Im Herbst des Jahres 1969 setzen sich vier junge Leute aus Birmingham in einem kleinen Londoner Studio zusammen, weil sie darin eine letzte Chance sehen, um mit Musik Karriere zu machen. 24 Stunden haben sie Zeit für die Einspielung, mit der sie dann ihrem Schicksal eine neue Wende geben. Am Ende gehen sie mit „Black Sabbath“ in der Tasche nach Hause. Das ist das Debütalbum der gleichnamigen Band mit dem Leader Ozzy Osbourne und dem Gitarristen Tony Iommi, der eine ganze Generation zum Heavy Metal bekehren sollte. Ein Rückblick auf diese Soundrevolution.

Im Jahre 1968 breitet sich die aus Liverpool stammende Beatmusik auch in Birmingham aus und es beginnt in dieser Stadt nur so von Blues-, Folk- und Psychedelic Rockgruppen, darunter zukünftige große Namen wie The Spencer Davis GroupThe Moody Blues oder Traffic zu wimmeln. The White Album, das Studioalbum der Beatles, ist so gut wie fertig, Jimi Hendrix feilt ein letztes Mal an Electric Ladyland und vor allem hat Iron Butterfly, die Gruppe aus San Diego, gerade das 17-minütige In-A-Gadda-Da-Vida auf den Markt gebracht, das der in Black Sabbath verkörperten Soundrevolution und dem „Hard Rock“ das Tor in die Charts öffnet. „Liverpool hatte diesen riesengroßen Markt geschaffen und infolgedessen konnten die meisten Großstädte, Birmingham, London, Newcastle oder Manchester, einen unheimlichen Zuwachs an Gruppen verzeichnen“, erinnert sich Bill Ward, der Schlagzeuger von Black Sabbath. „Neue Clubs wurden eröffnet, alle beteiligten sich daran, das hatte etwas Revolutionäres an sich, alle stürmten los und wollten vor allem eins: anders als alle anderen klingen.“

Dieses Merkmal hat mit einem Unfall des jungen Tony Iommi in einer Stahlfabrik der Stadt zu tun, bei dem er an Mittel- und Ringfinger der rechten Hand zwei Fingerkuppen verliert, wo er doch erst vor zwei, drei Jahren mit dem Gitarrenspiel angefangen hatte. Die Ärzte geben ihm zu verstehen, dass er nie wieder auf diesem Instrument würde spielen können, was Tony in größte Verzweiflung stürzt, bis dass ihm ein Freund eine Platte von Django Reinhardt zusteckt, auf der dieser mit seinen drei Fingern spielt. Iommi fasst erneut Vertrauen und bastelt selbst zwei einfache Prothesen aus Eisen und Plastik, die er im Krankenhaus anpassen lässt. Auf der Gitarre ändert er seine Spielweise so, dass er nur mehr „Powerchords“ greift, um einfachere, jedoch weitaus kräftiger klingende Akkorde zu spielen.

Iommi war ein Schulkamerad von John Michael Osbourne gewesen, dem eingefleischten Sänger der in Vergessenheit geratenen Gruppe Rare Breed, die sich 1968 auflöste. Der Sänger „Ozzie“, wie er mit Spitznamen heißt, hat nicht vor, seinen Siegeszug zu unterbrechen. Daher holt er sich den Bassisten Terence „Geezer“ Butler an Bord. Iommi dagegen schlendert zwischen verschiedenen Formationen hin und her, insbesondere in der Gruppe Mythology, wo er auf den Schlagzeuger Bill Ward trifft, mit dem er schon von 1966 an bis Ende des Jahres 1967 in The Rest gespielt hatte. Dieses neue Abenteuer mit Ward ist aber von kurzer Dauer, da die Polizei bei einer Razzia Cannabis aufstöbert und sie als Haschsüchtige abstempelt, was die Programmgestalter der Konzertsäle verschreckt.

Im Juli 1968 hat kein einziger unserer Helden eine Gruppe. Tony und Ozzie gründen dann The Polka Tulk Blues Company, als Bill Ward und Geezer Butler sich ihnen anschließen. Zu ihnen gesellen sich ein begeisterter Slide-Gitarrist, Jimmy Phillips, und der Saxofonist Alan Clarke, die jedoch ein paar Monate später wieder verabschiedet werden. Die Gruppe heißt erst Polka Tulk, dann Earth, spielt einen dynamischen, beinahe hypnotisierenden Heavy Blues und übt mehrmals täglich in Henry’s Blueshouse, einem Rock-Pub der Stadt, dessen Geschäftsführer Jim Simpson später ihr erster Manager werden sollte. Diese Erfahrung wissen sie zu nutzen, sie lernen zu improvisieren und mit den wenigen, ihnen zur Verfügung stehenden Stücken bieten sie Versionen im Extended-Format an. Und dann klopft das Schicksal an die Tür. „In derselben Straße, gleich gegenüber unseres Lokals, wo wir probten, gab es ein Kino, in dem vor allem Horrorfilme liefen, erzählt Ozzy Osbourne. „Wir fanden es seltsam, dass so viele Leute Geld ausgaben, um sich Angst einzujagen. Da aber niemand zu uns kam, beschlossen wir, eher schaurige Musik zu spielen. Und so hat es dann angefangen.“

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