beiden Pascals – P. Paulus am turbulenten Keyboard, P. Mohy am klassischen Klavier – und dem Schlagzeuger Dre Pallemaerts, hat sie das Gespann ein weiteres Mal ausgelichtet, um mehr Raum ihrem Gesang zu lassen, der den Zuhörer auf I Feel You unmittelbar fesselt, aber etwas mehr als eine halbe Stunde später versetzt sie ihn dann in einen erschaudernd abgestumpften Zustand unterschwelligen Glücks…


In jüngster Zeit hat selten eine Platte – und nicht nur eine Jazzplatte – so viel versteckte, dunkle Schönheit und Lumineszenz zum Ausdruck gebracht, die tausend verschiedene musikalische Sprachen sprechen, zugleich bezaubernd und unberechenbar sind und doch durch und durch zugänglich bleiben. Man muss sagen, dass sich hier diese immer bezaubernd wirkende Königin namens Flöte nur so durch den Raum schlängelt und dabei an jene von Yusef Lateef erinnert, aber auch an den Jazz eines bestimmtes Zeitalters unseres irdischen Daseins, der nur von Sternen träumte und viele davon ergatterte. Melanie De Biasio, die sich auch gerne auf Pink Floyd beruft (was bei dem abgehobenen Instrumental With Love besonders auffällig ist), lädt uns ein, sich der Schwerelosigkeit und der Träumerei hinzugeben, die sich plötzlich so mir nichts dir nichts einstellt, und zwar wenn man es am wenigsten von dieser Belgierin erwartet, die uns immer wieder von Neuem überraschen wird…


Will man sich mit der Einspielung vertraut machen, die Melanie De Biasio im Mai 2016 veröffentlichte, so hört man sich am besten an, was sie mit ihren eigenen Worten dazu sagt. „Es könnte überraschen, dass ein Musikstück 25 Minuten lang dauert, ohne zugleich der Nachfolger von No Deal zu sein, oder nur eine Reihe neuer Songs. Ich habe gemacht, was die Musik mir empfohlen hat, es war wie eine Aufforderung aus dem Innersten heraus. Wie sich dann herausstellte, war dies eine Verlinkung zu den postindustriellen Städten, diesen Orten, an denen jetzt wieder unerwartet Hoffnung zum Ausdruck kommt. Manchester, Detroit, Bilbao oder Charleroi, die Stadt, in der ich meine ersten achtzehn Jahre verbracht habe.“ Der Rahmen ist also abgesteckt, nun brauchen wir uns nur noch von diesem fünfundzwanzigminütigen, aus lauter Klängen hergestellten Film vereinnahmen zu lassen, der ein weiteres Mal die Originalität der unkonventionellen Melanie De Biasio zur Geltung bringt. Ist es Jazz, Elektro, Pop? Das spielt keine Rolle… Dieses ehrgeizige Projekt ist vor allem faszinierend. Man folgt also dieser schlichten Stimme innerhalb einer ebenso schlichten Komposition. Die Sängerin und ihre Musiker jonglieren mit der Stille und mehr noch mit dem Raum. Zwischen erholsamen Sequenzen, in denen der Rhythmus das Sagen hat, und donnernden Gebirgsbächen erzählt Blackened Cities auf eine ganz atypische Art und Weise Geschichten. Wie eine sich unendlich lange heranpirschende, hohe Welle, auf der Melanie De Biasios Stimme sich abwechselnd entspannt, wieder strafft, in sich kehrt, und somit eine weitreichende Palette allerlei Formen bietet. Wirklich faszinierend.

Diskografie

12 Album, -en • Geordnet nach Bestseller

Meine Favoriten

Dieses Element wurde <span>Ihren Favoriten hinzugefügt. / aus Ihren Favoriten entfernt.</span>

Veröffentlichungen sortieren und filtern