Das Flaggschiff der Diskografie von Pink Floyd, « The Dark Side of the Moon », ist das Ergebnis eines relativ langen Arbeitsprozesses, der beinahe bis 1968 zurückreicht. Für Nick Mason hat alles mit dem Album « A Saucerful of Secrets » begonnen. Danach folgte die Platte « Ummagumma », auf der die verschiedenen Persönlichkeiten sich ausdrücken und zusammenschließen konnten. Pink Floyd setzten ihre Suche nach dem idealen Album anschließend mit « Meddle » (mit dem die Band abermals unter Beweis stellte, wie sehr sie die Arbeit im Studios meistert) und « Atom Heart Mother » fort, bevor sie mit « The Dark Side of the Moon » ein Nirwana erreichen, dessen Perfektion nicht verblasst ist.​

November 1971: Meddle ist gerade erst erschienen, als Pink Floyd bereits an das nächste Album denken. Die Idee ist, sich dem Format eines Konzertes, das durch eine Pause in zwei Hälften geteilt wird, anzupassen: Es gilt, neues Material für den ersten Teil zu sammeln und für den zweiten Teil auf das bereits bestehende Repertoire zurückzugreifen. Ende 1971 vereint sich die Band in der Küche von Nick Mason, um den üblichen Arbeitsprozess einzuläuten: Auf die Phase der Komposition folgt die Zeit der Proben und anschließend das Performen auf der Bühne, bevor das Projekt endlich im Studio fertiggestellt wird.

Nachdem die Idee eines Konzeptalbums einmal gefasst wurde, beginnt die Geschichte von Dark Side of the Moon in einem Proberaum der Rolling Stones in Bermondsey, im Süden Londons. Die Engländer spinnen die Idee des Recyclings weiter und entwickeln eine Musik, die zum einen aus neuen Klängen, die von dem einen oder anderen mitgebracht werden (wie Money), zum anderen aus Bruchstücken, die bei früheren Arbeiten im Studio entstanden sind (wie Brain Damage, das beim Aufnahmeprozess entstandene Sequenzen zu Meddle verarbeitete), aus unfertigen Songs, Gedankenresten oder auch vollkommen umgestalteten Musiktiteln (The Violent Sequence oder The Riot Scene wurden 1969 auf der Bühne und in Aufnahmesessions für den Film Zabriskie Point von Antonioni gespielt) besteht.

Sobald das Wesentliche auf eine mehr oder weniger kohärente Art und Weise zusammengebaut ist, findet das erste Konzert dessen, was damals Dark Side of the Moon, A Piece for Assorted Lunatics genannt wird, nach drei Probetagen schließlich im Rainbow Theatre in London am 20. Januar 1972 im Brighton Dome statt. Leider läuft nicht alles wie geplant. So verderben einige Zwischenfälle mit bereits bespielten Aufnahmebändern die Premiere. Die Musiker müssen ihre Performance sogar während der Darbietung von Money unterbrechen und stattdessen Atom Heart Mother spielen. Erst am Folgetag in der Plymouth Guildhal, kommt das Publikum in den Genuss, dieses neue Konzept in seiner Ganzheit zu hören. Trotzdem ist das britische Musikmagazin NME von dieser Premiere begeistert und schreibt, dass « Pink Floyd den ersten Teil der Tour mit einem neuen Set eröffnet haben, das provisorischerweise als ‘The Dark Side of the Moon’ betitelt war, und von ihren innovativen Songschreiber-Qualitäten zeugt ». Trotz der rund Dutzend Konzerte, die auf diese Premiere folgen, sollte der 17. Februar in London als offizielle Geburtsstunde in die Geschichtsbücher eingehen. Seit diesem ersten Entwurf hat Dark Side praktisch - in Bezug auf die Anordnung der Stücke - seine endgültige Form gefunden, auch wenn zwei Stücke sich radikal von ihrer Endversion unterscheiden (Travel Sequence wird zu On the Run und Mortality Sequence wird sich allmählich in The Great Gig in the Sky verwandeln). Das letzte Stück (Eclipse) muss einige Wochen warten, bevor es das Projekt schließlich abrundet.

Für einige Verwirrung sorgt der Titel der Konzerte: Einige Kommentatoren behaupten, dass der wahre Titel Eclipse, A Piece for Assorted Lunatics ist, andere, dass die erste Namensgebung sehr wohl Dark Side of the Moon (anscheinend ohne das anfängliche « The ») lautet. Diese Verwirrung hat eine logische und weniger musikalische Erklärung: Während Pink Floyd ihre Show auf der Bühne präsentieren, veröffentlicht die britische Band Medicine Head ihr drittes Album mit dem Titel Dark Side of the Moon. Die Band von Roger Waters betitelt ihr Projekt fortan Eclipse, A Piece for Assorted Lunatics. Da das Album von Medicine Head jedoch floppt, entscheiden Pink Floyd sich dazu, den ursprünglichen Titel wieder aufzunehmen. Dieser Titel scheint zwischen 1972 und 1973 in der Luft zu liegen, da neben Medicine Head auch die Südafrikaner von Hawk einen ihrer Songs aus dem Album Africa, She Too Can Cry aus dem Jahr 1972 mit Dark Side of the Moon betiteln.

The Dark Side of the Moon, ein konzeptuelles Album, dessen literarische Entwicklung sich über die gesamte Platte erstreckt, übernimmt erneut das Prinzip, das bereits 1969 das konzeptionelle Konzert The Man & The Journey leitete, dessen erste Hälfte von den Aktivitäten eines Mannes an einem Tag berichtete. Es ist mehr oder weniger dieselbe Idee, die die A-Seite von Dark Side prägt: aus der Geschichte eines Tages wird die Geschichte der Existenz von der Geburt (Breathe) bis zum Tod (The Great Gig in the Sky). Die B-Seite handelt hingegen von den Beziehungen der Menschen in der Gesellschaft - ihrer Beziehung zu Geld (Money) oder ihren Beziehungen untereinander (Us and Them). Dieses Konzept ermöglicht es Pink Floyd, die langen atmosphärischen Entwicklungen auf der Bühne aufzugeben, ohne die Show auf eine einfache Ansammlung von Songs zu beschränken, die ohne Logik verkettet sind.

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