Wenn die aufstrebende Londoner Jazzszene den 50. Geburtstag von Miles Davis’ “Bitches Brew” feiert...

1969 zog sich Miles Davis mit Wayne Shorter, Dave Holland, Chick Corea, Jack DeJohnette, Joe Zawinul, John McLaughlin, Larry Young, Lenny White, Don Alias, Juma Santos und Bennie Maupin für eine einfache Jamsession, basierend auf einfachen Motiven, zurück. Nach Tagen, in denen er mit seinem Produzenten Teo Macero an den Bändern mit Loops, Effekten und Collagen hantierte, kam der Trompeter mit einem Doppelalbum heraus, das zur Legende werden sollte: Bitches Brew.

Dieses im April 1970 veröffentlichte Meisterwerk, eine Art Grundstein des Fusion-Jazz, wollten die Musiker:innen der heutigen Londoner Jazzszene im Jahr 2020 mit einem Jubiläumskonzert feiern, doch die Corona-Pandemie zwang sie dazu, dass die Veranstaltung nicht stattfinden konnte. Ihr aus Schweden stammender Produzent Martin Terefe ließ sich nicht beirren und brachte die britische Seite der Besetzung zusammen, um die Feierlichkeiten zumindest aufzunehmen. Dieses Spektakel wurde schließlich unter dem Namen London Brew veröffentlicht. Terefe, der von Dave Okumu von The Invisible und DJ Benji B unterstützt wird, dokumentiert diesen lebhaften, glühenden Austausch zwischen Nubya Garcia, Shabaka Hutchings, Theon Cross, Tom Skinner, Raven Bush, Tom Herbert, Nikolaj Torp Larsen, Nick Ramm und Dan See.


London Brew - © Nathan Weber
London Brew - © Nathan Weber

Von der ersten bis zur letzten Sekunde von London Brew wird nicht Miles Davis’ Bitches Brew gewissenhaft überarbeitet, sondern die Musik steht in seinem Geist: keine Coverversion im engeren Sinne, sondern die Philosophie der Platte aus dem Jahr 1970. Shabaka Hutchings erklärt: “Für mich ist Bitches Brew eine Gruppe von Musikern, die Musik aus Liebe zur Musik, als soziale Kraft und als soziales Konstrukt machen. Sie schaffen etwas, das Einheit und Bewegung ausdrückt. Das ist es, was es bedeutet, am Leben zu sein ... Sie haben die Einheit, Sie haben die Bewegung und Sie haben die Schwingung. Es gibt nichts Lebendigeres als das. Das ist Bitches Brew!”

Auch sein Kollege Theon Cross, Tubist in der Band Sons Of Kemet, ist auf derselben Wellenlänge: “Die Möglichkeit, am Ende eines von der Pandemie geprägten Jahres mit so vielen Musiker:innen mit einem so offenen und freien Ansatz zu spielen, war eine unglaublich kraftvolle und bewegende Erfahrung.” An Erfahrung fehlt es London Brew jedenfalls nicht. Wie bei Miles Runs the Voodoo Down, auf dem Jimi Hendrix gehuldigt wird und das hier zu Miles Chases New Voodoo in the Church wird, erleben wir einem furiosen Ausbruch, der von Nubya Garcias Saxophon getragen wird. “Ich war immer sehr inspiriert von den kreativen Köpfen von Miles und Jimi... Beide waren Innovatoren, die ihren eigenen Weg gingen, etwas, das ich in meiner eigenen Karriere anstrebe. Seit einiger Zeit experimentiere ich und verwende Pedale und Effekte mit meinem Instrument, so dass die Möglichkeit, dies bei diesem Song tun zu können und gleichzeitig ihr Vermächtnis zu würdigen, auf allen Ebenen ein Glück ist, sowohl kreativ als auch persönlich.”

London Brew...

oder Bitches Brew ?